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Klassisch Gendern

Aus PlusPedia
Version vom 15. August 2023, 16:19 Uhr von 2clap (Diskussion | Beiträge) (Link auf "Gendern 2.0")
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Klassisches Gendern bzw. "rich-Gendern" ist eine Genderform der deutschen Sprache, die eine hohe Gendergerechtigkeit mit einer guten Sprechbarkeit verbindet.

Es gehört zu den Genderformen, die die alten Kurzbegriffe als Oberbegriffe bewahren (Gendern 2.0). Damit unterscheidet es sich sowohl vom binären Gendern, das die Oberbegriffe völlig aus der Sprache verbannt, als auch vom Gap-Gendern, das neue, komplizierte Oberbegriffe wie Bürger*innenmeister*innen etablieren will.

Kennzeichen

Das klassische Gendern erreicht die Gendergerechtigkeit, indem die Männer, analog zu den Frauen, eine eigene Endung bekommen.

Dadurch wird die Doppeldeutigkeit der Kurzbegriffe (Leser, Sänger, Student) aufgelöst. Sie werden wieder zu den Oberbegriffen, die sie vor dem binären Gendern - wenigstens teilweise - waren.

Die "neuen" Begriffe für männliche Gruppen beruhen auf der uralten Endung "rich" und werden genau wie die für Frauen auf gleiche Art von den kurzen Oberbegriffen abgeleitet. Statt der weiblichen Endung "-in" bzw "-innen" wird ein "-ich" bzw "-iche" angehängt.

Beispiele:

  • "Leser" sind alle, die lesen. Weibliche Leser sind "Leserinnen", männliche Leser sind "Leseriche".
  • "Ein Sänger" ist jemand, der singt; egal welches Geschlecht er hat. Ein weiblicher Sänger ist eine Sängerin, ein männlicher ein Sängerich.
  • Studenten sind alle, die studieren: Studentinnen, Studentiche und die vom dritten Geschlecht.

Weil es in der Alltagssprache fast immer um gemischten Gruppen geht, werden beim Klassischen Gendern in den meisten Fällen die kurzen Oberbegriffe verwendet. Die Sprache wird wieder einfacher, kürzer und klarer.

Sexualisierende Endungen werden nur dann verwendet, wenn absichtlich ein bestimmtes Geschlecht benannt werden soll.

Historische Entwicklung

Die "-rich"-Endung zur Kennzeichnung des männlichen Geschlechts ist schon seit vielen Jahrhunderten ein Bestandteil der deutschen Sprache:

  • In Johann Friedrich Schillers "Bürgschaft" von 1798 heißt es: "Was wolltest du mit dem Dolche, sprich! Entgegnet ihm finster der Wütherich." [1]
  • Im von Heinrich Hoffmann 1844 geschriebenen "Struwwelpeter" heißt es in der Geschichte vom bösen Friederich: Der Friederich, der Friederich, das war ein arger Wüterich. [2]
  • Belege für die Ursprünge des Wortes Wüterich gehen zurück ins 9. Jahrhundert. [3]
  • Weitere Belege für die Verwendung der alten Endung "rich" für das männliche Geschlecht finden sich in Elferich, Zwergerich, Alberich, Gänserich, Enterich usw..

In ihrem Buch "Das Deutsche als Männersprache"[4] erwähnt die Linguistin Luise F. Pusch 1984 die "-rich"-Endung als Möglichkeit für eine übergreifende Kennzeichnung von männlichen Gruppen. Im Aufsatz "Der Piloterich" beschreibt sie die Ungerechtigkeit, die sich durch die Ableitung der weiblichen Begriffe aus den männlichen ergibt. Zur Verdeutlichung vertauscht sie dazu die Geschlechter und leitet aus einer weiblichen Grundform die männliche Form ab: die Pilot und der Piloterich. Diese Wortschöpfung wurde allerdings nicht als Vorschlag zur Ergänzung der deutschen Sprache vorgestellt, sondern sollte per Überspitzung die Ungerechtigkeit verdeutlichen, die sich aus der Unterordnung der weiblichen Formen unter die männlichen ergibt.

Die "-rich"-Form als Endung für männlichen Gruppen tatsächlich übergreifend zu etablieren wurde im August 2022 von Bernhard Thiery et al. in der Petition "Klassisch Gendern - Reden wie früher, mit einem kleinen Unterschied" [5] vorgeschlagen

Vorteile

Oberbegriff Untergruppe Untergruppe
Standard und klassisches Gendern
Wolken Schäfchenwolken Dampfwolken
Bürger Staatsbürger Wutbürger
Cloud Thundercloud Digital cloud
Leser Leserich Leserin
binäres Gendern
----- Leser Leserin
Gap-Gendern, zum Beispiel mit *
Leser*in Leser Leserin
  • Das klassische Gendern taucht nur sehr selten in der Sprache auf, denn es gendert nur dort, wo es wirklich um Geschlechter geht, und nicht immer schon bei Gruppen ohne Geschlechtsbezug. Da aber die Geschlechter meistens keine Rolle spielen, genügt grundsätzlich die elegante Kurzform (z.B Leser). Bei den aktuellen Genderformen werden auch in diesen Fällen ohne Geschlechtsbezug immer die sexualisierten Begriffe genannt (Leser und Leserinnen, oder Leser*innen).
  • Es ist ein Kompromiss in einem massiven Streit und kann die beiden gegnerischen Lager zusammen führen.
  • Es fügt sich sehr gut in die deutsche Sprache ein, denn die alte Form für Männer ist seit über 1000 Jahren Bestandteil der deutschen Sprache.
  • Es gibt keinen harten Bruch in der Sprache, der die bisherige Literatur entfremdet oder ihre Umschreibung nach sich zieht.
  • Originalgetreue, verständliche Übersetzungen aus Sprachen mit einfachen Oberbegriffen werden wieder möglich.
  • Die Sprache der Menschen, die nicht gendern können bzw. wollen und derjenigen, die durch eine gendergerechte Sprache die Geschlechtergerechtigkeit voranbringen wollen, bleiben sehr ähnlich und in beide Richtungen nicht kompromittierend. Die Gefahr eines sozialen Backlashs[6] wird damit ausgeschlossen.
  • Das klassische Gendern ist nicht diskriminierend. Im Gegensatz zum binären Gendern, wo Menschen des dritten Geschlechts nicht mit genannt werden, und den Gendergap-Sprechformen, wo den Menschen mit einfacher Sprachfähigkeit eine weitere Hürde beim Mitreden in den Weg gelegt wird.
  • Die an den modernen Genderformen häufig kritisierte Sexualisierung der Sprache bzw. der damit verbundene Sexismusvorwurf findet beim klassischen Gendern mit seinen kurzen Oberbegriffen ohne geschlechtliche Konnotation nicht statt.[7]
  • Durch die kurzen Oberbegriffe und auf die gleiche Art abgeleitete Unterbegriffe erhält die Sprache wieder die logische Grundstruktur, die in der deutschen und praktisch allen Sprachen Standard ist (siehe Tabelle). Daraus ergibt sich eine einfachere Lern- und Sprechbarkeit, was Menschen mit eingeschränkter Literalität und Menschen, die die deutsche Sprache erlernen wollen, entgegen kommt.
  • Die Männer haben nicht mehr den ungerechten Vorteil, die elegante Kurzform zu besitzen.
  • Die Frauen müssen sich nicht mehr mit einer von der "männlichen" Form abgeleiteten Endung begnügen. Statt dessen wird die männliche Form auf die gleiche Art vom gemeinsamen Oberbegriff abgeleitet, und orientiert sich im Zweifelsfall an der weiblichen.
  • Weitere Formen für weitere Geschlechter können auf analoge Art vom kurzen Oberbegriff abgeleitet werden. So könnte z.B. die Endung "-ix" für die Gruppe der non-binären Menschen stehen, da das "x" - ähnlich wie der Genderstern * mit den vielen Richtungen seiner Arme - für die Vielfalt in dieser Gruppe steht. Die Gendergap-Sprachformen bieten diese Möglichkeit nicht. Dort haben non-binäre Menschen keine eigene Endung. Sie können nur indirekt mit dem neuen Oberbegriff, z.B. Leser*in angesprochen werden. Wodurch auf die gleiche Art Missverständnisse passieren, wie es bei der alten Sprache mit der Doppeldeutigkeit der Kurzbegriffe (Leser) passiert ist.

Nachteile

  • Beim Klassischen Gendern wird der deutschen Sprache eine neue Endung für Männer hinzugefügt.
  • Viele tun sich mit der Verwendung der Kurzbegriffe ausschließlich als Oberbegriffe, also nicht für rein männliche Gruppen, schwer. Dabei geht es weniger um Männer, die "ihre" Kurzform abgeben müssen, sondern vor allem um Menschen, die die Logik des binären Genderns verinnerlicht haben:
    • Menschen, die sich schon länger per binärem Gendern für eine höhere Geschlechtergerechtigkeit einsetzen.
    • häufig jüngere Menschen, die erst nach den Beschlüssen und Gerichtsurteilen in den 90'er Jahren ihre Schulzeit erlebten.
  • Das klassische Gendern taucht bei der Verwendung im Alltag so selten auf, dass es sich nicht dazu eignet, durch diese Änderung der Sprache auf Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen bzw. Korrekturen einzufordern.

Klassisches Gendern in der Praxis

Praktische Versuche zeigen, dass sich das klassische Gendern ohne Brüche und auf eine unspektakuläre Art in die alltägliche Sprache integriert:

  • Die neue bzw. uralte Form für männliche Gruppen taucht praktisch nie auf. Was offensichtlich daran liegt, dass es bei der Nennung von Menschengruppen praktisch immer um die Gemeinschaft aller geht. Selbst wenn es um Fußballspieler einer Herrenmannschaft geht, wird immer noch von Fußballspielern und nicht von Fußballspielerichen gesprochen; der Oberbegriff passt auch hier. Von einem Fußballerich würde nur dann gesprochen, wenn sein männlich-Sein betont werden soll.
  • Wenn die "-rich"-Form auftaucht, wird sie sofort verstanden und löst keine Empörung, sondern eher ein Schmunzeln aus ("Der Ronaldo, was für ein Sportlerich")
  • Eine größere Umstellung ergibt sich bei der weiblichen Form. Vor allem für Menschen, die das binäre Gendern verinnerlicht haben und die weibliche Form auch dann verwenden, wenn es nicht um das Geschlecht geht. Wenn zum Beispiel Amanda Goremans "Where a skinny Black girl ... can dream of becoming president" übersetzt wird mit "In der ein dünnes schwarzes Mädchen... davon träumen kann, Präsidentin zu werden", dann widerspricht dies dem klassischen Gendern. Denn sie redet davon, in einer Reihe mit allen Präsidenten, egal welchen Geschlechts, zu stehen. Beim Klassischen Gendern würde also übersetzt, dass sie davon träumt, Präsident zu werden. In solchen Situationen ergibt sich für viele, die das binäre Gendern bereits verinnerlicht haben, die größte Hürde beim klassischen Gendern.
  • Bei Konversationen fällt auf, dass es nicht zu kompromittierenden Situationen kommt. Jemand, der klassisch gendert, spricht die selbe Sprache und praktisch die selben Worte wie jemand, der nicht gendert. Und auch wie jemand, der binär gendert.
  • Senioren und Menschen mit einfachem Sprachgebrauch erzeugen mit ihrer "alten" Sprache bei klassisch gendernden Menschen nicht das Gefühl, dass sie anders oder sogar ungerecht reden.

Zusammenfassend: das Klassische Gendern fällt entweder bei Alltagsgesprächen nicht auf, oder es löst, wenn es auffällt, beim Gegenüber keine Irritationen aus. Zum Beispiel fällt bei längeren Gesprächen auf, dass ein klassisch gendernder Gesprächspartner nur selten die weibliche Form nutzt. Wo eine binär gendernde Frau sagt, sie ist "Abteilungsleiterin", sagt eine klassisch gendernde Frau "Ich bin Abteilungsleiter", und drückt damit aus, dass sie nicht "nur" eine von vielen Frauen mit Leitungsfunktion ist, sondern eine von vielen Menschen mit dieser Funktion. (vgl. das Beispiel mit Amanda Goreman's Gedicht)

Die größte Herausforderung bei der alltäglichen Nutzung des klassischen Genderns ist es offensichtlich weniger, die neue männliche Form anzuwenden, sondern die weibliche Form ähnlich oft, bzw. besser gesagt ähnlich selten zu gebrauchen wie die männliche. Sie also nur dann zu nutzen, wenn der weibliche Aspekt betont werden soll.

Rolle des Generischen Maskulinums und der Zeit

Beim Klassischen Gendern bleiben die grammatischen Geschlechter zunächst wie sie sind. Wörter mit generischem Maskulinum behalten den männlichen Artikel (der Hörer, der Arzt), Wörter mit generischem Femininum behalten ihren weiblichen Artikel (die Person, die Geisel), Wörter mit generischem Neutrum behalten ihren sächlichen Artikel (das Kind, das Mitglied).

Beim Klassischen Gendern wird davon ausgegangen, dass es Jahrzehnte dauern wird, bis es sich zeigt, ob die Einrichtung einer eigenen Endung für die Männer und die Rückgewinnung der Kurzformen als Oberbegriff ausgereicht hat, um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen. Erst dann kann festgestellt werden, ob das generische Maskulinum wirklich so störend ist, wie viele vermuten, und gleichzeitig viele bezweifeln [8].

Daher sollte unsere Sprachgemeinschaft erst nach der Etablierung der kurzen Oberbegriffe und der Endung für Männer feststellen, ob generisches Maskulinum und generisches Femininum "neutralisiert werden" sollten. Also in Zukunft, ähnlich wie beim Entgendern nach Phettberg [9] "das Lehrer" und "das Person" statt "der Lehrer" und "die Person" gesagt wird.

Öffentliche Erwähnungen des Klassischen Genderns

Links und Quellen

Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Klassisch Gendern) vermutlich nicht.