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Oshtoran-Syndrom
Das Oshtoran-Syndrom (auch PANS-H63D-Multisystemic Instability Syndrome)[1] ist eine sehr seltene Multiorganerkrankung, die durch ihre Verwendung in der Popkultur zu Bekanntheit gelangte.[2]. Die Erkrankung greift vor allem das Gehirn und das Nervensystem bei variabler Beteiligung anderer Organfunktionen an.[3] Das Syndrom wurde nach der Herkunftsregion (Berg Oshtoran) der ersten bekannten Patientin ("Patient Zero") benannt.[4][5][6] Sie geht in erster Linie mit neurologischen Symptomen, Störungen des Fettstoffwechsels und Veränderungen an der Leber einher, die sich aus einer Fehlfunktion des inerten Immunsystems ergeben.[7][8]
Symptome und Verlauf
Ähnlich wie andere Multiorgansyndrome auch, imponiert das Oshtoran-Syndrom mit einer Vielzahl von Symptomen, die nicht bei jedem Patienten gleich stark ausgeprägt sein müssen. Dazu zählen:[9]
- Hirnorganisch bedingte Verhaltensänderungen
- Denkstörungen (inhaltliche wie auch formale)
- Dysautonomien
- Bewegungsstörungen
- Wahrnehmungsstörungen
- Kognitive Einbußen
- Fettstoffwechselstörungen
- Hyperplastisch-noduläre Veränderungen der Leber
- Fehlfunktionen der Nebennieren (s. nächster Punkt)
- Adrenalinschübe bei normwertigen sonstigen Katecholaminen
- Beschleunigte Wundheilung
- Atypische allergische Reaktionen
- Atypische Hautreaktionen
- Transportstörungen in Fettstoffwechsel und Cholesterinhaushalt
- REM-Schlaf-Störungen
- Neurogene urologische Probleme
- Verminderung bzw. Verlust des Geruchssinns
- Schwerhörigkeit
- Überschießende Immunreaktionen
- etc.
Untersuchungen und Testergebnisse
Typischerweise zeigen sich bei Oshtoran-Patienten untenstehende Auffälligkeiten, wobei nicht alle Patienten die gesamte Liste an diagnostischen Merkmalen aufweisen. Zwingend für das Vorliegen des Syndroms ist die Kombination neuropsychiatrischer Symptome mit spezifischen Leberanomalien.
- Blut- und Urintests: Eosinophile↑, Basophile↑, Transferrin ↓, TNF-alpha ↑, Bilirubin ↑, Adrenalin ↑, Noradrenalin ↑, Katecholamine gesamt ↑, Kynurenin(säure) ↑, Stoffwechselprodukte des Kynurenins ↑, Kynurenin-Tryptophan-Ratio ↑)
- Bildgebung: Fettige Veränderungen der Leber (auch bei schlankeren Patienten), noduläre Hyperplasie(n) der Leber.
- Neurologie: Parkinsonähnliche Symptome, Tics, Hypervigilanz, Selbstverletzungen durch REM-Schlafstörungen und/oder Tics, Tremor, Verlust des Geruchssinns, Schlafstörungen, kognitive Einbußen unterschiedlichen Ausmaßes.
- Psychiatrie: Denkstörungen, Obsessionen, Zwangssymptome, etc.
- HNO: Schwerhörigkeit (selten)
- Dermatologie (intermittierend): Atypische allergische Reaktionen, Hautreaktionen mit ungewöhnlichem klinischen Bild aufgrund von überschießenden Immunreaktionen.
- Innere Medizin: Steatose der Leber, noduläre Hyperplasie(n), Bluthochdruck, Herzstolpern, überschießende Immunreaktionen, etc.
- Endokrinologie: Dysautonomien
- Fehldiagnosen: Die gefährlichste Fehldiagnose ist eine Psychologisierung aufgrund der psychiatrischen Symptome.
Entdeckung und Ursachen
Das Oshtoran-Syndrom wurde erstmals bei einer aus dem Zagrosgebirge stammenden Patientin und ihren Nachfahren beobachtet.[10][11][12] Erste Forschungen im Iran (Arbeitsgruppe Madjid und Hamed Zafarian) sowie ein Zufallsfund im Kontext anderweitiger Forschungen in Rehovot/Israel[13] legen einen dominanten Erbgang mit inkompletter Penetration nahe. Dies bedeutet, jeder Nachfahre der "Patientin Null" erbt die Anlage zur Erkrankung, diese bricht jedoch nicht bei jedem zwangsläufig aus. Hierbei spielen offenbar weitere Erbanlagen und Umweltfaktoren eine Rolle, wie dies von ähnlichen Symptomkonstellationen bereits bekannt ist.[14][15]
Zugrunde liegt nach dem inkompletten Stand der Forschung (2016) vermutlich eine Überaktivität des inerten Immunsystems, welche wiederum zu einer Störung des Kynureninstoffwechsels führt, was letztendlich die meisten der Symptome erklärt. Immunologische Störungen des Kynureninstoffwechsels sind meistens über einen einfachen Regelkreis begründet. Dabei wird durch das Einwirken von Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO) und Tryptophan-2,3-Dioxygenase (TDO) auf die Enzyme des Kynureninstoffwechsels dessen Steuerung verändert. Abnormale Abläufe des Kynureninstoffwechsels sind beim Menschen von verschiedenen Krankheiten bekannt.[16][17][18][19][20][21] Erkrankungen mit Abweichungen im Kynureninstoffwechsel sind zahlreich bekannt und besitzen beim Menschen auch unabhängig vom spezifischen Oshtoran-Syndrom eine klinische Relevanz, die im klinischen Alltag meist unterschätzt wird.[22][23][24][25][26][27][26] Typischerweise kommt es aufgrund Zytokin-Induktion|induzierter Veränderungen im Tryptophan/Kynurenin-Stoffwechsel[28] zu einer Anhäufung jenes Stoffwechselprodukts, das im vorangegangenen Stoffwechselschritt erzeugt wurde und dem defekten bzw. dysregulierten Enzym eigentlich als Substrat dienen sollte. Je nach betroffenem Enzym sammeln sich somit jeweils andere Stoffwechselprodukte an.[29] Von besonderer Bedeutung ist eine Akkumulation von Xanthurensäure, Chinolinsäure, Kynurenin, Kynureninsäure und Anthranilsäure.[30][31][17] Eine verminderte enzymatische Aktivität der Kynurenin-3-Monooxygenase (KMO-Mangel) sorgt für eine Anhäufung von Kynurenin und einer Verschiebung des Tryptophanstoffwechsels hin zu Kynurensäure, Anthranilsäure und deren weiteren Stoffwechselprodukten.[32][33] Eine Folge der Dysregulation des Tryptophan-Kynureninstoffwechsels ist die vermehrte Bildung von Kynureninsäure, die wiederum eine Inhibition der Glutamat- und Dopaminfreisetzung im synaptischen Spalt zur Folge hat.[34][35][36][16][18][25]
Verbreitung und Therapie
Genaue Erhebungen über die Häufigkeit des Oshtoran-Syndroms liegen bisher nicht vor. Das Syndrom gilt als selten. Auch eine ursächliche Behandlung des zugrundeliegenden Pathomechanismus des Syndroms steht derzeit nicht zur Verfügung.
Kynurenin/Tryptophan-Ratio (Quotient)
Abweichungen des Kynureninstoffwechsels (Kynurenin/Tryptophan-Quotient) sind beim Oshtoran-Syndrom, ebenso wie bei zahlreichen weiteren Erkrankungen unter Beteiligung des Immunsystems beschrieben[37] und bei neuropsychiatrischen und anderen schweren Systemerkrankungen Erkrankungen seit langer Zeit bekannt. Sie gelten als Indikator für eine Aktivierung des inerten Immunsystems.[38][39] Die Kynurenin/Tryptophan-Ratio hat sich somit als relativ verlässlicher Marker für die Aktivität der Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO) etabliert.[40] Auch das Maß an freiem Neopterin im Serum hat einen Bezug zum Kynureninstoffwechsel.[41]
Einzelnachweise
- ↑ Medizinlexikon (deutsch) ohne Erwähnung Bekanntheit in der Popkultur
- ↑ Akademisches Paper zur Verwendung der Erkrankung in der Popkultur doi.org/10.5281/zenodo.7109840
- ↑ Forschergruppe
- ↑ http://www.research.ac.ir/ Research Center
- ↑ Department of Medical Genetics, Faculty of Medicine, Tabriz University of Medical Sciences, Iran
- ↑ Genetics Research Center at the University of Social Welfare and Rehabilitation Sciences in Tehran (Iran)
- ↑ Hunt, Too, Khaw u.a., The kynurenine pathway and parasitic infections that affect CNS function. Neuropharmacology. 2016 Feb 26
- ↑ Laboratório de Neuroquímica e Biologia Celular, Instituto de Ciências da Saúde, Universidade Federal da Bahia, Salvador, Brazil: The kynurenine pathway in the pathogenesis of Parkinson's disease. Unpublished data. Costa, S. 2016
- ↑ The Clinical Features of the Oshtoran-Syndrome (Preliminary Findings)
- ↑ Zafarian: Oshtoran Syndrome: A rare heritable disorder. Google Books, 2016
- ↑ Discussion panel at the Ministry of Health and Medical Education of the Islamic Republic of Iran and the Shahid Beheshti University of Medical Sciences, Tehran in cooperation with the Razi Herbal Medicines Research Center, University of Medical Sciences, Khoramabad, Lorestan. Based on: Bahram Delfan, Kourosh Saki, Mahmoud Bahmani, Nader Rangsaz, Mohammad Delfan, Nima Mohseni, Hedayatollah Shirzad, Zahra Babaeian: A study on anti-diabetic and anti-hypertension herbs used in Lorestan province, Iran. J HerbMed Pharmacol. 2014; 3(2): 71-76
- ↑ Britannica/Zagros
- ↑ Britannica/Rehovot
- ↑ Kwidzinski, Erik: Beteiligung der Indolamin 2,3-Dioxygenase (IDO) an Immunregulation des zentralen Nervensystems; Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin, Medizinische Fakultät - Universitätsklinikum Charité , publiziert am 13. Februar 2006
- ↑ Walter Siegenthaler: Klinische Pathophysiologie. Georg Thieme Verlag, 2006.
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