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Rationalismus und Politisches Handeln (Helmut Schmidt)

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Kritischer Rationalismus und Politisches Handeln ist ein Aufsatz von Helmut Schmidt. Er erschien u.a. als Nachwort in Karl Poppers 1973 erschienenem Buch Objektive Erkenntnis / Ein evolutionärer Entwurf.


Schmidt geht es mit ausdrücklichem Bezug auf Popper darum wie dessen Theorie des Kritischen Rationalimus in konkretes und zielführendes politisches Handeln umgesetzt werden kann. Er empfiehlt dem Politiker bei der Gestaltung des sozialen Wandels eine schrittweise und jeweils überprüfbare „Stückwerk-Sozialtechnik“ anstatt den häufig auch ideologisch geprägten großen Wurfes in einem Schritt, welcher häufig zu unbeabsichtigen äußerst negativen Folgen und Nebenwirkungen führen kann. Er schreibt dazu mit Bezug auf die Umweltgestaltung und den Umweltschutz:

„Es sei gesagt, dass es die große Reform, den einzig-großen Wurf nicht gibt. Auch in ganz anderen gesellschaftlichen Systemen sind die Probleme der an der Lebensqualität zu messenden Gestaltung von Städten und ländlichen Räumen äußerst komplex. Hieran zu arbeiten, bedeutet deshalb: systematisch und schrittweise viele einzelne Gesetze und Vorschriften zu ändern; Einzelprobleme anzupacken und zu lösen, die Veränderung eben Stück für Stück in konkreten Reformschritten herbeizuführen (piecemeal social engineering - wie Karl Popper sagt.“ [1]

Die „systemverändernde Reform in einem einzigen Schritt“ dagegen hält Schmidt weder für wünschenswert noch in einer Demokratie machbar. Die Risiken des Fehlschlags einer plötzlichen systemverändernden Reform und deren negative Auswirkungen für Millionen von Menschen werde dabei nicht kalkuliert und könne auch nicht begrenzt werden. Hier sieht Schmidt auch die Gefahr, dass die der Großen Reform häufig zugrunde liegenden Utopien in Totalitarismus umschlagen können:

„Totale Utopien können zur totalitären Gewaltanwendung verleiten. Offene, d.h. demokratische Gesellschaften (oder modisch: pluralistische Gesellschaften) sind mit den politischen Maximen einer totalen Utopie oder Handlungsanweisung zur Verwirklichung eines total anderen gesellschaftlichen Systems nicht vereinbar. Eine demokratische, eine offene Gesellschaft pervertiert nur zu leicht zu geschlossenen, totalitären Staat, wenn zugunsten eines abstrakten Ideals die Pluralität der politischen Zielsetzungen selbst aufgegeben wird. Wenn man unseren Staat davor bewahren will, so bleibt der Politiker angewiesen auf eine dergestalt schrittweise Veränderung, daß jedem einzelnen Schritt ein dafür ausreichender Konsensus (und das heißt: Kompromiß!) vorausgeht. Nur dies kann der Demokrat eine rationale Politik nennen.“ [2]

Nach Schmidt führt dies Konsens- und Kompromißgebot demokratischer Verfassungen in der Praxis zu einem Verlust an Stringenz und Konsequenz des politischen Handelns. Dieser kann umso kleiner gehalten werden, je begrenzter und konkreter der jeweils zu beschließende Schritt gehalten ist, d.h. je deutlicher die zu erwartenden Wirkungen und Nebenwirkungen, Vor- und Nachteile, Begünstigungen und Benachteiligungen im Vorfeld erkennbar sind. Die bei vielen Menschen, und insbesondere ideologisch orientierten Gruppen wie den Marxisten zu beobachtende Neigung zur Freund-Feind-Kategorisierung und zum totalen Alternativdenken führt häufig zu einer Ablehung des genannten piecemeal social engineering. So werden schrittweise, an dem jeweils Möglichen orientierte Reformen häufig als Pragmatismus denunziert. Schmidt geht dann im Folgenden auf Immanuel Kant und dessen Verhältnis zwischen pragmatischer Vernunft und sittlicher Pflicht ein. Nach Kant dürfe der pragmatisch handelnde Politiker nicht das Sittengesetz, also Kants kategorischen Imperativ, verletzen. Die pragmatischen Prinzipien der allgemeinen Wohlfahrt müssten in Übereinstimmung mit den Geboten der Moral angewandt werden. Sittenlehre und Ethik können in der Politik aber nie eine sachliche Analyse ersetzen. Schmidt schreibt zum Thema sachlicher und rationaler Analyse:


  1. Karl R. Popper: Objektive Erkenntnis / Ein evolutionärer Entwurf, Hoffman & Campe, Hamburg, 1973, Seite 434 und 435
  2. Karl R. Popper: Objektive Erkenntnis / Ein evolutionärer Entwurf, Hoffman & Campe, Hamburg, 1973, Seite 435