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Kleinkastell Bezereos: Unterschied zwischen den Versionen

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|Name = Kleinkastell Henchir Krannfir
|Name = Kleinkastell Bezereos
|Antiker Name = ''Puteus'' ?
|Antiker Name = ''Bezereos'', ''Vezerei''
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|Abschnitt =
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|Kastelltyp = Kleinkastell
|Truppenteil = teilberittene Einheit, wohl vom Kleinkastell Bezereos abgestellt
|Truppenteil = [[Vexillation]] der ''Legio III Augusta''
|Abmessungen oder Fläche = 31&nbsp;m&nbsp;×&nbsp;25,4&nbsp;m<br />(=&nbsp;0,08&nbsp;ha)  
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|Verwendetes Material = Stein
|Verwendetes Material = Stein
|Kurzbeschreibung = die Anlage ist trotz Eingriffen im Zweiten Weltkrieg sichtbar erhalten geblieben
|Kurzbeschreibung = Steinbau mit rechteckigem Grundriss und abgerundeten Ecken
|Heutiger Ortsname = Henchir Krannfir
|Heutiger Ortsname = Bir Rhezen
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|Nebenbox = --
|Geographische Lage = {{Coor dms|33|30|{{{lats|13.33}}}|N|09|29|{{{longs|52.96}}}|E}}
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|Region-ISO = TN-73
|Region-ISO = TN-83
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|Höhe = 125
|Im Limesverlauf vorher liegendes Kastell = [[Kleinkastell Bezereos]] <small>(südwestlich)</small>
|Im Limesverlauf vorher liegendes Kastell = [[Kleinkastell Ksar Chetaoua]] <small>(südöstlich)</small>
|Im Limesverlauf rückwärtiges Kastell = [[Kleinkastell Benia Guedah Ceder]] <small>(nordöstlich)</small>
|Im Limesverlauf nachfolgendes Kastell = [[Kleinkastell Ksar Tabria]] <small>(westlich)</small>
|Im Limesverlauf rückwärtiges Kastell = [[Kleinkastell Henchir Krannfir]] <small>(nordöstlich)</small>
}}
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[[Datei:Limes Tripolitanus.png|mini|Das Kleinkastell (links) im Verbund des Limes Tripolitanus]]
 
Das '''Kleinkastell Henchir Krannfir''' war ein kleines [[Römisches Reich|spätrömisches]] [[Römische Militärlager|Militärlager]], dessen Besatzung für Sicherungs- und Überwachungsaufgaben am ''Limes Tripolitanus'' in der Provinz ''[[Africa proconsularis]]'' zuständig war. Die kleine Anlage befindet sich am nordöstlichen Rand der [[Östlicher Großer Erg|Östlichen Großen Erg]] in [[Tunesien|Südtunesien]], [[Gouvernement Gabès]]. Rund sieben Kilometer südwestlich lag das [[Kleinkastell Bezereos]]<ref>Kleinkastell Bezereos bei {{Coordinate |text=DMS |NS=33/30/13.33/N |EW=9/29/52.96/E |type=landmark |dim=20 |region=TN-73 |name=Kleinkastell Bezereos}}</ref> bei Sidi Mohammed ben Aissa.
[[Datei:Limes Tripolitanus.png|mini|Bezereos (links oben) im Verbund des Limes Tripolitanus]]
Das '''Kleinkastell Bezereos''' (tunesisch: Bir Rhezen) ist ein ehemaliges [[Römisches Reich|römisches]] [[Römische Militärlager|Militärlager]], dessen Besatzung für Sicherungs- und Überwachungsaufgaben am [[Limes Tripolitanus]] in der römischen Provinz [[Africa proconsularis]] zuständig war. Die kleine Befestigung befindet sich am nordöstlichen Rand des [[Östlicher Großer Erg|Östlichen Großen Erg]], einem Abschnitt der [[Sahara]] in [[Tunesien|Südtunesien]], [[Gouvernement Kebili]]. Nahebei liegt heute die Ortschaft [[Sidi Mohammed ben Aissa]]. Die Reste der Umfassungsmauer des Kleinkastells sind bis heute auf einem Hügel rund dreieinhalb Kilometer südöstlich der Wüstenstraße C104 zu besichtigen.


== Lage ==
== Lage ==
Die strategisch günstig, am Südhang des Djebel Oum ech Chia<ref name="Trousset_1974_79">Pol Trousset: ''Recherches sur le limes Tripolitanus, du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne.'' (Etudes d'Antiquites africaines). Éditions du Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2-222-01589-8. S.&nbsp;79.</ref> gelegene kleine Anlage, wurde nahe der römischen Reichsgrenze in der südwestlichen Mündung einer großen, sich flaschenhalsartig nach Nordosten verjüngenden Talsenke errichtet. Im Süden wird diese Niederung durch das hier mündende Matmatagebirge – einen Teil des [[Dahar]]er Berglandes – begrenzt, im Norden verläuft sichelförmig von Westen nach Osten der Höhenzug des [[Djebel Tebaga]]. An der engsten Stelle, dem Tor von Tebaga ''(Tebaga Gap)'', bündelten sich in der Antike wichtige Handelswege aus den Oasen, um anschließend zu den großen Wirtschaftszentren an der Mittelmeerküste weiterzuführen. Diese Engstelle hatten die Römer mit einem durchgehenden Sperrwerk, der [[Tebaga-Clausura]]<ref>Tebaga-Clausura; Bereich des antiken Durchgangs. {{Coordinate |text=DMS |NS=33/40/15.86/N |EW= 9/37/2.16/E|type=landmark |dim=20 |region=TN-73 |name=Tebaga-Clausura; Bereich des antiken Durchgangs.}}</ref> gesichert und Wachtürme errichtet. Nur ein Tordurchgang erlaubte es, die Reisenden zu kontrollieren. Während des [[Afrikafeldzug]]s wurde die militärstrategische Bedeutung der gut kontrollierbaren Position erneut erkannt. Italienische Kampfeinheiten und libysche Reserven besetzten damals die guterhaltene ''Clausura'' (Engpass) erneut.<ref>Kenneth J. Macksey: ''Afrika Korps.'' Ballantine Books, London 1968. S.&nbsp;143.</ref>
Die auf einem kleinen Hügel mit guter Fernsicht errichtete Anlage gehört neben dem [[Kleinkastell Tisavar]] zu den frühesten Fortifikationen<ref name="Mattingly_2005_157">David J.&nbsp;Mattingly: ''Tripolitania.'' Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1, S.&nbsp;157.</ref> an diesem Abschnitt des nordafrikanischen Limes und lag in einem deutlich ausgeformten Knick der römischen Reichsgrenze. Diese von Südosten nach Westen orientierte Grenzziehung ergab sich aus den römischen Überlegungen, die lebensfeindlichen Wüstenzonen auszusparen und die Militäranlagen lediglich in den Bereichen der Halbwüste zu errichten. Der nach Südosten verlaufende Grenzabschnitt folgte dem Wadi Hallouf. Dort lag – rund einen Kilometer von Bezereos entfernt – der Berg Mergueb ed Diab,<ref>Der Gipfel des Mergueb ed Diab bei {{Coordinate |text=DMS |NS=33/29/41.85/N |EW=9/30/23.91/E |type=landmark |dim=20 |region=TN-83 |name=Gipfel des Mergueb ed Diab}}</ref> auf dem sich ein 5&nbsp;×&nbsp;5&nbsp;Meter<ref name="Camps_1991_1488">Guy Barrère in: [[Gabriel Camps]] (Hrsg.): ''Encyclopédie berbère.'' Bd.&nbsp;5: ''Beni Isguen–Bouzeis.'' Édisud, Aix-en-Provence 1991, ISBN 2-85744-549-0, S.&nbsp;1488.</ref> großer römischer Wachturm befand, den der Archäologe [[David Mattingly|David J.&nbsp;Mattingly]] als „Augen“ des Kleinkastells Bezereos bezeichnete.<ref>David J.&nbsp;Mattingly: ''Tripolitania.'' Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1, S.&nbsp;130.</ref> Der Turm diente auch als Signalstation zu den südlicher gelegenen Grenzkastellen. Nur sieben Kilometer nordöstlich – zum Bergland des [[Dahar]] – lag auf der Südseite des Djebel Oum ech Chia<ref name="Trousset_1974_79">Pol Trousset: ''Recherches sur le limes Tripolitanus, du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne.'' Éditions du Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2-222-01589-8, S.&nbsp;79.</ref> das [[Kleinkastell Henchir Krannfir]],<ref>Kleinkastell Henchir Krannfir bei {{Coordinate |text=DMS |NS=33/32/4.92/N |EW=9/33/54.60/E |type=landmark |dim=20 |region=TN-83 |name=Kleinkastell Henchir Krannfir}}</ref> das eine Passstraße am Nordhang des Dahar sicherte. Weiter westlich könnte der Ksar Tabria als Kleinkastell eine wichtige Straße sowie das Limeshinterland gesichert haben. Durch ein organisiertes Bewässerungssystem wurden dort Grundnahrungsmittel produziert, die den Truppen und der Zivilbevölkerung rund um das Kleinkastell Bezereos zugutekamen.<ref name="Trousset_1974_79">Pol Trousset: ''Recherches sur le limes Tripolitanus, du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne.'' Éditions du Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2-222-01589-8, S.&nbsp;79.</ref>  Das ''[[Itinerarium Antonini]]'', ein römisches Reichsstraßenverzeichnis aus dem 3.&nbsp;Jahrhundert, erwähnt Bezeros als fünfte Station an der Straße von Tacapae ([[Gabes]]) nach [[Leptis Magna]].<ref>''Itinerarium Antonini'' 74, 5.</ref>
 
== Forschungsgeschichte ==
Im Jahr 1901 erwähnten topographische Brigaden des französischen Militärs<ref name="Mackensen_2009_276">[[Michael Mackensen]]: ''Gasr Wames, eine burgusartige Kleinfestung des mittleren 3.&nbsp;Jahrhunderts am tripolitanischen limes Tentheianus (Libyen).'' In: ''Germania'' 87, 2009, S.&nbsp;75–104; hier S.&nbsp;276.</ref> erstmals umfangreiche römische Überreste im Umfeld des Brunnens Bir Rhezen bei Sidi Mohammed ben Aissa. Zwischen 1909 und 1910 führte der französische Offizier [[Raymond Donau]] Ausgrabungen in der Befestigung durch,<ref name="Merlin_1921_240">Alfred Merlin: ''Le fortin de Bezereos sur le limes tripolitain.'' In: ''Comptes-rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres'' 1921, S.&nbsp;236–248 ([http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/crai_0065-0536_1921_num_65_3_74471 online]; der Artikel von Merlin geht ganz auf die Mitteilungen von Donau zurück).</ref> nachdem er sie zunächst im Rahmen einer militärischen Arbeit kurz beschrieben hatte. Eine von ihm 1919 gefundene Inschrift <ref name="AE 1922 54">René Cagnat, Alfred Merlin, Louis Chatelain: ''Inscriptions latines d’Afrique.'' Paris 1923, Nr.&nbsp;26; {{AE|1922|54}} [http://edh-www.adw.uni-heidelberg.de/edh/inschrift/HD004870 Epigraphische Datenbank Heidelberg].</ref> ermöglichte die namentliche Identifizierung des Ortes. Die dort ''Vezerei'' genannte Garnison korrespondiert mit dem ''Bezereos'' aus dem ''Itinerarium Antonini'' sowie der ''[[Notitia dignitatum]]'', einem römischen Staatshandbuch aus der ersten Hälfte des 5.&nbsp;Jahrhunderts.<ref name="Trousset_1974_75">Pol Trousset: ''Recherches sur le limes tripolitanus.'' Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2222015898, S.&nbsp;75.</ref> Auch in den nachfolgenden Jahrzehnten fanden Grabungen, insbesondere im Bereich der römischen Siedlung statt.


Henchir Krannfir wird hauptsächlich für eine zweite Route durch das Tor von Tebaga zuständig gewesen sein. Diese führte von Bezereos, wo eine [[Vexillation]] der ''[[Legio III Augusta]]'' lag, über die südlich der ''Clausura'' liegenden Hänge des Djebel Melab.<ref>Djebel Melab {{Coordinate |text=DMS |NS=33/37/51.93/N |EW= 9/42/58.75/E |type=landmark |dim=20 |region=TN-73 |name=Djebel Melab}}</ref><ref name="Trousset_1974_79"/> Hier gab es keine gesicherte Linie mit Wall und Wachtürmen. Seine Lage an den Hängen des Djebel Oum ech Chia ermöglichte es der Besatzung von Henchir Krannfir, das weite Umland zu beobachten und mit dem Kleinkastell Bezereos sowie dem Wachturm auf dem Mergueb ed Diab<ref>Der Gipfel des Mergueb ed Diab bei {{Coordinate |text=DMS |NS=33/29/41.85/N |EW=9/30/23.91/E |type=landmark |dim=20|region=TN-83 |name=Gipfel des Mergueb ed Diab}}</ref> Sichtkontakt zu halten.
== Baugeschichte ==
Die Fundzone am Kleinkastell Bezereos ist eine der rätselhaftesten dieses Abschnitts. Wie der Archäologe Pol Trousset berichtete, kann die nur 0,33&nbsp;Hektar große Garnison bestenfalls als Kleinkastell bezeichnet werden. Aufgrund einer in Stein gemeißelten Mannschaftsliste aus den Jahren 209 bis 211&nbsp;n.&nbsp;Chr.,<ref name="AE 1922 54"/> die Donau im Innenhof des Kastells fand,<ref name="Merlin_1921_240"/> müsste jedoch von einer rund 300 Mann starken Einheit ausgegangen werden, die als ''Vexillation'' (Abteilung) von der in [[Lambaesis]] stationierten ''[[Legio III Augusta]]'' gestellt wurde. Die Liste nennt außerdem acht [[Zenturio]]nen, die sicherlich in den angrenzenden Kleinkastellen ein Kommando führten. Mit einiger Wahrscheinlichkeit könnte sich bei Bezereos ein bisher unbekanntes, größeres Kastell unter dem Sand befinden,<ref name="Mattingly_2005_135">David J. Mattingly: ''Tripolitania.'' Taylor & Francis, 2005. ISBN 0-203-48101-1, S.&nbsp;135.</ref> da die bisher bekannte, rechteckige Anlage mit ihren geringen Ausmaßen von 50&nbsp;×&nbsp;65&nbsp;Metern nicht mit der epigraphischen Bedeutung übereinstimmt.<ref name="Mattingly_2005_160">David J. Mattingly: ''Tripolitania.'' Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1, S.&nbsp;160.</ref>


Möglicherweise ist das Kleinkastell mit dem antiken ''Puteus'' gleichzusetzen, das die auf eine spätantike Straßenkarte zurückgehende [[Tabula Peutingeriana]] zeigt.<ref name="Trousset_1974_79"/>
Es besteht aufgrund der oben erwähnten Inschrift jedoch auch die Möglichkeit, dass sich hier schon unter den [[Severer]]n der Sitz eines ''Praepositus'', eines Oberkommandeurs, befand, der mehrere Garnisonen unter sich hatte.<ref name="Mattingly_2005_135"/> Bezeichnend für diese Möglichkeit könnte die Tatsache sein, dass die ''Notitia dignitatum'' in der Liste des ''Dux provinciae Tripolitanae'' (Kommandeur der Grenztruppen in der Provinz Tripolitana) tatsächlich einen ''Praepositus limitis Bizerentane'' für Bezereos nennt.<ref>''Notitia Dignitatum'' Occ. XXXI, 20.</ref> Der ''Limes Bizerentanus'' – mit Zentrum in Bezereos – bildete in der Spätantike einen Teilsektor zwischen dem ''Limes Tamallensis'' und dem ''Limes Talalatensis.''<ref name="Trousset_1984_1487">Pol Trousset: ''Bezereos.'' In: ''Encyclopédie Berbère.'' Bd.&nbsp;10, Édisud, Aix-en-Provence 1984. ISBN 2-85744-549-0. S.&nbsp;1487–1488; hier: S.&nbsp;1487.</ref>


== Forschungsgeschichte ==
Einige Jahre vor Erstellung der Mannschaftsliste wurde 201 n.&nbsp;Chr. – gleichfalls von einer Abteilung der ''Legio III Augusta'' – eine dem damals regierenden Kaiser [[Septimius Severus]] (193–211) und seinem Mitregenten [[Caracalla]] (211–217) gestiftete, konsulardatierte Restitutionsinschrift am Kastell angebracht:<ref>René Cagnat, Alfred Merlin, Louis Chatelain: ''Inscriptions latines d’Afrique.'' Paris 1923, Nr.&nbsp;27; {{AE|1928|22}}; [http://edh-www.adw.uni-heidelberg.de/edh/inschrift/HD023521 Epigraphische Datenbank Heidelberg].</ref>
Die Anlage wurde 1903 von dem französischen Offizier [[Raymond Donau]] teilweise freigelegt und beschrieben. Leider erstellte der Ausgräber kein genaues Grabungsprotokoll. Die Ruinen blieben sichtbar erhalten und wurden während der Kämpfe im März 1943 erneut als Unterkunft verwendet. Zum Substanzverlust kam es, als Soldaten in die antiken Strukturen der Anlage eingriffen, um ihre Stellung zu verschanzen.<ref name="Trousset_1974_79"/>
 
:''[Imp(erator) Caes(ar) L(ucius) Septimius Severus] Pius Pert(inax) Aug(ustus)
:''[et Imp(erator) Caes(ar) M(arcus) Aurelius Ant]oninus Aug(ustus)
:''[〚Brit(annicus) Part(hicus) max(imus) Germanicus〛titul]um quod di-
:''[vo Commodo fratre suo eras]um fu-
:''[erat restituerunt per vexi]lla[tionem 〚leg(ionis) III Aug(ustae)〛]
:''[p(iae) v(indicis) Q(uinto) An]ici[o Fausto l]eg(ato) Au[g(ustorum) pro]
:''[pr]aet[o]re c(larissimo) v(iro) c[o(n)s(ule) sub] cura C(ai) I[uli Saturnini]
:''|(centurionis) [leg(ionis)] eiusde[m] Muciano [et Fabiano co(n)s(ulibus)]
 
Übersetzung: „Der Imperator Caesar Lucius Septimius Severus Pertinax, der Frommen, der Augustus, und der Imperator Caesar Marcus Aurelius Antoninus, der Augustus, Britanniersieger, größter Parthersieger, Germanensieger, haben die Inschrift, die seinem Bruder, dem vergöttlichten Commodus, eradiert worden war, wiederhergestellt durch eine Abteilung der 3.&nbsp;Legion ,Augusta‘, die Treue, die Beschützerin, unter Quintus Anicius Faustus, Statthalter der Augusti mit proprätorischen Befugnissen, Senator, Konsular, unter der Aufsicht des Gaius Iulius Saturninus, Zenturio dieser Legion, als [[Marcus Nonius Arrius Mucianus|(Marcus Nonius Arrius) Mucianus]] und [[Lucius Annius Fabianus (Konsul 201)|(Lucius Annius) Fabianus]] Konsuln waren.“
 
Nach der Ermordung des von 180 bis 192&nbsp;n.&nbsp;Chr. regierenden Kaisers [[Commodus]] wurde eine ''[[Damnatio memoriae]]'' (Verdammung des Andenkens) gegen ihn erlassen, die zur Eradierung seines Namens in den Inschriften führte. Nachdem Septimius Severus 197 n.&nbsp;Chr. diesen Schritt rückgängig machte, Commodus sogar „seinen Bruder“ nannte und ihn vergöttlichen ließ, waren Vexillationen der ''Legio III Augusta'' damit beschäftigt, den zuvor ausgemeißelten Namen des Verdammten in den Inschriften wieder einzusetzen. Die oben genannte Inschrift gibt einen Hinweis auf dieses Ereignis. Als die ''Legio III Augusta'' im Jahr 238 selbst der ''Damnatio memoriae'' anheim fiel, wurde ihr Name gleichfalls aus den Inschriften getilgt.<ref>Thomas Pekáry: ''Das römische Kaiserbildnis in Staat, Kult und Gesellschaft.'' Mann, Berlin 1985, ISBN 3786113858, S.&nbsp;138.</ref>
 
Über die Besatzung des Kastells im späten dritten Jahrhundert sowie in der Spätantike ist nur sehr wenig bekannt.<ref>David J. Mattingly: ''Tripolitania.'' Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1, S.&nbsp;313.</ref>
 
Die heute sichtbare Befestigung entstand spätestens während der Regierungszeit des Kaisers Commodus.<ref name="Mattingly_2005_157"/> Darauf weist die Restitutionsinschrift hin. Leider ist die eigentliche, wiederhergestellte Inschrift verloren. Möglicherweise lag bereits unter Commodus eine Vexillation der ''Legio III Augusta'' an diesem Ort.<ref>Robert Saxer: ''Untersuchungen zu den Vexillationen des römischen Kaiserheeres von Augustus bis Diokletian'' (= ''Epigraphische Studien'' 1.&nbsp;''Beihefte der Bonner Jahrbücher'' 18). Böhlau, Köln 1967, S.&nbsp;101.</ref> Eine am südlich gelegenen Kleinkastell Tisavar entdeckte Bauinschrift stammt aus den Jahren zwischen 184 und 191&nbsp;n.&nbsp;Chr.<ref>{{CIL|8|11048}}. Die Lesung und Ergänzung der letzten beiden Zeilen ist sehr unsicher. Die Datierung erfolgt aufgrund der Titulatur des Commodus. Vergleiche: Gerhild Klose, Annette Nünnerich-Asmus (Hrsg.): ''Grenzen des römischen Imperiums'', Zabern, Mainz 2006, ISBN 978-3-8053-3429-7, S.&nbsp;65.</ref> Das Kleinkastell Bezereos besitzt die für mittelkaiserzeitliche Kastelle typischen abgerundeten Ecken und besteht aus kleinem Bruchsteinmauerwerk. Das 0,85&nbsp;Meter<ref name="Merlin_1921_244">Alfred Merlin: ''Le fortin de Bezereos sur le limes tripolitain.'' In: ''Comptes-rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres'' 1921, S.&nbsp;236–248; hier: S.&nbsp;244.</ref> breite und einzige Tor befindet sich an der nordöstlichen Schmalseite. Von einer möglichen Innenbebauung ist bis heute nichts bekannt. Konzeptionell ähnelt die Fortifikation jedoch dem erwähnten Kleinkastell Tisavar nahe der Oase Ksar Ghilane.<ref name="Mattingly_2005_160"/>  


== Baugeschichte ==
== Vicus ==
Die 31&nbsp;×&nbsp;25,4&nbsp;Meter (=&nbsp;0,08&nbsp;Hektar) große Befestigung von Henchir Krannfir war von den römischen [[Geodät|Geometern]] genau an den Himmelsrichtungen ausgerichtet worden. Die Anlage besaß einen unregelmäßig geschnittenen zentralen Innenhof, der von mehreren Räumen flankiert wurde, deren Rückwand gleichzeitig die Außenmauer des Kleinkastells bildete. Ein Zutritt war lediglich durch eine schmale Pforte an der Südseite möglich. Hier lag auch die [[Prätorialfront]], die der römischen Grenze zugewandte Schmalseite. Zisternen sicherten die Wasserzufuhr. Der Grundriss dieses Bautypus ist typisch für Fortifikationen dieser Art am tripolitanischen Limes und lässt sich auf das späte 2.&nbsp;oder 3.&nbsp;Jahrhundert datieren. Als Besonderheit konnte in Henchir Krannfir ein Bereich festgestellt werden, der als Stallung genutzt worden war und mindestens acht Pferden Unterkunft bot. Eine deutliche Hinterlassenschaft dieses Bereichs bildeten die ''[[in situ]]'' erhalten gebliebenen steinernen Tröge sowie ein Stein, an dem sich ein Befestigungsring befunden hatte.<ref>Louis Carton: ''Civilisation romaine.'' In: ''Revue tunisienne.'' 1904. S.&nbsp;159.</ref> Das hier kasernierte Detachement bestand daher aus einer teilberittenen Einheit, die höchstwahrscheinlich dem nahen Kleinkastell Bezereos unterstand.<ref>David J. Mattingly: ''Tripolitania.'' Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1. S.&nbsp;104.</ref> Das heute zur Halbwüste gehörende Land wurde in der Antike durch ein Bewässerungssystem von Wehrgehöften aus urbar gemacht und bildete die Lebensgrundlage für das Militär und eine relativ große Zivilbevölkerung rund um Kastell.<ref name="Trousset_1974_79"/>
Nahe der Garnison lag eine kleine römische Siedlung,<ref name="Trousset_1984_1487"/> die auch den ''[[Vicus]]'' bildete, das für die meisten Grenzkastelle typische Lagerdorf. Der Archäologe [[Louis Poinssot]] (1879–1967) berichtete 1938 über eine Grabung in den Ruinen von Sidi Mohammed ben Aissa, bei der teilweise auch eine römische Siedlung aufgedeckt wurde. Die Ausgräber fanden ein zweigeschossiges Gebäude, wobei sie sich nicht im klaren waren, ob eines der Geschosse den ersten Stock oder den Keller bildete. Neben fünf Räumen wurde auch der Beginn einer Galerie festgestellt. Ein Raum war aufgrund der guterhaltenen Hohlziegel ''(Tubuli)'' mit einer [[Hypokaustum|Hypokaustheizung]] ausgestattet gewesen und wurde als Dampfbad gedeutet. Der anschließende Raum besaß ein heizbares Badebecken. Dort fanden sich die Reste von sehr großen Ziegeln, die teilweise eine grün-gräuliche Bemalung aufwiesen, darunter der Kopf eines Vogels, der Schwanz eines Fisches und Reste eines vierbeinigen Tieres.<ref>Louis Poinssot: ''Sur une maison romaine de Bezereos.'' In: ''Bulletin archéologique du comité des travaux historiques et scientifiques'' 1938–1940, S.&nbsp;259.</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Pol Trousset: ''Recherches sur le limes Tripolitanus, du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne.'' (Etudes d'Antiquites africaines). Éditions du Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2-222-01589-8. S.&nbsp;79.
* {{RE|III,1|379||Bezereos|[[Hermann Dessau]]|RE:Bezereos|}}
* David J. Mattingly: ''Tripolitania.'' Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1. S.&nbsp;104 Abb.&nbsp;5:11.
* Raymond Donau: ''Recherches archéologiques effectuées par MM. les officiers des territoires du Sud Tunisien en 1907.'' In: ''Bulletin archéologique du comité des travaux historiques et scientifiques'' 1909, S.&nbsp;30–50 (hier: S.&nbsp;35–38; [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k203337t/f96.image online]).
 
* [[Alfred Merlin]]: ''Le fortin de Bezereos sur le limes tripolitain.'' In: ''Comptes-rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres'' 1921, S.&nbsp;236–248 ([http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/crai_0065-0536_1921_num_65_3_74471 online]).
== Weblinks ==
* Pol Trousset: ''Recherches sur le limes Tripolitanus, du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne.'' Éditions du Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2-222-01589-8, S.&nbsp;75–77 Abb.&nbsp;15, 2; 26a.
* [http://pleiades.stoa.org/places/346547 Der einzige Durchgang der Tebaga-Clausura im Projekt Pleiades]
* Pol Trousset: ''Bezereos.'' In: ''Encyclopédie Berbère.'' Bd.&nbsp;10, Édisud, Aix-en-Provence 1984, ISBN 2-85744-549-0, S.&nbsp;1487–1488.
* [[David J. Mattingly]]: ''Tripolitania.'' Batsford, London 1995, ISBN 0-7134-5742-2, S.&nbsp;84–85. 100 Abb.&nbsp;5:8 (inhaltlich identisches E-Book: ISBN 0-203-48101-1; die Seitenzählung des E-Books ist aus technischen Gründen abweichend).
* {{DNP|2|615||Bezereos|[[Werner Huß]]}}


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
<references />
<references />
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{{Vorlage:Navigationsleiste Vorderer tripolitanischer Limes – Abschnitt Sahara}}
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Version vom 2. August 2014, 12:27 Uhr

Fehler beim Erstellen des Vorschaubildes: Datei fehlt Karte mit allen Koordinaten: OSM{{#ifeq: | Kategorie | , Google oder Bing
Koordinaten fehlen! Hilf mit.
Kleinkastell Bezereos
Antiker Name Bezereos, Vezerei
Limes Limes Tripolitanus
Datierung (Belegung) spätestens ab Commodus
bis Spätantike
Typ Kleinkastell
Einheit Vexillation der Legio III Augusta
Größe 50 × 65 m (= 0,33 ha)
Bauweise Stein
Erhaltungszustand Steinbau mit rechteckigem Grundriss und abgerundeten Ecken
Ort Bir Rhezen
Höhe 125 m
Vorhergehend Kleinkastell Ksar Chetaoua (südöstlich)
Anschließend Kleinkastell Ksar Tabria (westlich)
Rückwärtig Kleinkastell Henchir Krannfir (nordöstlich)
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Bezereos (links oben) im Verbund des Limes Tripolitanus

Das Kleinkastell Bezereos (tunesisch: Bir Rhezen) ist ein ehemaliges römisches Militärlager, dessen Besatzung für Sicherungs- und Überwachungsaufgaben am Limes Tripolitanus in der römischen Provinz Africa proconsularis zuständig war. Die kleine Befestigung befindet sich am nordöstlichen Rand des Östlichen Großen Erg, einem Abschnitt der Sahara in Südtunesien, Gouvernement Kebili. Nahebei liegt heute die Ortschaft Sidi Mohammed ben Aissa. Die Reste der Umfassungsmauer des Kleinkastells sind bis heute auf einem Hügel rund dreieinhalb Kilometer südöstlich der Wüstenstraße C104 zu besichtigen.

Lage

Die auf einem kleinen Hügel mit guter Fernsicht errichtete Anlage gehört neben dem Kleinkastell Tisavar zu den frühesten Fortifikationen[1] an diesem Abschnitt des nordafrikanischen Limes und lag in einem deutlich ausgeformten Knick der römischen Reichsgrenze. Diese von Südosten nach Westen orientierte Grenzziehung ergab sich aus den römischen Überlegungen, die lebensfeindlichen Wüstenzonen auszusparen und die Militäranlagen lediglich in den Bereichen der Halbwüste zu errichten. Der nach Südosten verlaufende Grenzabschnitt folgte dem Wadi Hallouf. Dort lag – rund einen Kilometer von Bezereos entfernt – der Berg Mergueb ed Diab,[2] auf dem sich ein 5 × 5 Meter[3] großer römischer Wachturm befand, den der Archäologe David J. Mattingly als „Augen“ des Kleinkastells Bezereos bezeichnete.[4] Der Turm diente auch als Signalstation zu den südlicher gelegenen Grenzkastellen. Nur sieben Kilometer nordöstlich – zum Bergland des Dahar – lag auf der Südseite des Djebel Oum ech Chia[5] das Kleinkastell Henchir Krannfir,[6] das eine Passstraße am Nordhang des Dahar sicherte. Weiter westlich könnte der Ksar Tabria als Kleinkastell eine wichtige Straße sowie das Limeshinterland gesichert haben. Durch ein organisiertes Bewässerungssystem wurden dort Grundnahrungsmittel produziert, die den Truppen und der Zivilbevölkerung rund um das Kleinkastell Bezereos zugutekamen.[5] Das Itinerarium Antonini, ein römisches Reichsstraßenverzeichnis aus dem 3. Jahrhundert, erwähnt Bezeros als fünfte Station an der Straße von Tacapae (Gabes) nach Leptis Magna.[7]

Forschungsgeschichte

Im Jahr 1901 erwähnten topographische Brigaden des französischen Militärs[8] erstmals umfangreiche römische Überreste im Umfeld des Brunnens Bir Rhezen bei Sidi Mohammed ben Aissa. Zwischen 1909 und 1910 führte der französische Offizier Raymond Donau Ausgrabungen in der Befestigung durch,[9] nachdem er sie zunächst im Rahmen einer militärischen Arbeit kurz beschrieben hatte. Eine von ihm 1919 gefundene Inschrift [10] ermöglichte die namentliche Identifizierung des Ortes. Die dort Vezerei genannte Garnison korrespondiert mit dem Bezereos aus dem Itinerarium Antonini sowie der Notitia dignitatum, einem römischen Staatshandbuch aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts.[11] Auch in den nachfolgenden Jahrzehnten fanden Grabungen, insbesondere im Bereich der römischen Siedlung statt.

Baugeschichte

Die Fundzone am Kleinkastell Bezereos ist eine der rätselhaftesten dieses Abschnitts. Wie der Archäologe Pol Trousset berichtete, kann die nur 0,33 Hektar große Garnison bestenfalls als Kleinkastell bezeichnet werden. Aufgrund einer in Stein gemeißelten Mannschaftsliste aus den Jahren 209 bis 211 n. Chr.,[10] die Donau im Innenhof des Kastells fand,[9] müsste jedoch von einer rund 300 Mann starken Einheit ausgegangen werden, die als Vexillation (Abteilung) von der in Lambaesis stationierten Legio III Augusta gestellt wurde. Die Liste nennt außerdem acht Zenturionen, die sicherlich in den angrenzenden Kleinkastellen ein Kommando führten. Mit einiger Wahrscheinlichkeit könnte sich bei Bezereos ein bisher unbekanntes, größeres Kastell unter dem Sand befinden,[12] da die bisher bekannte, rechteckige Anlage mit ihren geringen Ausmaßen von 50 × 65 Metern nicht mit der epigraphischen Bedeutung übereinstimmt.[13]

Es besteht aufgrund der oben erwähnten Inschrift jedoch auch die Möglichkeit, dass sich hier schon unter den Severern der Sitz eines Praepositus, eines Oberkommandeurs, befand, der mehrere Garnisonen unter sich hatte.[12] Bezeichnend für diese Möglichkeit könnte die Tatsache sein, dass die Notitia dignitatum in der Liste des Dux provinciae Tripolitanae (Kommandeur der Grenztruppen in der Provinz Tripolitana) tatsächlich einen Praepositus limitis Bizerentane für Bezereos nennt.[14] Der Limes Bizerentanus – mit Zentrum in Bezereos – bildete in der Spätantike einen Teilsektor zwischen dem Limes Tamallensis und dem Limes Talalatensis.[15]

Einige Jahre vor Erstellung der Mannschaftsliste wurde 201 n. Chr. – gleichfalls von einer Abteilung der Legio III Augusta – eine dem damals regierenden Kaiser Septimius Severus (193–211) und seinem Mitregenten Caracalla (211–217) gestiftete, konsulardatierte Restitutionsinschrift am Kastell angebracht:[16]

[Imp(erator) Caes(ar) L(ucius) Septimius Severus] Pius Pert(inax) Aug(ustus)
[et Imp(erator) Caes(ar) M(arcus) Aurelius Ant]oninus Aug(ustus)
[〚Brit(annicus) Part(hicus) max(imus) Germanicus〛titul]um quod di-
[vo Commodo fratre suo eras]um fu-
[erat restituerunt per vexi]lla[tionem 〚leg(ionis) III Aug(ustae)〛]
[p(iae) v(indicis) Q(uinto) An]ici[o Fausto l]eg(ato) Au[g(ustorum) pro]
[pr]aet[o]re c(larissimo) v(iro) c[o(n)s(ule) sub] cura C(ai) I[uli Saturnini]
|(centurionis) [leg(ionis)] eiusde[m] Muciano [et Fabiano co(n)s(ulibus)]

Übersetzung: „Der Imperator Caesar Lucius Septimius Severus Pertinax, der Frommen, der Augustus, und der Imperator Caesar Marcus Aurelius Antoninus, der Augustus, Britanniersieger, größter Parthersieger, Germanensieger, haben die Inschrift, die seinem Bruder, dem vergöttlichten Commodus, eradiert worden war, wiederhergestellt durch eine Abteilung der 3. Legion ,Augusta‘, die Treue, die Beschützerin, unter Quintus Anicius Faustus, Statthalter der Augusti mit proprätorischen Befugnissen, Senator, Konsular, unter der Aufsicht des Gaius Iulius Saturninus, Zenturio dieser Legion, als (Marcus Nonius Arrius) Mucianus und (Lucius Annius) Fabianus Konsuln waren.“

Nach der Ermordung des von 180 bis 192 n. Chr. regierenden Kaisers Commodus wurde eine Damnatio memoriae (Verdammung des Andenkens) gegen ihn erlassen, die zur Eradierung seines Namens in den Inschriften führte. Nachdem Septimius Severus 197 n. Chr. diesen Schritt rückgängig machte, Commodus sogar „seinen Bruder“ nannte und ihn vergöttlichen ließ, waren Vexillationen der Legio III Augusta damit beschäftigt, den zuvor ausgemeißelten Namen des Verdammten in den Inschriften wieder einzusetzen. Die oben genannte Inschrift gibt einen Hinweis auf dieses Ereignis. Als die Legio III Augusta im Jahr 238 selbst der Damnatio memoriae anheim fiel, wurde ihr Name gleichfalls aus den Inschriften getilgt.[17]

Über die Besatzung des Kastells im späten dritten Jahrhundert sowie in der Spätantike ist nur sehr wenig bekannt.[18]

Die heute sichtbare Befestigung entstand spätestens während der Regierungszeit des Kaisers Commodus.[1] Darauf weist die Restitutionsinschrift hin. Leider ist die eigentliche, wiederhergestellte Inschrift verloren. Möglicherweise lag bereits unter Commodus eine Vexillation der Legio III Augusta an diesem Ort.[19] Eine am südlich gelegenen Kleinkastell Tisavar entdeckte Bauinschrift stammt aus den Jahren zwischen 184 und 191 n. Chr.[20] Das Kleinkastell Bezereos besitzt die für mittelkaiserzeitliche Kastelle typischen abgerundeten Ecken und besteht aus kleinem Bruchsteinmauerwerk. Das 0,85 Meter[21] breite und einzige Tor befindet sich an der nordöstlichen Schmalseite. Von einer möglichen Innenbebauung ist bis heute nichts bekannt. Konzeptionell ähnelt die Fortifikation jedoch dem erwähnten Kleinkastell Tisavar nahe der Oase Ksar Ghilane.[13]

Vicus

Nahe der Garnison lag eine kleine römische Siedlung,[15] die auch den Vicus bildete, das für die meisten Grenzkastelle typische Lagerdorf. Der Archäologe Louis Poinssot (1879–1967) berichtete 1938 über eine Grabung in den Ruinen von Sidi Mohammed ben Aissa, bei der teilweise auch eine römische Siedlung aufgedeckt wurde. Die Ausgräber fanden ein zweigeschossiges Gebäude, wobei sie sich nicht im klaren waren, ob eines der Geschosse den ersten Stock oder den Keller bildete. Neben fünf Räumen wurde auch der Beginn einer Galerie festgestellt. Ein Raum war aufgrund der guterhaltenen Hohlziegel (Tubuli) mit einer Hypokaustheizung ausgestattet gewesen und wurde als Dampfbad gedeutet. Der anschließende Raum besaß ein heizbares Badebecken. Dort fanden sich die Reste von sehr großen Ziegeln, die teilweise eine grün-gräuliche Bemalung aufwiesen, darunter der Kopf eines Vogels, der Schwanz eines Fisches und Reste eines vierbeinigen Tieres.[22]

Literatur

  • Hermann Dessau: Bezereos. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,1, Stuttgart 1897, Sp. 379.
  • Raymond Donau: Recherches archéologiques effectuées par MM. les officiers des territoires du Sud Tunisien en 1907. In: Bulletin archéologique du comité des travaux historiques et scientifiques 1909, S. 30–50 (hier: S. 35–38; online).
  • Alfred Merlin: Le fortin de Bezereos sur le limes tripolitain. In: Comptes-rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 1921, S. 236–248 (online).
  • Pol Trousset: Recherches sur le limes Tripolitanus, du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne. Éditions du Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2-222-01589-8, S. 75–77 Abb. 15, 2; 26a.
  • Pol Trousset: Bezereos. In: Encyclopédie Berbère. Bd. 10, Édisud, Aix-en-Provence 1984, ISBN 2-85744-549-0, S. 1487–1488.
  • David J. Mattingly: Tripolitania. Batsford, London 1995, ISBN 0-7134-5742-2, S. 84–85. 100 Abb. 5:8 (inhaltlich identisches E-Book: ISBN 0-203-48101-1; die Seitenzählung des E-Books ist aus technischen Gründen abweichend).
  • Werner Huß: Bezereos. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 2, Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-01472-X, Sp. 615.

Anmerkungen

  1. 1,0 1,1 David J. Mattingly: Tripolitania. Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1, S. 157.
  2. Der Gipfel des Mergueb ed Diab bei 33° 29′ 41,85″ N, 9° 30′ 23,91″ O7
  3. Guy Barrère in: Gabriel Camps (Hrsg.): Encyclopédie berbère. Bd. 5: Beni Isguen–Bouzeis. Édisud, Aix-en-Provence 1991, ISBN 2-85744-549-0, S. 1488.
  4. David J. Mattingly: Tripolitania. Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1, S. 130.
  5. 5,0 5,1 Pol Trousset: Recherches sur le limes Tripolitanus, du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne. Éditions du Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2-222-01589-8, S. 79.
  6. Kleinkastell Henchir Krannfir bei 33° 32′ 4,92″ N, 9° 33′ 54,6″ O7
  7. Itinerarium Antonini 74, 5.
  8. Michael Mackensen: Gasr Wames, eine burgusartige Kleinfestung des mittleren 3. Jahrhunderts am tripolitanischen limes Tentheianus (Libyen). In: Germania 87, 2009, S. 75–104; hier S. 276.
  9. 9,0 9,1 Alfred Merlin: Le fortin de Bezereos sur le limes tripolitain. In: Comptes-rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 1921, S. 236–248 (online; der Artikel von Merlin geht ganz auf die Mitteilungen von Donau zurück).
  10. 10,0 10,1 René Cagnat, Alfred Merlin, Louis Chatelain: Inscriptions latines d’Afrique. Paris 1923, Nr. 26; AE 1922, 54 Epigraphische Datenbank Heidelberg.
  11. Pol Trousset: Recherches sur le limes tripolitanus. Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2222015898, S. 75.
  12. 12,0 12,1 David J. Mattingly: Tripolitania. Taylor & Francis, 2005. ISBN 0-203-48101-1, S. 135.
  13. 13,0 13,1 David J. Mattingly: Tripolitania. Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1, S. 160.
  14. Notitia Dignitatum Occ. XXXI, 20.
  15. 15,0 15,1 Pol Trousset: Bezereos. In: Encyclopédie Berbère. Bd. 10, Édisud, Aix-en-Provence 1984. ISBN 2-85744-549-0. S. 1487–1488; hier: S. 1487.
  16. René Cagnat, Alfred Merlin, Louis Chatelain: Inscriptions latines d’Afrique. Paris 1923, Nr. 27; AE 1928, 22; Epigraphische Datenbank Heidelberg.
  17. Thomas Pekáry: Das römische Kaiserbildnis in Staat, Kult und Gesellschaft. Mann, Berlin 1985, ISBN 3786113858, S. 138.
  18. David J. Mattingly: Tripolitania. Taylor & Francis, 2005, ISBN 0-203-48101-1, S. 313.
  19. Robert Saxer: Untersuchungen zu den Vexillationen des römischen Kaiserheeres von Augustus bis Diokletian (= Epigraphische Studien 1. Beihefte der Bonner Jahrbücher 18). Böhlau, Köln 1967, S. 101.
  20. CIL 8, 11048. Die Lesung und Ergänzung der letzten beiden Zeilen ist sehr unsicher. Die Datierung erfolgt aufgrund der Titulatur des Commodus. Vergleiche: Gerhild Klose, Annette Nünnerich-Asmus (Hrsg.): Grenzen des römischen Imperiums, Zabern, Mainz 2006, ISBN 978-3-8053-3429-7, S. 65.
  21. Alfred Merlin: Le fortin de Bezereos sur le limes tripolitain. In: Comptes-rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 1921, S. 236–248; hier: S. 244.
  22. Louis Poinssot: Sur une maison romaine de Bezereos. In: Bulletin archéologique du comité des travaux historiques et scientifiques 1938–1940, S. 259.

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