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Hans Pfitzner: Unterschied zwischen den Versionen

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1917 wurde im Münchner [[Prinzregententheater]] unter [[Bruno Walter]] die „Musikalische Legende“ [[Palestrina (Oper)|''Palestrina'']] uraufgeführt, die als Pfitzners bedeutendstes Werk gilt. Im Mittelpunkt des vielschichtigen Dramas steht das in die Renaissancezeit übertragene Spannungsverhältnis zwischen der Autonomie des Kunstwerks und Künstlers einerseits und den Forderungen der Gesellschaft andererseits. [[Giovanni Pierluigi da Palestrina]] soll eine Messe komponieren, um verfeindete Parteien des Klerus zu versöhnen. Da er ablehnt, muss er mit Verfolgung durch die [[Inquisition]]sbehörde rechnen und denkt über Selbstmord nach. In völliger Vereinsamung erlebt er eine plötzliche [[Inspiration]] und schreibt das Werk – nicht mehr wegen des Auftrags, sondern um seiner selbst willen.
1917 wurde im Münchner [[Prinzregententheater]] unter [[Bruno Walter]] die „Musikalische Legende“ [[Palestrina (Oper)|''Palestrina'']] uraufgeführt, die als Pfitzners bedeutendstes Werk gilt. Im Mittelpunkt des vielschichtigen Dramas steht das in die Renaissancezeit übertragene Spannungsverhältnis zwischen der Autonomie des Kunstwerks und Künstlers einerseits und den Forderungen der Gesellschaft andererseits. [[Giovanni Pierluigi da Palestrina]] soll eine Messe komponieren, um verfeindete Parteien des Klerus zu versöhnen. Da er ablehnt, muss er mit Verfolgung durch die [[Inquisition]]sbehörde rechnen und denkt über Selbstmord nach. In völliger Vereinsamung erlebt er eine plötzliche [[Inspiration]] und schreibt das Werk – nicht mehr wegen des Auftrags, sondern um seiner selbst willen.


1917 war Pfitzners Schrift ''Futuristengefahr'' erschienen, die sich gegen [[Ferruccio Busoni]]s ''Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst'' richtete. Einen abstrakten Fortschrittsbegriff in der Musik im Sinne, dass ein Werk je fortschrittlicher in den Mitteln desto höher zu bewerten sei, lehnte Pfitzner ab, und er wandte sich – wie auch [[Arnold Schönberg]] und [[Paul Hindemith]] in ihren Randbemerkungen zu Busoni – gegen Spekulationen darüber, wie zukünftige Musik zu komponieren sei. 1920 veröffentlichte er ''Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz: Ein Verwesungssymptom?''; darin griff er [[Paul Bekker]], den Schöpfer des Begriffs ''[[Neue Musik]]'', an und entfaltete im Gegenzug seine von [[Arthur Schopenhauer]] her gedachte Einfalls-Ästhetik (der geniale Einfall als Ausgangspunkt und Qualitätsmerkmal eines Werkes). Wie hier, so findet man wie häufig in Pfitzners theoretischen Arbeiten die sachlichen Aussagen und Gedanken zur Musik und dem eigenen künstlerischen Schaffen überlagert von einer oft antisemitischen Polemik. Ausdrücke wie „undeutsch“ oder „internationales Judentum“ tauchen hier gehäuft auf. In seiner letzten größeren Schrift ''Werk und Wiedergabe'' (1929) macht Pfitzner praktische Vorschläge für eine im Gegensatz zum [[Regietheater]]streng aus Text und Musik entwickelte Opernregie.
1917 war Pfitzners Schrift ''Futuristengefahr'' erschienen, die sich gegen [[Ferruccio Busoni]]s ''Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst'' richtete. Einen abstrakten Fortschrittsbegriff in der Musik im Sinne, dass ein Werk je fortschrittlicher in den Mitteln desto höher zu bewerten sei, lehnte Pfitzner ab, und er wandte sich – wie auch [[Arnold Schönberg]] und [[Paul Hindemith]] in ihren Randbemerkungen zu Busoni – gegen Spekulationen darüber, wie zukünftige Musik zu komponieren sei. 1920 veröffentlichte er ''Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz: Ein Verwesungssymptom?''; darin griff er [[Paul Bekker]], den Schöpfer des Begriffs ''[[Neue Musik]]'', an und entfaltete im Gegenzug seine von [[Arthur Schopenhauer]] her gedachte Einfalls-Ästhetik (der geniale Einfall als Ausgangspunkt und Qualitätsmerkmal eines Werkes). Wie hier, so findet man wie häufig in Pfitzners theoretischen Arbeiten die sachlichen Aussagen und Gedanken zur Musik und dem eigenen künstlerischen Schaffen überlagert von einer oft antisemitischen Polemik. Ausdrücke wie „undeutsch“ oder „internationales Judentum“ tauchen hier gehäuft auf. In seiner letzten größeren Schrift ''Werk und Wiedergabe'' (1929) macht Pfitzner praktische Vorschläge für eine im Gegensatz zum [[Regietheater]] streng aus Text und Musik entwickelte Opernregie.


== Werk und Rezeption ==
== Werk und Rezeption ==

Version vom 4. Oktober 2010, 04:25 Uhr

Hans Erich Pfitzner (* 5. Mai 1869 in Moskau; † 22. Mai 1949 in Salzburg) war ein deutscher Komponist und Dirigent. Sein schwer einzuordnendes Werk kann am ehesten noch als zwischen Spätromantik und Moderne stehend klassifiziert werden. [1] [2] [3]. Pfitzner steht wegen seiner konservativ-kulturkritischen Polemiken [4] und seiner, weitgehende Übereinstimmung mit der NS-Ideologie erkennen lassenden national-konservativen und antisemitischen verbalen Äußerungen in der Kritik.

Leben

Pfitzner war der Sohn eines am Leipziger Konservatorium ausgebildeten Orchester-Violinisten und Musikdirektors [5] und erhielt schon früh von seinem Vater Musikunterricht. Die Familie zog 1872 von Moskau nach Frankfurt am Main. Bereits mit elf Jahren komponierte er seine ersten Werke und 1884 entstanden die ersten überlieferten Lieder. Von 1886 bis 1890 studierte Pfitzner am Hoch’schen Konservatorium in Frankfurt Komposition bei Iwan Knorr und Klavier bei James Kwast. Er unterrichtete von 1892 bis 1893 am Koblenzer Konservatorium und wurde 1894 unbezahlter Hilfskapellmeister am Stadttheater in Mainz. [6]

Im Jahr 1895 kamen dort mit der Oper Der arme Heinrich und der Schauspielmusik zu Das Fest auf Solhaug von Henrik Ibsen die ersten größeren Werke Pfitzners zur Uraufführung. 1897 übersiedelte er nach Berlin um Lehrer am Stern’schen Konservatorium zu werden. Er heiratete 1898 in Canterbury, gegen den Willen ihres Vaters, die Tochter seines ehemaligen Klavierlehrers, Mimi Kwast. 1903 wurde Pfitzner zusätzlich erster Kapellmeister am Berliner Theater des Westens, sein erster Sohn Paul wurde geboren.

An der Wiener Hofoper wurde 1905 Pfitzners zweite Oper Die Rose vom Liebesgarten unter Gustav Mahler aufgeführt. Sein zweiter Sohn Peter wurde 1906 geboren und seine Tochter Agnes 1908. Von 1907 bis 1908 war er Dirigent des Kaim-Orchesters in München. 1908 Jahr zog die Familie nach Straßburg. Pfitzner leitete dort das Städtische Konservatorium und die Sinfoniekonzerte der Straßburger Philharmoniker. 1910 übernahm er zugleich die musikalische Leitung der Straßburger Oper, wo er auch als Regisseur wirkte. 1913 erfolgte seine Ernennung zum Professor.

1917 wurde im Münchner Prinzregententheater unter Bruno Walter die „Musikalische Legende“ Palestrina uraufgeführt, die als Pfitzners bedeutendstes Werk gilt. Im Mittelpunkt des vielschichtigen Dramas steht das in die Renaissancezeit übertragene Spannungsverhältnis zwischen der Autonomie des Kunstwerks und Künstlers einerseits und den Forderungen der Gesellschaft andererseits. Giovanni Pierluigi da Palestrina soll eine Messe komponieren, um verfeindete Parteien des Klerus zu versöhnen. Da er ablehnt, muss er mit Verfolgung durch die Inquisitionsbehörde rechnen und denkt über Selbstmord nach. In völliger Vereinsamung erlebt er eine plötzliche Inspiration und schreibt das Werk – nicht mehr wegen des Auftrags, sondern um seiner selbst willen.

1917 war Pfitzners Schrift Futuristengefahr erschienen, die sich gegen Ferruccio Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst richtete. Einen abstrakten Fortschrittsbegriff in der Musik im Sinne, dass ein Werk je fortschrittlicher in den Mitteln desto höher zu bewerten sei, lehnte Pfitzner ab, und er wandte sich – wie auch Arnold Schönberg und Paul Hindemith in ihren Randbemerkungen zu Busoni – gegen Spekulationen darüber, wie zukünftige Musik zu komponieren sei. 1920 veröffentlichte er Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz: Ein Verwesungssymptom?; darin griff er Paul Bekker, den Schöpfer des Begriffs Neue Musik, an und entfaltete im Gegenzug seine von Arthur Schopenhauer her gedachte Einfalls-Ästhetik (der geniale Einfall als Ausgangspunkt und Qualitätsmerkmal eines Werkes). Wie hier, so findet man wie häufig in Pfitzners theoretischen Arbeiten die sachlichen Aussagen und Gedanken zur Musik und dem eigenen künstlerischen Schaffen überlagert von einer oft antisemitischen Polemik. Ausdrücke wie „undeutsch“ oder „internationales Judentum“ tauchen hier gehäuft auf. In seiner letzten größeren Schrift Werk und Wiedergabe (1929) macht Pfitzner praktische Vorschläge für eine im Gegensatz zum Regietheater streng aus Text und Musik entwickelte Opernregie.

Werk und Rezeption

Pfitzners Werk vereint romantische und spätromantische Elemente mit ausgedehnter thematischer Arbeit, stimmungsstraker Musikdramatik und kammermusikalischer Intimität. Sie stellt einen eigenartigen Ausläufer der klassisch-romantischen Tradition dar, deren konservative Musikästhetik [7] und Allgemeingültigkeit Pfitzner auch in seinen Schriften gegen zeitgenössische Richtungen vehement verteidigte. [8] Die Werke des inspirationsgläubigen Komponisten zeigen große kompositorische Qualitäten und stehen mit manchen grüblerischen Sperrigkeiten einer modernen Tonsprache vielleicht sogar noch näher als von ihrem Schöpfer, nach seinen musikästhetischen Äußerungen zu urteilen, beabsichtigt. [9] Arthur Honegger schreibt z.B. 1955 trotz mancher Kritik an einem allzu polyphonen und bewegten Orchestersatz und teilweise überlangen Proportionen in seinem Aufsatz über Pfitzners Palestrina:

"Musikalisch ist das Werk mit einer Überlegenheit gestaltet, die Respekt erscheischt. [...] Die Leitmotive sind klar geformt und ermöglichen es, ihnen leicht zu folgen, ..." [10]

Pfitzners Werk wurde von zeitgenössischen Kollegen wie Gustav Mahler und Richard Strauss hoch eingeschätzt. So wurde Pfitzners zweites Streichquartett von 1902/1903 von Mahler ausdrücklich als Meisterwerk gelobt. [11] Thomas Mann würdigte die Oper in einem kurzen, im Oktober 1917 erschienenen Essay Palestrina, den er später erweiterte und in seine Betrachtungen eines Unpolitischen aufnahm. Er gründete gemeinsam mit anderen Künstlern 1918 den Hans-Pfitzner-Verein für deutsche Tonkunst. Pfitzner galt im Jahrzehnt nach der Uraufführung seiner Oper Palestrina im Jahr 1917 als der führende Vertreter eines betont deutschen und entschieden antimodernistischen Musikbegriffs. So konstatierte sogar der zwei Jahre zuvor von Pfitzner in seiner Schrift Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz: Ein Verwesungssymptom? scharf angegriffene Paul Bekker 1922 einen deutlichen Anstieg der künstlerischen Geltung Pfitzners bei einem gleichzeitigen Abstieg der bisherigen Galionsfigur der deutschen Musik, Richard Strauss. [12]

Ab Mitte der 1920er Jahre geriet Pfitzners Werk zunehmend in den Schatten des Wirkens von Richard Strauss. Seine Oper Das Herz von 1932 war wenig erfolgreich. Im Musikleben des Dritten Reiches blieb er eine von den Medien kaum beachtete Randfigur dessen Werke noch seltener als in der Spätphase der Weimarer Republik aufgeführt wurden. [13] Der Pfitzner-Biograph Walter Abendroth schrieb trotzdem im Jahr 1935 enthusiastisch über dessen Palestrina:

Es läßt sich nicht nur behaupten, sondern auch beweisen, daß Pfitzners `Palestrina` als Dichtung an Größe der Empfindung, Genialität der Gestaltung, Schönheit der Sprache und Tiefe der Gedanken bei weitem alles überragt, was jemals als `Operntext`geschrieben worden ist." [14]

Der mit Pfitzner auch nach 1945 weiterhin befreundete jüdische Dirigent Bruno Walter führte den Palestrina im amerikanischen Exil in New York erneut auf und schrieb 1947:

Ich persönlich zähle die Aufführung des Palestrina, nach meiner Meinung eines der gewaltigsten musikalischen Bühnenwerke unserer Zeit, zu den großen Ereignissen meines Lebens. [15]

Heutzutage ist Pfitzner ein vor allem außerhalb des deutschsprachigen Raums weithin vergessener und vernachlässigter Komponist. Der Pflege seines Werkes widmet sich die Hans Pfitzner-Gesellschaft e. V. [16]

Hans Heinz Stuckenschmidt sieht Pfitzners Werk im Jahr 1969 als von starker Ambivalenz geprägt, anfänglich von scharfen Dissonanzen und hartem linearen Kontrapunkt bestimmt und deswegen auch als modernistisch kritisiert, später aber eher konservativer Musikästhetik folgend und gegen jeglichen modernen Konformismus rebellierend. [17] Der Komponist Wolfgang Rihm erklärt die geringe heutige Popularität von Pfitzners Werk im Jahr 1981 folgendermaßen:

Pfitzner ist zu progressiv, um einfach wie Korngold eingeschlürft werden zu können, und er ist zu konservativ, um etwa wie Schönberg die Musik hörbar folgenreich beeinflußt zu haben. Wir finden nicht auf den ersten Blick das gebrochen Heutige in seinem Werk, aber auch nicht das ungebrochen Gestrige. Wir finden beides – also keines, und dies läßt Einordnungsversuche stocken. [18]

Politische Einstellung und Kritik

Dass Pfitzner auch über fünfzig Jahre nach seinem Tod umstritten ist, liegt weniger an seiner spätromantischen Musik, die sich gegen zeitgenössische Einflüsse verschloss, und seiner in mehreren Schriften geäußerten anti-modernistischen Haltung, sondern an seiner Neigung zum Misanthropen und vor allem wegen seiner politischen Äußerungen. Hans Pfitzner verstand sich selbst als deutschnational. Kritiker sehen in ihm einen Nationalisten und Antisemiten und kritisieren seine Äußerungen in der Zeit des Nationalsozialismus. Das Verhalten Pfitzners in der Zeit des Nationalsozialismus wird von der Forschung sehr kontrovers diskutiert. [19] Sinje Ewert schreibt dazu:

Die Rolle des Komponisten Hans Pfitzner wird von der Forschung nicht einheitlich beurteilt. Während etwas Rudolf Vaget den Komponisten in zum Teil polemischer Weise als rassistischen Antisemiten und Komplizen des Holocaust darstellt, zeichnet Jens Malte Fischer das ambivalente Bild eines paranoiden, verbitterten Nationalisten, und Johann Peter Vogel scheint in seiner Rezension zu Sabine Buschs Pfitzner-Biographie gar zur Ehrenrettung des Komponisten antreten zu wollen." [20]

Die mit Pfitzner persönlich befreundete Alma Mahler-Werfel beschreibt in ihrer Autobiografie dessen nationalistische Einstellung, seine Empörung über die Bedingungen des Versailler Vertrags und seine Begeisterung für Hitler, den er 1925 im Krankenhaus besuchte, [21] bereits im Jahr 1928. [22] Pfitzner äußerte sich schon lange vor 1933 öfters klar und offen antisemitisch. Dabei vertrat er allerdings eine eher "theoretische Form des Antisemitismus", [23], der obwohl nicht "rassisch-biologisch sich weltanschaulich mit dem des Nationalsozialismus deckte", [24] aber zwischen der einzelnen Person und ihrer Ethnie bzw. Religion unterschied. So beschrieb er 1920 seine Haltung gegen einen vorgeblichen "die deutsche Kultur unterminierenden international-jüdischen Einfluss" in Zusammenhang mit seiner Polemik gegen Paul Bekker folgendermaßen:

In der Kunst erleben wir, daß ein deutscher Mann aus dem Volke, von so scharfem Verstande und reichem Wissen, wie Herr Bekker (...) die international-jüdische Bewegung in der Kunst leitet. Ich sage: international-jüdisch, meine also nicht die Juden als Individuen. Es ist ein Unterschied zwischen Jude und Judentum. Der Grenzstrich der Scheidung in Deutschland geht nicht zwischen Jude und Nichtjude, sondern zwischen deutsch-national empfindend und international empfindend. [25]

Privat war er vor, während und nach der NS-Zeit mit einigen jüdischen Musikern wie z.B. Bruno Walter, Gustav Mahler, Otto Klemperer oder dem jüdischen Schriftsteller und Verleger Paul Nikolaus Cossmann befreundet, arbeitete mit ihnen teilweise zusammen und distanzierte sich auch nach 1933 weder privat noch öffentlich von ihnen. In einigen Fällen - wie z.B. der Inhaftierung Cossmanns im Jahr 1933, nach der Pfitzner bei Hindenburg sich für dessen Freilassung einsetzte - [26] [27] engagierte sich Pfitzner persönlich für mit ihm befreundete und vom Regime verfolgte Juden. [28]

Im April 1933 trat Hans Pfitzner als einer der Initiatoren des „Protests der Richard-Wagner-Stadt München“ gegen Thomas Mann auf, nachdem dieser in seinem Vortrag und Essay Leiden und Größe Richard Wagners ein ungewöhnlich differenziertes und unpathetisches Bild des Komponisten gezeichnet hatte. Nach dem Tod Hindenburgs gehörte Pfitzner 1934 zu den Unterzeichnern des Aufrufs der Kulturschaffenden zur „Volksabstimmung“ über die Vereinigung des Reichspräsidenten- und Reichskanzleramts.[29] Pfitzner trat nie der NSDAP bei, [30] und hatte im Dritten Reich keine Ämter oder Funktionen inne.

Obwohl Pfitzner aufgrund seines Rufs als "besonders deutscher Komponist" und seiner sich mit "Haltung, Denkweise, Stil und Ideen der arteigenen Vorstellungen des Dritten Reiches deckenden Weltsicht" [31] zum Haus- und Hofkomponisten des Regimes prädestiniert schien, kam es dennoch nicht dazu. Werk und Person Pfitzners standen eher weniger als in den 1920er Jahren im öffentlichen Fokus. [32] Dazu schreibt Jens Malte Fischer:

Die Zahl der Aufführungen seiner Musik konnte sich in jenen Jahren mit denen von Richard Strauss (auch nach dessen Rücktritt von der Spitze der Reichskulturkammer) nicht messen, ja sie reicht sogar nicht einmal an seine Präsenz in der verhassten Weimarer Republik heran. [33]

Die Gründe dafür dürften eher in der mürrisch und und arroganten Art Pfitzners gegenüber maßgeblichen Stellen des Regimes als in politischen Differenzen Pfitzners zum NS-Staat [34] [35] und seiner "für das Regime wenig propagandatauglichen, elitären und oft altmeisterlich grämlichen Musik" [36] liegen. Die Darstellung seiner Person und seines Werkes in musikalischen Fachpublikationen der Zeit war dagegen meist positiv. Pfitzner reagierte auf diese aus seiner Sicht mangelnde Beachtung und Bevorzugung anderer Musiker auch bei der Vergabe von Posten und mit einem Wechsel aus Gekränktheit, Mahn- und Drohbriefen an maßgebliche Personen [37] und einem resignierten Rückzug ins Privatleben.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hanns-Werner Heister und Walter-Wolfgang Sparrer (Hrsg.): Komponisten der Gegenwart, edition text+kritik, München, 1992ff, Artikel zu Hans Pfitzner von Reinhard Ermen
  2. Alfred Baumgärtner: Der große Musikführer - Musik des 20. Jahrhunderts, Kiesel Verlag, 1985, S. 101 und 102
  3. MGG: Band 10, dtv, S. 1175
  4. Hanns-Werner Heister und Walter-Wolfgang Sparrer (Hrsg.): Komponisten der Gegenwart, edition text+kritik, München, 1992ff, Artikel zu Hans Pfitzner von Reinhard Ermen
  5. Hans Schnoor: Geschichte der Musik, C. Bertlesmann Verlag, 1954, S. 596 und 597
  6. Hanns-Werner Heister und Walter-Wolfgang Sparrer (Hrsg.): Komponisten der Gegenwart, edition text+kritik, München, 1992ff, Artikel zu Hans Pfitzner von Reinhard Ermen
  7. dtv-Atlas zur Musik - Tafeln und Texte, Historischer Teil: Vom Barock bis zur Gegenwart, Bd. 2, Deutscher Taschenbuch Verlag und Bärenreiter Verlag, München, 1985, S. 517
  8. Brockhaus Riemann Musiklexikon, Bd. II, F. A. Brockhaus, Wiesbaden und B. Schott`s Söhne, Mainz, 1979, S. 297
  9. Ingo Metzmacher zur modernen Tonsprache Pfitzners im Palestrina: "Das Stück ist so besonders, weil es Pfitzners inneren großen Konflikt darstellt. Nämlich den zwischen der Tradition, die er bewahren wollte, und dem Versuch, etwas zu erneuern, ohne das Erworbene, die große Tradition, die Herkunft preiszugeben. Er hat viel moderner komponiert, als er zugeben wollte."; auf Welt am Sonntag vom 03.01.2008: "Warum ein Linker die Musik der Nazi-Zeit dirigiert"
  10. Arthur Honegger: "Palestrina" in Arthur Honneger: Beruf und Handwerk des Komponisten - Illusionslose Gespräche, Kritiken, Aufsätze, Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig, 1980, S. 55
  11. Alma Mahler-Werfel: Mein Leben, Fischer Taschenbuch Verlag, 1963, 234. - 243. Tausend, 1991, Frankfurt a.M., S. 69
  12. Hans Rudolf Vaget: "Der gute, alte Antisemitismus" - Hans Pfitzner, Bruno Walter und der Holocaust, in Albrecht Riethmüller: Bruckner-Probleme, Band 45 des Archiv für Musikwissenschaft, Franz Steiner Verlag, Stuttgart, 1996, S. 216
  13. Hans Pfitzner: Palestrina (1917) - Eine musikalische Legende, in Jost Hermand: Glanz und Elend der deutschen Oper, Böhlau Verlag, 2008, S. 176
  14. Walter Abendroth: Hans Pfitzner, Verlag A. Langen, G. Müller, 1935, S. 517, zitiert nach Arthur Honegger: "Palestrina" von Hans Pfitzner, in Arthur Honneger: Beruf und Handwerk des Komponisten - Illusionslose Gespräche, Kritiken, Aufsätze, Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig, 1980, S. 55
  15. Bruno Walter: Thema und Variationen - Erinnerungen und Gedanken, Stockholm, Fischer Verla, 1960, S. 291
  16. Hans Rudolf Vaget: "Der gute, alte Antisemitismus" - Hans Pfitzner, Bruno Walter und der Holocaust, in Albrecht Riethmüller: Bruckner-Probleme, Band 45 des Archiv für Musikwissenschaft, Franz Steiner Verlag, Stuttgart, 1996, S. 216
  17. Johann Peter Vogel: Hans Pfitzner - Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Verlag Rowohlt, 1989, S. 143
  18. Wolfgang Rihm und Ulrich Mosch: Ausgesprochen - Schriften und Gespräche, Band 1, Band 6 der Veröffentlichungen der Paul-Sacher-Stiftung, Verlag Schott, 1998, S. 267
  19. Hans Rudolf Vaget: "Der gute, alte Antisemitismus" - Hans Pfitzner, Bruno Walter und der Holocaust, in Albrecht Riethmüller: Bruckner-Probleme, Band 45 des Archiv für Musikwissenschaft, Franz Steiner Verlag, Stuttgart, 1996, S. 215 ff.
  20. Sinje Ewert: Musik im "Dritten Reich" - Ein Forschungsbericht, in Helmut Neuhaus (Hrsg.): Archiv für Kulturgeschichte, Band 91, 2009, Heft 1, Böhlau Verlag, Köln - Weimar - Wien, S. 202
  21. Joseph Wulf: Musik im Dritten Reich - Eine Dokumentation, Ullstein, Frankfurt a. M., 1983, S. 335
  22. Alma Mahler-Werfel: Mein Leben, Fischer Taschenbuch Verlag, 1963, 234. - 243. Tausend, 1991, Frankfurt a.M., S. 193 und 194
  23. "In these surroundings, Pfitzner became a confirmed anti-Semite. As Bernhard Adamy has shown, the reasons for this are complex, nor should Pfitzner`s anti-Semitism be regarded as of the virulent Nazi variety (...) All the evidence suggests that when the Nazis seized power, Pfitzner did intercede for Cossmann, Eloesser, and others, though to little effect. That in itself is some evidence to support the idea that his anti-Semitism was of a theoretical nature for the most part."; aus John Williams: The music of Hans Pfitzner, Oxford University Press, 1992, S. 20
  24. Joseph Wulf: Musik im Dritten Reich - Eine Dokumentation, Ullstein, Frankfurt a. M., 1983, S. 334
  25. Hans Pfitzner: Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz, 1920, S. 123; zitiert nach Annkatrin Dahm: Der Topos der Juden - Studien zur Geschichte des Antisemitismus im deutschsprachigen Musikschrifttum, Vandenhoeck & Ruprecht, 2007, S. 192
  26. Walter Abendroth: Ich warne Neugierige - Erinnerungen eines kritischen Zeitbetrachters, Verlag List, München, 1966, S. 182
  27. John Williams: The music of Hans Pfitzner, Oxford University Press, 1992, S. XII
  28. Ludwig Schrott: Die Persönlichkeit Hans Pfitzners, Freiburg i. Br., 1959, S. 54 und 62-66; nach Joseph Wulf: Musik im Dritten Reich - Eine Dokumentation, Ullstein, Frankfurt a. M., 1983, S. 334
  29. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, S. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-10-039326-5, S. 456.
  30. Jens Malte Fischer in der NZZ vom 5. Januar 2002, siehe http://www.rodoni.ch/busoni/revisioni5.2003/files/pfitznernzz.html.
  31. Joseph Wulf: Musik im Dritten Reich - Eine Dokumentation, Ullstein, Frankfurt a. M., 1983, S. 334
  32. Sabine Busch: Hans Pfitzner und der Nationalsozialismus, Verlag Metzler, Stuttgart, 2001, S. 136 ff
  33. Jens Malte Fischer: Hans Pfitzner und die Zeitgeschichte - Ein Künstler zwischen Verbitterung und Antisemitismus
  34. Siehe dazu auch Winifred Wagner über Hans Pfitzners Rolle im ‚Dritten Reich’
  35. Siehe dazu auch "So war Pfitzner ein gesitiger Wegbereiter der nationalsozialistischen Idee zu einer Zeit als die NSDAP noch nicht gegründet war. Und heute da der Nationalsozialismus den Staat erobert hat und ihn in seiner Totalität erfüllt, ist für Pfitzner noch kein Platz gefunden, um sein kampferprobtes Können und Wissen dem Dritten Reich dienstbar zu machen. Wo liegen die Gründe? Es mag sein, daß die kantige eckige Natur des Meisters, der durch zahllose Enttäuschungen verbittert ist, den Ruf seiner Unverträglichkeit gefördert hat. (...) In einem Gespräch mit (...) betonte Hans Pfitzner gleichmütig, daß er bis heute weder eine Berufung noch eine Anfrage wegen einer solchen erhalten habe." in dem Aufsatz: "Fanfare für Pfitzner" in: Die Musik, Dezember 1933, S. 193-194; in Joseph Wulf: Musik im Dritten Reich - Eine Dokumentation, Ullstein, Frankfurt a. M., 1983, S. 336 und 337 oder "Prof. Dr. Pfitzner schließt sich sehr ab und ist deshalb wenig bekannt, auch ist er sehr viel abwesend. Er wird als mürrischer Mensch geschildert, der mit seinen Angestellten und den Musikern barsch umgeht."; aus einer Antwort der Org. Steinhausen der NSDAP vom 20.02.1940 bezüglich einer Anfrage der Gauleitung München wegen einer Beurteilung der Person Pfitzners; in Joseph Wulf: Musik im Dritten Reich - Eine Dokumentation, Ullstein, Frankfurt a. M., 1983, S. 341
  36. Aus einer Rezension der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 26.01.2002 zu Sabine Buschs Buch Hans Pfitzner und der Nationalsozialismus
  37. Jens Malte Fischer: Hans Pfitzner und die Zeitgeschichte - Ein Künstler zwischen Verbitterung und Antisemitismus

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