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Politische Psychiatrie
Politische Psychiatrie (p. P.) ist ein umfassender Begriff der Psychiatrie, der die Verflechtung des psychiatrischen Fachgebiets innerhalb gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse zum Gegenstand hat. Im Gegensatz zur Politischen Psychologie betont p.P. weniger die allgemeinen psychologischen Mechanismen gesellschaftlicher Einflußnahmen als vielmehr die Rolle des einzelnen Kranken innerhalb der Gesellschaft. Dies bewirkt eine veränderte Sichtweise psychischer Erkrankungen in Abhängigkeit von der durch ein politisches System bestimmten Haltung gegenüber gemeinhin als psychisch krank angesehenen Betroffenen, die z. T. auch mit irrationalen gesellschaftlichen Stigmata behaftet sind. Diese veränderte Sichtweise bezieht auch die Reaktion dieser Betroffenen als relevante politische Gruppierung mit ein, so z. B. in Form von politisch organisierten Betroffenenverbänden, Selbsthilfegruppen etc.
Beispiele politischer Psychiatrie
- Übernahme von Selbstverantwortung z. B. innerhalb von Betroffenen- und Selbsthilfeverbänden gegen zunehmende Selbstentmündigung durch wachsende Vermarktung von Psychopharmaka und wachsende Medikalisierung[1] [2] [3]
- Organisierte Einflußnahme auf die Arbeitsplatzpolitik z.B. durch gewerkschaftliche Aktivität, die den Belangen psychisch Betroffener gerecht werden. Analyse des Zusammenhangs von Arbeitsplatzpolitik und Häufigkeit psychischer Krankheit z.B. durch Verschärfung der Auswahlkriterien; Rolle des Arbeitsplatzes im Hinblick auf den Erhalt seelischer Gesundheit und hoher gesellschaftlicher Kostenfaktor der Arbeitslosigkeit[4]
- Sensibilität für die psychiatrische Rechtspflege und Aufdeckung diskriminierender fallbezogener Urteile in der Öffentlichkeit (psychiatrische Forensik)[5]
- Veränderung der psychiatrischen Krankenversorgung mit Angeboten zur Schaffung gemeindenaher, d. h. wohnort- und arbeitsplatznaher Beratungsdienste oder teilstationärer Maßnahmen, wie Tages- und Nachkliniken, die hohe Kosten im Gesundheitswesen umgehen durch Einsparung von Krankenhauseinweisung[4]
- Humanisierung und Demokratisierung existierender psychiatrischen Einrichtungen, vor allem psychiatrischer Großkrankenhäuser[4]
Facetten einer Politischen Psychiatrie
Politische Psychiatrie umfasst nicht nur allgemein die Aufgaben der
- Sozialpsychiatrie, sondern speziell auch die der
- vergleichenden und internationalen Psychiatrie. – Die p. P. lässt sich aus unterschiedlichen Perspektiven verstehen. Meist wird darunter die
- administrative Psychiatrie verstanden, welche die Organisationstätigkeit leitender Psychiater an großen psychiatrischen Einrichtungen umfasst.[6] Oft wird darunter aber auch die
- kollektive psychologische Einflussnahme auf den einzelnen Kranken verstanden. Im Hinblick auf die Brennpunkte einer facettenreichen Psychiatrie bezieht sich das Selbstverständnis der p. P. oft auch – in kritischer Hinsicht – auf die nicht immer widerspruchsfreie, häufig missbräuchliche Arbeitsweise und Haltung des staatlichen psychiatrischen Gesundheitssystems, verantwortlicher politischer Organe und Organisationen von Berufsgruppen innerhalb dieses Gesundheitssystems wie z. B. Ärztekammern, Kassenärztlicher Vereinigung etc.[7] Entsprechend der Begriffsbildung für Politische Psychologie liegt eine vergleichbare Definition für Politische Psychiatrie nahe, in welcher der Wert des Einzelnen im Vordergrund steht und die Frage nach den Fortschritten der psychiatrischen Heilkunde für die betroffenen Kranken gestellt wird. Solche Fragen folgen dem Prinzip der
- Wissenschaftssoziologie.[8] – Manchmal wird ganz allgemein jede
- Interaktion zwischen Psychiatrie und Politik als Politische Psychiatrie bezeichnet. [9] –
- Politisch motivierter Missbrauch der Psychiatrie und ihrer Einrichtungen wurde häufig von anthropologisch ausgerichteten Psychiatern oder internationalen Organisationen angeprangert.[10] Eine besondere Schwierigkeit stellt jedoch die Anwendung solch kritischer Haltungen und Maximen im eigenen Land dar. Diese Missbrauchsvorwürfe beziehen sich meist auf Einschränkungen unveräußerlicher Persönlichkeitsrechte und Rechte auf Gleichbehandlung. Ein solches Prinzip ist auch die Sicherstellung der körperlichen und geistigen Unversehrtheit aller Menschen, wie es u. a. die Organisation Amnesty international vertritt. Es erscheint wichtig, dass solche Ziele global und nicht in rechtfertigender Absicht von einem ethnozentrischen oder kulturalistischen Standpunkt aus vertreten werden. Die Missbrauchsthematik grenzt Politische Psychologie und Politische Psychiatrie voneinander ab. Insofern von den Prinzipien einer verstehenden Psychiatrie für die subjektiven lebensgeschichtlichen Voraussetzungen kranker Menschen ausgegangen wird, wird häufig auch von
- Antipsychiatrie gesprochen. Hiermit wird die Abkehr von einem traditionellen custodialen System der Psychiatrie betont, das in erster Linie auf die Sicherung der Belange der Allgemeinheit und der sozialen Kontrolle bedacht ist. Die Vermittlerrolle zwischen den Interessen der Gesellschaft und den begründeteten Interessen betroffener Individuen wird bei diesem neuen psychiatrischen Ansatz betont. Begründet wurde dieser von Thomas Szasz (1920-), Erving M. Goffman (1922-1982), Michel Foucault (1926-1984), Franco Basaglia (1924-1980), Ronald D. Laing (1927-1989) und David G. Cooper (1931-1986).[11] Für einen politischen Ansatz in der Psychiatrie sprach sich auch der der französische Psychiater Frantz Fanon (1925-1961) aus.[12]
Formen der Einflussnahmen
Politische Psychiatrie |
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Diese vielfältigen Verflechtungen und Überschneidungen können übersichtshalber anhand von Abb. 1 näher veranschaulicht werden. Es sind hier zwei verschiedene Funktionskreise einander gegenübergestellt. Damit sollen einige Bestimmungsrichtungen verschiedener Einflüsse und deren Rückkopplungen aufgezeigt werden.[7] Die gesellschaftliche Verantwortung psychiatrischer Institutionen als Mediator kann nicht ohne das Spannungsfeld zwischen den großen menschlichen Hoffnungen und deren gesellschaftlicher Realisierung beschrieben werden.[9] Dies ist bekanntlich Aufgabe der Wissenschaftssoziologie bzw. einer kritischen Psychiatrie (Schleife der aufsteigenden Pfeile). Psychiatrie darf sich nicht mit der Rolle einer nur angewandten Wissenschaft begnügen (Schleife der absteigenden Pfeile).[13] Forderungen nach einer kritischen Psychiatrie werden nicht nur von ethnologisch, politisch oder weltanschaulich ausgerichteten Lagern erhoben. Da es bekannt ist, dass viele Psychiater in staatlichen Krankenhausinstitutionen arbeiten und darüber hinaus das staatlich regulierte Gesundheitssystem auch über die gesetzliche Krankenversicherung und die Einrichtung von Krankenhausambulanzen den Stil der ambulanten psychiatrischen Konsultationen mitbestimmt, ist es nur als konsequent anzusehen, dass Phänomene, die z.B. als „institutionelle Abwehr“ beschrieben werden, zunehmender berufsspezifischer Beachtung bedürfen.[14] Diese Forderung deckt sich auch mit den Zielen der Medizinsoziologie, die gesellschaftliche Einflüsse auf das Krankheitsverständnis herausarbeitet. So sollen Voraussetzungen für ein einfühlendes ärztliches Handeln geschaffen werden. Hierbei ist der Patient nicht nur als „Objekt“, sondern als hilfesuchender Partner einer sozialen Beziehung anzusehen. Solche Forderungen sind nicht ohne die gezielte Selbstbeobachtung und Analyse von verhaltenssteuernden Werten und Einstellungen bei angehenden Ärzten zu verwirklichen. [15]
Übereinstimmung besteht insofern auch mit den Grundzügen der Politischen Psychologie. Sie unterscheidet Selbstdarstellung und Selbstdeutung der Politik und der offiziellen Organe des Gesundheitswesens durch den Versuch, das Wahlverhalten der Bürger positiv zu beeinflussen (Wählerpsychologie) von einer kritischen Einstellung der Individuen. Kritisch wird diese Einstellung dann, wenn erwähnte Darstellungstechniken der gesellschaftlichen Institutionen als tendenziöse und ideologisch ausgerichtete Simplifizierungen[16] oder als Ausdruck des Klassenkampfs[17] entlarvt werden. Diese Kenntnis des doppelten Gesichts der Psychiatrie (vgl. Abb. 2) erscheint als Voraussetzung für das Verständnis der Geschichte der Psychiatrie.[18] Kritische Psychiatrie beschränkt sich im Gegensatz zum gesamtgesellschaftlichen Bezug der Politischen Psychologie auf die Realität von Patienten. Beispielsweise kann die Wirksamkeit von institutionell als heilsam verbrämten Behandlungsmethoden in Frage gestellt werden.[19] oder gar die Persönlichkeit politischer Führer bzw. Funktionäre mit psychiatrischer Terminologie beschrieben werden.[20]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Weiss, Hans: Korrupte Medizin. Ärzte als Komplizen der Konzerne. Kiepenheuer & Witsch, Köln 12008, ISBN 978-3-462-04037-1
- ↑ Lütz, Manfred: Irre!. Wir behandeln die Falschen – Unser Problem sind die Normalen. Eine heitere Seelenkunde. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 12009, ISBN 978-3-579-06879-4 fernladbare Buchbesprechung mit dem Autor unter dem Datum vom 31.01.2010
- ↑ Erich Fromm und Rainer Funk: Die Pathologie der Normalität, 2005. ISBN 3-548-36778-X
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Wulff, Erich: Psychisches Leiden und Politik – Ansichten der Psychiatrie. Campus Frankfurt / M 1981; (1,0) zu Stw. Arbeitsplatzpolitik: Seite 115 ff.; (1,1) zu Stw. Ambulante psychiatrische Krankenversorgung: Seite (1,2) zu Stw. 45 ff.; Psychiatrische Großkrankenhäuser: Seite 39 ff.;
- ↑ Katzenmeier, Christian Arzthaftung. J.C.B. Mohr Siebeck, Tübingen 2002, ISBN 3-16-147681-6, Seiten 29, 276 f.
- ↑ Peters, Uwe Henrik: Wörterbuch der Psychiatrie und medizinischen Psychologie. Urban & Schwarzenberg, München 3. Auflage 1984, Seite 434
- ↑ 7,0 7,1 Wulff, Erich: Grundfragen der transkulturellen Psychiatrie. In: Psychiatrie und Klassengesellschaft. Athenäum Fischer Taschenbuchverlag, Sozialwissenschaften, Frankfurt / M, 1972, ISBN 3-8072-4005-5, Seiten 130 (b), 169 ff. (a) Anmerkung: Das unter (a) angesprochene Kapitel ›Probleme der Krankenversorgung und Klinik‹ und das ihm als erstes vorangestellte Unterkapitel ›Der Arzt und das Geld‹ zeigt bereits eine dem Thema eigene dialektische Widersprüchlichkeit. Jeder Arzt bekanntlich, der einen Patienten heilt, handelt in einem gewissen Sinne gegen seine eigenen wirtschaftlichen Interessen.
- ↑ Dörner, Klaus: Bürger und Irre, Zur Sozialgeschichte und Wissenschaftssoziologie der Psychiatrie. [1969] Fischer Taschenbuch, Bücher des Wissens, Frankfurt / M 1975, ISBN 3-436-02101-6
- ↑ 9,0 9,1 Freedman, A.M., H.I. Kaplan et al. (Hrsg.): Psychiatrie in Praxis und Klinik. 7 Bände; Georg Thieme Stuttgart 1991, Psychiatrische Probleme der Gegenwart I. Band 5, Begegnungen zwischen Psychiatrie und Politik, Seite 277 (Autor des Kap. ist Bertram S. Brown, Direktor des National Institute of Mental Health von 1970–1977)
- ↑ z. B. Deutsche Vereinigng gegen politischen Mißbrauch der Psychiatrie e. V., Amnesty international
- ↑ Shorter, Edward A historical Dictionary of Psychiatry. Oxford University Press, New York, 12005, ISBN 0-19-517668-5, Seite 22-26, insbesondere Seite 24; fernladbarer Text
- ↑ Jervis, Giovanni Kritisches Handbuch der Psychiatrie. Syndikat, Autoren- und Verlagsgesellschaft, Frankfurt © 1978 Fuldaer Verlagsanstalt,31980, ISBN 3-8108-0167-4 kart., Seite 100 ff.
- ↑ Devereux, Georges: Normal und anormal – Aufsätze zur allgemeinen Ethnopsychiatrie. Suhrkamp, Frankfurt 11974, ISBN 3-518-06390-1, Seite 19 f.
- ↑ Mentzos, Stavros: Neurotische Konfliktverarbeitung; Einführung in die psychoanalytische Neurosenlehre unter Berücksichtigung neuerer Perspektiven. © 1982 Kindler Verlag, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1992, ISBN 3-596-42239-6, Seiten 50, 256, 259, 265, Stw. institutionelle Abwehr
- ↑ Siegrist, Johannes: Lehrbuch der Medizinischen Soziologie. Urban & Schwarzenberg, München 3 1977, ISBN 3-541-06383-1, Seite 6, 15, 27, 30, 39, 147, 198, 224
- ↑ Horn, K.: Bemerkungen zur politischen Konsequenz des Psychologismus psychologischer Denkmodelle und Vorschläge zu dessen Überwindung. In: Wulf, Christoph (Hrsg.): Kritische Friedenserziehung. edition suhrkamp stw 661, Frankfurt / M. 1973, ISBN 3-518-00661-4, Sachgebiet Sozialwissenschaft
- ↑ Brückner, Peter und A. Krovoza: Staatsfeinde. Innerstaatliche Feinderklärung in der BRD. Berlin 1972.
- ↑ Jervis, Giovanni: Manuale critico di psiciatria. © Giangiacomo Feltrinelli Editore, Milano 1975. dt.: Kritisches Handbuch der Psychiatrie. Athenäum, Frankfurt / M 1988, ISBN 3-610-04604-X, Seite 46.
- ↑ Illich, Ivan: Die Enteignung der Gesundheit. Medical Nemesis oder: Die Medizin ist zu einer Hauptgefahr für die Gesundheit geworden. Rohwohlt-Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1975, ISBN 3-498-03202-X, Abhängigkeit von Medikamenten, Seite 41
- ↑ Fromm, Erich: Anatomie der menschlichen Destruktivität. dva, Stuttgart, 31977, ISBN 3-421-01686-0, Seiten 251 ff. (Josef Stalin), 271 ff. (Heinrich Himmler), 335 ff. (Adolf Hitler)
Init-Quelle
Entnommen aus der: Wikipedia (Löschdiskussion)
Erster Autor: Anaxo , Alle Autoren: Mesenchym, Kai-Hendrik, Anaxo, Chatter, PM3, Heinte, ComillaBot, Jaelle, Exil, Wilske, ³²P, Psychiatrie Anaxo/Politische Psychiatrie , Nyks