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Diskussion:Manfred Dott (Langfassung): Unterschied zwischen den Versionen

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Gerhard kemme (Diskussion | Beiträge)
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:Werd' noch einmal mit den Admins und anderen Benutzern Rücksprache nehmen, wie deine detailliertere Biografie am besten veröffentlicht werden kann.--[[Benutzer:Gerhard kemme|Gerhard kemme]] 18:42, 4. Nov. 2010 (CET)
:Werd' noch einmal mit den Admins und anderen Benutzern Rücksprache nehmen, wie deine detailliertere Biografie am besten veröffentlicht werden kann.--[[Benutzer:Gerhard kemme|Gerhard kemme]] 18:42, 4. Nov. 2010 (CET)
M. Dott an G. kemme,
Danke. Schreibe mit Works, ohne vernünftiges Rechtschreibprogramm. Beim lesen, ohne zu formulieren, fällt mir auf, dass dringend ein Rechtschreib abgleich erforderlich ist. Bis dann

Version vom 4. November 2010, 22:10 Uhr

Was ist das eigentlich hier - ein Artikel zweifelsohne nicht - nach Änderungen letztlich ein Textfragment ohne irgendwelche Hinweise und Erläuterungen für die Leser. Vielleicht wäre es möglich, den üblichen Rahmen zu schaffen und die Kapitel dann auch entsprechend der bei Wikis üblichen Gliederungsform zu notieren.--Gerhard kemme 20:28, 26. Okt. 2010 (CEST)

Wenn's recht ist, versuche ich etwas Struktur reinzubringen, was einige Tage Zeit erfordern kann.--Gerhard kemme 20:59, 26. Okt. 2010 (CEST)
Es sind noch einige Arbeitsgänge erforderlich - werde auch das Inhaltliche noch überprüfen und eventuelle Zusammenfassungen vornehmen. Sollten Wünsche bestehen, etwas sehr schnell zu editieren, wäre wie immer eine Notiz auf dieser Disk-Seite vorteilhaft.--Gerhard kemme 20:55, 27. Okt. 2010 (CEST)
Könnte man nach Manfred Dott verschieben, oder? Ist doch eine Biographie, wenn ich das richtig sehe? Aber ich lass Dir gern den vortritt. Gruss Mutter Erde 21:45, 27. Okt. 2010 (CEST)

Manfred Dott, Sts. a. D. Guten Tag, Herr Gerhard kemme. Sie fragen zu meinem Offenen Brief, der ein Teil meiner Biografie ist und der dankenswerter Weise von Plus Pedia ins Web gestellt wurde. was das dann sei. Plus Pedia hat den Wert des Berichtes erkannt und Ihnen möchte ich versuchen das zu erklären, wenn Sie das überhaupt verstehen wollen. Wenn nicht, ist das eh ohne Sinn. Aber von Anfang an:. Das, was bisher von Plus Pedia veröffentlicht ist, stellt nur ein Teil der vorläufigen autobiografischen Aufzeichnung dar, an der ständig weiter gearbeitet wird. Plus Pedia hat mir mitgeteilt, dass um keine Serverprobleme zu bekommen, ein gewisser Umfang nicht überschritten werden sollte. Somit sind vor allem die Absätze 10 bis 20 gekürzt. Gern würde ich alle Begebenheiten im Net veröffentlichen. Zum Beispiel unsere Beratung (meine Frau und ich) nach dem 19. DDR- Ausreiseantrag, der den Widerstand in Vorbereitung der Systemwende und der Deutschen Einheit mit einleitete. Das mündete für mich in der Regierung der 10. Volkskammer. Wenn Sie, Herr kemme, geschrieben hätten, dass Ihnen die Rechtschreibung nicht gefällt und dass Sie sehen, dass hier jemand versucht wichtige Wahrheiten zu berichten, der das noch nie gemacht hat, dann würde ich Ihnen zustimmen. Beim Berichten durchlebe ich schwierige Situationen noch einmal und das ist mitunter schwer. Aber das Ganze ist zu wichtig und sollte nicht verschwiegen werden, was sich gewisse Seilschaften sehnlichst wünschen, die gerne die Geschichte umschreiben würden. Gruß. Manfred Dott Altenbrak

Es war nur eine "Sachbearbeiter"-Frage an die anderen ständigen Autoren und Admins - wie dein Text gehandhabt werden soll. Da bei so einem Wiki-Board eine bestimmte Form üblich ist, wurde der Text-Auszug aus deiner Biographie in einen Artikel zu deiner Person eingefügt. Der Text hat einen großen Wert für das Verständnis der Geschehnisse bei der Wende und ist es ohne Einschränkung wert, veröffentlicht zu werden. Vielleicht könntest du deine Homepage noch weiter ausbauen, so dass die vielen Zusatzinformationen, die im Artikel nicht mehr Platz finden, publiziert werden können.--Gerhard kemme 18:15, 3. Nov. 2010 (CET)

Arbeitsmaterial für Herrn G. kemme.

Manfred Dott Altenbrak, eMail: mdott40@aol.com 04. 11. 10

An Herrn kemme Plus Pedia

Sehr geehrter Herr kemme, Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie folgendes Material benutzen,- aber es nicht in der Diskussion belassen würden. Es ist der fast neueste Stand der Aufzeichnungen. Wie ich Ihnen das sons übermitteln kann, weis ich nicht. Daher versuche ich das mal jetzt so.


   Via DDR,  bin dann mal fort
         Manfred Dott, ein Wendezeitzeuge, erzählt sein Leben.

1. Kindheitserlebnisse

2. Aufbegehren

3. Die Besinnung beginnt

4. Wilde Ost- Studienzeit

5. Die Überzeugung ändert sich

6. Gefangenschaft im Aufnahmelager

7. Persönliches Glück

8. Kampf um Ausreise

9. Das Verhör

10. Der Anschlag

11. Das Angebot

12. Kommilitonenbespitzelung

13. DDR-Kirche stützt Umbruch

14. Staatsführung zieht letzte Register

15. Die Montagsdemos

16. Das Neue Forum

17. Anbiederung

18 . Die 10. Volkskammer

19. Nach dem Tag der Einheit

20. Es ist erreicht

MANFRED DOTT Alte Straße 5 06502 Thale OT Altenbrak geb. 1940 in Koblenz Via DDR Bin dann mal fort


                                                   1.Kindheitserlebnisse


Koblenz: 1942 und 1943 - der Vater an der Ostfront. Bomben schlugen nahe unseres Hauses ein. Ein Riesenknall und die Kirche zwischen unserem Wohnhaus und der Rohrerhof-Schule in Koblenz-Metternich war ein Trümmerhaufen. Wir mussten also weg, aus dieser Gefahrenzone heraus. Wir wurden einem Bauernhof in Kleinurleben, einem kleinen Dorf in Thüringen in der Nähe von Bad Tennstedt zugeteilt, um das, wie die Kriegsplaner dachten, sich die Bomberverbände nicht kümmern würden, solange die Großstädte noch teilweise stehen.

Mit der Mutter und Familie 1943 wurden wir also von Koblenz ostwärts nach Thüringen evakuiert. Als dreijähriger kann ich mich noch Bruchstückhaft an ein Gespräch meiner Mutter mit einem Mann in Naziuniform erinnern. Dieser Mann sagte zur Mutter: wollen Sie sich wirklich mit den drei Kindern in der Evakuierung abmühen. Wir könnten Ihnen den Kleinen da abnehmen. Ihre Mädchen können ja schon mit anpacken. Die Evakuierung wird Ihnen dann nicht so schwer. Meine Mutter sagte, nein, den einzigen Namensstammhalter der ganzen Familie Dott, den kleinen Manfred nehme ich mit. Hier hatte ich wohl das erste mal im Leben Glück und ich durfte weiter leben. Die Vorsehung war mit mir noch nicht fertig. Nach abenteuerlicher Reise kamen wir an unserem zugewiesenen Evakuierungsort an.

Wir wohnten dann also in dem Bauernhof der Familie Steukart, direkt an der Dorfhauptstraße in der ersten Etage, in einem einzigen Raum. Die Mutter, die beiden älteren Schwestern, blond und mit Leib und Seele in dem BDM, der Mädchenorganisation im Hitlerstaat, dessen Hauptaufgabe es sein sollte, die Reproduktion der Arierrasse in Deutschland sicher zu stellen . Da auch meine Schwestern noch sehr jung und ohne Weitblick waren und sonst für sie nichts los war, kann ich ihnen das nicht verdenken.

Eines Tages im Sommer hörte ich lautes Männergebrüll und leises Stöhnen und das Getrappel vieler Menschen. Schnell war ich am Fenster und sah heraus auf die Hauptstraße, ehe meine Mutter das mitbekam. Naiv fragte ich Mutter, „was das dann sei?“. Statt mir das zu erklären bekam ich Prügel mit den Worten, „bleib zukünftig vom Fenster weg“. Erst später, wieder in Koblenz zurück und nach 1945, sagte mir eine meiner Schwestern, dass das, was ich da gesehen hatte, wohl ein Todesmarsch von Juden, in das nahe Konzentrationslager Buchenwald war. Jedenfalls wurde durch diese Erlebnisse meine frühe Kindheit geprägt. Es war trotz der Gefahren ein kleines Abenteuer. Gut, dass ich noch nicht so tief und umfassend das ganze erfassen konnte.

Mit 5 Jahren wurde ich in die Schule geschickt, weil es zu Hause nichts zu Essen gab, durch die Schulspeisung kamen wir wenigstens satt nach Hause. Das ich dadurch beim Lernen am Anfang mehr Schwierigkeiten haben würde als andere Schüler, auf diese Idee kam niemand. Ich war kleiner als viele Schüler meiner Klasse und bekam auch ab und zu mal Prügel in einer Ecke, die die Lehrer der Pausenaufsicht nicht einsehen konnten.

Somit als Spätzünder verdammt, stellte ich auch einen Zusammenhang des Lernens für das folgende Leben erst später her. Zu Hause hing ich herum, machte manchen Unsinn und ärgerte meine Schwestern die fleißig für die Mittelschule lernten, da Mutter das Schulgeld nicht bezahlen konnte und die Schwestern mit einem sehr guten Notendurchschnitt für die Beitragsfreiheit kämpfen mussten.

Eine tolle Abwechslung waren die St. Georgspfadfinder, bei denen ich zehn Jahre Mitglied war. Vom Wölfling bis zum Ritter. Wir marschierten im Pfadfinderschritt (das ist abwechselndes Gehen und Laufen) im Gleichschritt und im Wanderschritt. Wir sangen dazu Lieder im Takt. Unter anderem: Glotz, Glotz, Glotz am Bein wie lang ist die Chaussee, rechts ne Pappel links ne Pappel in der Mitt` ein Pferdeapfel. Wir merkten dabei gar nicht, dass wir Strecken von vielen km gingen. Wir lernten Gitarre spielen und sangen die Heimat- und Wanderlieder herauf und herunter. Bei den Geländespielen wurden wir oft im Wald bei Nacht ausgesetzt und dort bis zum nächsten morgen belassen. Wir lernten so, dass man im Wald, wenn man sich versteckt und sich ruhig verhält, sicherer ist als im Häusermeer einer Stadt. Das ich so auch einmal im Dunkeln in einem Ameisenhaufen gelandet bin, ist mir bis heute in Erinnerung. Sehr oft haben wir Pfadfinder diese so genannten Geländespiele im Brexbachtal und zwischen der Burg Elz und der Burg Trutzelz durchgeführt. Dieser im Grunde vormilitäriche Drill, war vom Gründer, der Pfadfinder, dem Engländer Baden Powell wohl so beabsichtigt. Das erklärt die Geschichte diese Lords auf die ich hier nicht näher eingehen will. Das war aber so verpackt, dass es einen riesigen Spaß gemacht hat.

Je älter ich wurde, desto stärker wurde der Wunsch, richtige Abenteuer zu bestehen. Gerade Wegs steuerte ich auf die beinahe Katastrophe zu.

Meine Lehrzeit in Koblenz in der Clemensstraße 16 und meine Umschulung im elterlichen Baubetrieb, waren geprägt von der Praxis, meine Berufsziele mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen. Nie ganz verausgaben und immer eine Reserve behalten, waren meine Grundsätze. Dadurch hatte ich genügend Raum für meine Träume von der großen weiten Welt. Mein damaliger Freund wollte mit mir nach Kanada auswandern. Wir hatten unsere Papiere fertig und wollten los. Er fuhr und ich blieb da. Obwohl es mir an Mut nicht fehlte, hielt mich irgend etwas hier in Koblenz fest.

Neben diesen Eindrücken und dieser Lebenspraxis hatte ich schon damals einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.


                                                    2. Aufbegehren


1945/1946 wohnten wir wieder in einem Haus, das wir vor der Evakuierung verlassen hatten, in Koblenz Metternich Rohrerhof. Mittlerweile kam mein Vater aus der Gefangenschaft zurück. Er war auch von seinen Erlebnissen geprägt und transportierte einiges in die Familie. Als einziger Junge hörte ich ihm gerne zu, wenn er russische Lieder sang und dazu Mundharmonika spielte. Schließlich hatte er ja was erlebt und überlebt. Ich löcherte ihn mit Fragen, was die Russen in ihrem Staat denn so anders machen als wir. Mein Vater aus heutiger Sicht eher unpolitisch, wusste es auch nicht so richtig zu erklären, was meine Neugier noch mehr forcierte. Bis er dann sagte: „Wenn du es genau wissen willst, dann gehe zu einem Herrn Ewinger im Wahlsweg. Der ist Kommunist, der kann dir das am Besten erklären und nun lass’ mich in Ruhe.“ Ich ging also hin, zu dem Herrn im Wahlsweg, in Koblenz Metternich,schräg gegenüber der Apfelmosterei Edel. Auf dem Weg dorthin ging mir so einiges durch den Kopf. Ist das richtig was ich hier vor habe. In den Zeitungen, im Fernsehen und im Rundfunk, wir hatten noch einen Volksempfänger in der Küche stehen, mit einem Hakenkreuz drauf, wurde ständig auf der Sowjetunion und der Ostzone herum gedroschen. Es war alles schlecht, was von dort kam. Reicht es nicht, wenn sich mein Weltbild auf diesen Informationen begründet, das reicht anderen Menschen ja auch warum muss ausgerechnet ich tiefer in die Materie eindringen? Wenn aus mir etwas werden soll, dann muss ich Schluss machen mit dieser Neugier. Ich war so in Gedanken, dass ich erschrocken war als meine Tante aus der Rübenacher Straße mich ansprach. Du stolperst noch über deine eigene Füße wenn du wie Hans Guck in die Luft durch die Gegend läufst. Ich war aufgeregt. Es kroch etwas unheimliches in mir hoch. Ich spürte instinktiv, dass mein Leben eine grundlegende Wendung nehmen könnte, wenn ich jetzt weiter ging. Einen Moment blieb ich stehen. Soll ich mein Vorhaben nicht doch abbrechen und umkehren. Aber dann würde ich ja nie erfahren was ich so gerne wissen möchte. Und im Übrigen bei den St. Georgspfadfindern hatte ich gelernt, zu forschen und zu ergründen, was sich dort hauptsächlich auf die Pflanzen und Tierwelt bezog. Aber jetzt wurde es politisch. Das war neu. Was kann mir schon geschehen, wenn ich zu dem Kommunisten Ewinger gehe und ihn nach dem Kommunismus frage. Eigentlich nichts. Also ging ich weiter und hatte für mich entschieden diese Wissenslücke über Herrn Ewinger zu schließen. Es waren noch etwa 50 Meter bis zu dem Haus des Kommunisten. Es standen viele Autos vor dem Haus. Das konnte verschiedene Gründe haben, waren die alle bei dem Herrn Newinger im Haus? Ach was. Ein Ruck und ich drückte auf die Klingel. Herr Newinger kam an die Tür und fragte misstrauisch was ich denn wolle. Da fragte ich ihn einfach gerade heraus, wie sollte ich das auch anders verpacken, ob er mir mal Auskunft geben könne über den Kommunismus, über Russland und über die Ostzone. Er sah mich böse an und sagte das heißt nicht Ostzone, sondern DDR. Dann fragte er mich, weshalb ich denn mit dieser Frage ausgerechnet zu ihm komme. Ehrlich sagte ich ihm, dass mein Vater mir gesagt hatte, Herr Ewinger kenne mehr als er über Russland, den Kommunismus und über die Ostz „Entschuldigung die DDR„ sagte ich, das muss ich mir merken. Das kommt nicht wieder vor. Da er meinen Vater kannte, verflog sein Misstrauen etwas und er schickte mich weg mit dem Hinweis, ich solle am nächsten Tag zu ihm kommen, dann könne er sich Zeit nehmen und mir meine Fragen beantworten. Die KPD war schon einige Zeit verboten und nur illegal konnten sich die Genossen treffen. Aus einem Zimmer quoll Zigarettenrauch und Männer waren dort, die ich nur hören aber nicht sehen konnte. Nun konnte ich mir erklären weshalb so viele Autos vor dem Haus standen. Später als eine gewisse Vertrauensbasis zu Herrn Ewinger gewachsen war, erfuhr ich, dass ich in eine illegale KPD-Versammlung hineingeplatzt war. Später erfuhr ich dann auch, dass noch an diesem Abend dort beschlossen wurde, mich auf keinen Fall in die KPD aufzunehmen. Alle Genossen sollen mir gegenüber besonders vorsichtig sein. Mein Elternhaus sei zu bürgerlich . Alleine schon die primitive Fragestellung nach dem Kommunismus und der Ostzone war für die Genossen eine Beleidigung. Zu dieser Zeit wusste ich es nicht besser. Mein Vater hatte gerade bei der Handwerkskammer seine Baumeisterprüfung bestanden und hatte sich mit einem Baubetrieb selbständig gemacht. Vater hatte zwei Maurerteams zusammengestellt. Er hatte Maurer und Hilfsarbeiter, so genannte Handlanger, eingestellt und war nach reinster kommunistischer Lehre Ausbeuter. Die Abenteuerlust hatte mich nun mal gepackt und es war „in“ etwas Verbotenes zu tun. Am nächsten Tag ging ich also wieder den Weg zu dem Herrn Ewinger. Es ging leichter als am Tag zuvor. Die Gedanken etwa um zu kehren, kamen mir nicht mehr. Dieses mal standen keine Autos vor der Tür. Nun stand ich bei Herrn Ewinger auf der Matte und klingelte. Er holte mich ins Haus. Sehr freundlich war er, seine Frau brachte Kaffee und dann erklärte er mir, was er unter Kommunismus verstand. Herr Ewinger konnte klug erklären, weshalb die bundesdeutschen Massenmedien so antikommunistisch agierten. Er sagte „ die haben Angst, dass zu viele Menschen sich gegen die Bundesrepublik stellen, wenn sie die Tatsachen über die Solidarität und die Einheit der Klassen im Osten erfahren Was er da so sagte klang so schön und so gerecht, dass man kaum glauben mochte, dass Menschen zu so einem Leben in der Lage sind. Er entließ mich und schenkte mir die Bücher „Das Kapital“, „Das kommunistische Manifest“ sowie einige Druckwerke von Lenin. Etwas Schöneres kann es doch gar nicht geben, als in Solidarität und Frieden mit den Mitmenschen zusammenzuleben und alles zu teilen. Die Falle war also zugeschnappt. Ich las fleißig die mitgegebenen Werke und kaufte noch selbst welche dazu. Es interessierte mich nun auch der dialektische Materialismus. Ich machte fleißig mit und bekam die Empfehlung von der KPD Gruppe , selbst in der Industrie als Arbeiter zu sehen, wie die Wirklichkeit ist. Wer genau hinter der Empfehlung steckte war mir zu dieser Zeit nicht klar. Im Vergleich zu dem Inhalt der Literatur von Marx und Engels und zu dem was Herr Ewinger interpretierte war das die Hölle. Zu dieser Zeit glaubte ich, das sei in Russland und der DDR alles in die Praxis umgesetzt, was ich zu lesen und zu hören bekam.

Ich ging in die Gewerkschaft. Damals die IG Chemie Papier Keramik. Ich wurde Vertrauensmann und in die Tarifkommission für Rheinland Pfalz gewählt. Die Gewerkschaftsgremien waren hauptsächlich von Sozialdemokraten besetzt. Die wollten immer Kompromisse machen. Man müsse doch beide Seiten der Tarifparteien verstehen. Da ich als Kommunist doch nicht so ganz alleine in der Gewerkschaft war und wir kompromisslos die Sozialdemokraten zu konsequenterem Vorgehen gegenüber den Arbeitgebern drängten, hatten wir doch auch immer wieder Erfolg. Vor allem kam unsere Konsequenz bei den Arbeitskollegen gut an und unsere Wahlfunktionen als Betriebsräte und Vertrauensleute waren sicher. Also eine beginnende linke Karriere. Mittlerweile war ich in die Grundeinheit der KPD in Koblenz so integriert, dass ich die KPD-Mitglieder kannte vom Asterstein bis Moselweiß. Auch kleine Sachen durfte ich für die Genossen mal erledigen beziehungsweise transportieren aus unserer Stadt in eine andere Stadt oder zu einer anderen Grundeinheit. Man testete meine Zuverlässigkeit. Dass ich wegen meinem bürgerlichen Elternhaus kein KPD-Mitglied werden konnte, hat mich nicht weiter gestört, das habe ich mit Aktivität wett gemacht. Mittlerweile wurde die ADF gegründet, eine kommunistische Ersatzpartei, damit die Kommunisten der KPD etwas zu wählen hatten. Zum Bundestagskandidaten dieser Partei für den Raum Koblenz hatte man mich gewählt. Chancenlos aber auf Plakaten und Flyern präsent.



                                          3.  Die Besinnung beginnt

Erstmals und ganz vorsichtig merkte ich, dass im Hintergrund die Fäden aus dem Osten Deutschlands gezogen wurden. Als wenn wir, die Kommunisten in der Bundesrepublik, selbständig wären, machte ich so weiter, als merkte ich das nicht. Aber ich fühlte mich irgendwie beobachtet. Das war unvereinbar mit meinem absoluten Freiheitsgedanken. Mehr über diese Ostzone, die so genannte DDR zu erfahren, war mein nächstes Ziel. Nicht nur von anderen darüber hören, sondern selbst sehen wollte ich, um zu diesem System, wenn es denn besser ist, in der Bundesrepublik bessere Argumente zu haben. Da kam mir die Einladung zu einem Studienaufenthalt in die DDR gerade recht. Auch hier kam mir einiges sehr seltsam vor. Die Einladung wurde mir von einem KPD Genossen mündlich übermittelt. Auf Nachfrage ob er mich denn so einfach in die DDR einladen könne, sagte er mir, dass ist schon alles durchgestellt, ich solle nicht so viel fragen. Wenn du nicht hin willst, dann musst du das sagen. Dann nehme ich das zurück. Da ich merkte, dass ich einen neuralgischen Punkt berührt hatte, nämlich die Verbindungen der DDR und ihr Einfluss bei den westdeutschen Kommunisten, habe ich meine Frage zurück genommen. Schließlich brannte ich ja darauf, die DDR mal selbst in Augenschein zu nehmen. Er sagte mir noch, dass es nach Bad Sarow gehen sollte. Mittlerweile war ich verheiratet und hatte zwei Kinder. Die ganze Familie solle mit kommen. Der Flug nach Berlin Tempelhof war schon gebucht hin und zurück und Geld für unseren Tagesbedarf bekamen wir auch schon vorab. Was die DDR alles möglich macht. Dass war doch schön. Ich fragte mich aber schon Wer macht denn etwas umsonst. Muss ich etwa hinterher etwas dafür tun? Jedenfalls Fuhren wir mit einem Taxi vom Westberliner Flughafen zum Bahnhof Friedrichstraße. Wir gingen dort in die Grenzübergangsstelle hinein. Wir hatten alle keine Einreisepapiere. Ich sagte meinen Namen, Manfred Dott mit Familie aus Koblenz. Nach einem Augenblick kam ein Mann auf uns zu, der uns zur Seite nahm und uns herzlich begrüßte. Er klopfte an die Wand und es ging eine Tür auf, die man von Westberliner Seite nicht als solche erkennen konnte. Wir gingen mit dem Genossen in einen dunklen Gang hinein. Dieser sonderbare unterirdische Gang führte ohne Kontrolle auf die Ostdeutsche Seite. Als wir den Gang verließen stand ein Wachsoldat breitbeinig davor und Salutierte vor dem Mann in Zivil der uns geführt hatte. Willkommen auf dem Boden der DDR sagte dieser und brachte uns zu einem schwarzen Wolga. Dieses Fahrzeug brachte uns zum Scharmützelsee. Der Wolga-fahrer hatte wahrscheinlich die Anweisung, mit uns nicht zu sprechen. Ich wollte höflich sein und sprach ihn unterwegs einige male an. Er antwortete nur einsilbig. Ich sollte wohl merken, dass er nicht zu unseren Kontaktleuten gehörte Dort, am Scharmützelsee, kamen wir in ein für DDR-Verhältnisse luxuriöses Ferienheim, weit ab von Bad Sarow. Sehr schöner Badeurlaub war das, aber von dem real existierenden Sozialismus hatte ich nichts gesehen. Oder war das der real existierende Sozialismus? Ging es vielleicht allen Leuten so gut wie uns hier im Ferienhotel. Die Menschen, die in dem Heim mit uns zusammen waren und mit denen wir dann auch mal zusammen gebracht wurden, waren allesamt stramme Kommunisten, die mit ihrer Hörigkeit bestimmt auch im Dritten Reich sehr gute Karriere-Chancen gehabt hätten.

Eines merkte ich schon jetzt, dass zwischen den Kommunisten in der BRD und denen der DDR Welten lagen.

Die Kommunisten in der BRD hatten aufzubegehren, Unruhe zu stiften und zu fordern über die Gewerkschaften und über den linken Flügel der Sozialdemokraten. Die Kommunisten der DDR hatten zu funktionieren, zu spitzeln und ihr System zu sichern. Und wir alle sollen die gleichen Ziele haben? Mir war also klar: Die reine Marxistische Lehre gab es nur auf dem Papier, nicht aber in der Praxis. Ob das überhaupt möglich war mit uns Menschen?

Erstmals musste ich für mich Kompromisse machen. Ich erklärte mir das so, dass durch das ständige Trommelfeuer der Westmedien gegen die Ostzone, die Sowjetunion und alles, was nur nach Kommunismus und Sozialismus roch, die Oststaaten zu einer besonderen Sicherheit gezwungen seien, um ihr System und ihre so genannten Errungenschaften zu verteidigen. Damit hatte ich meine innere Stimme, die zur Vorsicht mahnte, zum Schweigen gebracht und ich konnte so weiter machen wie bisher. Wir wurden aus dem DDR Urlaub so zurück gefahren, wie wir gekommen waren. Mit Wolga zum Bahnhof Friedrich Straße durch die Untergrundgänge nach Westberlin und mit Flieger ab Tempelhof nach Frankfurt am Main. Dort hatten wir unser Auto stehen. Zurück in Koblenz zog ich mir wieder die Unterwanderstiefel an und habe manchen Industriebetrieb in arge Schwierigkeiten gebracht. Aber so kritiklos wie vorher war ich nicht mehr. Auch durch die Kritikpunkte an der DDR, wurde mir das System der Bundesrepublik nicht sympathischer.

Ich streckte nun meine Fühler auch über die Grenzen von Koblenz aus und unterstützte Demos der außerparlamentarischen Opposition (APO) in anderen Städten. So war ich auch  bei überörtlichen Demos der APO in Frankfurt am Main  mit dabei. Viele heute bekannte Personen aus Politik und Gesellschaft habe ich dort getroffen, die eine ähnliche Entwicklung hinter sich haben. Das System herausfordern,

Provozieren, Abenteuer erleben, junge Menschen mit gleichen oder ähnlichen Zielen kennen lernen. Das war eine Zeit der absoluten Freiheit. Aber im inneren stellte ich mir oft die Frage was machen denn die Jugendlichen in der DDR, Möchten die nicht auch so leben wie wir. Die Jungen Menschen dort im Osten haben, die nicht die gleichen Wünsche wie wir. Was ist wenn dort ein junger Mensch genauso unruhig und systemkritisch ist wie wir hier. Was ist dann mit ihm. Wie reagiert dann der Staat DDR darauf. Alles hin und her nutzte nichts. Auch wenn ich in meinem Inneren in gehörigen Abstand vom DDR Staat und seiner Lebenspraxis gegangen war. Am Kampf gegen das Bundesdeutsche System hat das nichts geändert. Das alles blieb der DDR-Führung nicht verborgen und ich war bis dahin in ihren Augen ein, man kann sagen, Musterschüler der 5. Kolonne. Nach Prüfung meiner Vorbildung sollte ich ein Praktikum besonderer Art in Industriebetrieben machen, um bei Erfolg ein Studium in der DDR aufzunehmen. Ein Großbetrieb in Koblenz, mit Sitz im Industriegebiet, der bis heute dort die Presse vertreibt, hatte keinen Betriebsrat. Das kam mir da gerade recht, ich scharte einige Mitkämpfer um mich und verlangte die Gründung eines Betriebsrates und berief mich auf das Betriebsverfassungsgesetz der Bundesrepublik. Wenn mich auch sonst die Bundesgesetze nur wenig interessierten, hier nutzen sie mal und dann berief ich mich auch darauf. Den Betriebsrat bekamen dann die Kollegen und ich flog fristlos raus, da half auch nicht der gewonnene Prozess vor dem Koblenzer Arbeitsgericht. Das hat natürlich den DDR-Verbindungsleuten gefallen und meine Vorqualifizierung war so gut wie gelaufen. Ich bekam also eine Immatrikulierung für die Karl-Marx-Universität Leipzig mit Außenstelle in Berlin.



                                   4. Wilde Ost- Studienzeit



Meine Familie sah mich selten und meine Freiheit war grenzenlos Die Familie meiner ersten Ehe, meine Frau Elke und meine Kinder Anja und Heike blieben in Koblenz zurück und ich zog zum Studium in die DDR nach Ostberlin. Die in Koblenz gebliebene Familie wurde mit einer relativ hohen monatlichen Zahlung in DM aus der DDR unterstützt. Zu Besuch nach Koblenz, kam ich selten. Es fehlte uns Studenten und damit auch mir dort an nichts. In Berlin mit meinen Kommilitonen hoch angesehen, kosteten wir dieses Privileg auch aus. Schließlich sollten wir uns so wohl als möglich fühlen. Wer draußen keine Freundin gefunden hatte, dem konnte es so gehen wie mir einmal. Von einem Spaziergang über den Alexanderplatz mit der S-Bahn zurück, man musste ja mal was anderes sehen, als nur den Hörsaal und das Internat. Es war noch früh am Tag, etwa 20°° Uhr. Eigentlich wollte ich mich noch auf eine Klausur vorbereiten, die am nächsten Tag vorgesehen war. Mein Kommilitone, ein junger Mann aus Hamburg, war schon im Zimmer. Der wollte, wie er sagte an dem Tag nicht nach Berlin rein. Der empfing mich gleich an der Tür. „Erschrecke nicht“ sagte er. „Wieso“ fragte ich. „Schau mal dein Bett“ sagte er. Mein Bett war in einer Ecke direkt unter dem Fenster. Ich ging einen Schritt vor und sah lange schwarze Haare auf meinem Kopfkissen. Es lag dort ein Mädchen bildhübsch und ausgezogen. Nach meiner Schätzung war sie wohl zwischen 25 und 35 Jahre alt. Das hat mir erst einmal die Sprache verschlagen. Ich weis bis heute nicht ob mein Kommilitone sie vor mir hatte. Ich fragte auch nicht danach. Jedenfalls sagte mein Mitstudent, „ Zicke nicht rum, rein ins Bett“ Das machte ich aber nicht. Ehe ich etwas sagte, dachte ich erst einmal nach. Unser Internatsobjekt war umzäunt und bewacht. Man konnte nur durch einen Eingang hinein und heraus. Der Ausgang war nur mit unserem Sonderausweis möglich. Obwohl man uns kannte mussten die Wachleute immer wieder unsere Ausweise ansehen. Erst recht in das Objekt kam man nur, wenn man seinen Ausweis vorzeigte. Das ging mir alles durch den Kopf. Zu mindest im Beisein des Mädchens wollte ich auch meinen Kommilitonen nicht nach den näheren Umständen fragen. Es gab da einen Spruch, den man auch in anderen Zusammenhängen schon mal gehört hatte, besonders dann, wenn man etwas nicht gleich verstanden hatte, oder wenn einem was unverständlich vor kam: „Die Partei wird sich schon etwas dabei gedacht haben„ . Das Mädchen einfach so raus schmeißen wollte ich nicht. Aber sie kann ja nur mit dem Segen der Schulleitung bzw. der Staatssicherheit in das Objekt gekommen sein. Sie wird sicher hinterher zu mindest mündlich berichten, wie ihr Besuch bei mir ausgegangen ist. Sicher sollte sie neben der sexuellen Befriedigung, eventuelle Vorlieben auskundschaften. Ich war so erschrocken, dass ich glaube, in dem Moment hätte ich mit ihr gar nicht schlafen können. Aber da war noch mein Mitstudent im Zimmer. Der bemerkte mein Zögern. Wie eine impotenter Halbmann, wollte ich auch nicht da stehen. Was tun. Das Mädchen lag immer noch in meinem Bett. Plötzlich sagte sie : „willst du nicht endlich ins Bett kommen“ Mir fiel in dem Moment nichts anderes ein als meinen Mitstudenten zu fragen, „gehst du mal für eine halbe Stunde raus“ Später möchte ich schon alleine in meinem Bett schlafen. Er grinste und ging. Ich schloss die Tür von innen ab und sagte leise zu dem bildhübschen Kind, komm raus aus dem Bett und ziehe dich an. Sie sagte, „ Ich bekomme Ärger wenn ich mit dir nicht geschlafen habe“ Ich entgegnete ihr, „das muss doch keiner erfahren“ oder werden wir abgehört? Nicht das ich wüsste, „sagte sie“ Das musst du auch nicht wissen.. Leise sagte ich ihr ins Ohr, „dann sagst du jetzt laut, ach tut das gut, halt mich fest“ Das sagte sie dann auch. Hinterher kann keiner beweisen, dass nichts war. Sie stand aus dem Bett auf und kam heraus. Da sich mittlerweile mein erster Schreck gelegt hatte und ich sie so vor mir sah, wurde mir doch ganz seltsam zu mute. Aber ich dachte dann doch, die Stasi soll meine Art Sex zu haben nicht erfahren. Dann konnte ich mir doch eine Frage an das Mädchen nicht verkneifen. „Weshalb tust du das, wir kennen uns doch überhaupt nicht“ Haben die dich in der Hand, sitzt du irgendwo ein und kommst früher raus wenn du das hier gut machst. Darauf antwortete sie mir nicht. Sicher hatte sie Angst, ich könne hinterher darüber reden und dann hätte sie erst richtig Ärger. Ich konnte mich nicht satt sehen an der schönen Gestalt des Mädchens. Sie musste ja noch etwas bei mir bleiben, damit unser Deal nicht aufflog. Nach etwa 20 Minuten entließ ich sie. Mittlerweile war sie wieder in ihre hautenge Jeans geschlüpft und ging davon. Sie ging, wie sie gekommen war. Sie war verschwunden. Mein Kommilitone kam nach einer halben Stunde wieder rein und fragte grinsend, „wars schön“ „ja ja“ sagte ich und hatte für den Rest der Studienzeit ein solches Erlebnis im Internat nicht wieder. Obwohl wir das nicht merkten, muss man uns Studenten wohl genau beobachtet haben. Wir sollten alles haben, aber uns keinesfalls fest binden. Es war ja nur ein Aufenthalt auf Zeit.

Auch bei aller Wohlfühlstrategie merkte ich, dass es zwei weit auseinanderklaffende soziale Schichten in der DDR gab. Was, wenn alles so stimmt, wie wir das in unserem gesellschaftswissenschaftlichen Studium lernten, gesetzmäßig zu Unruhen führen muss. Das sei für alle Gesellschaftsordnungen gesetzmäßig. Nicht aber für den Sozialismus, denn hier sei ja die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beseitigt und es gebe keine Klassen mehr, meinte unser Professor. Manchmal dachte ich, was die da erzählen können die doch selbst nicht glauben. Eines lernte ich bei diesem Studium auch, dass man nicht alles sagen kann, was man denkt. Zumindest für mich galt, dass der Klassenunterschied in der DDR auch hier gesetzmäßig zu Unruhen führen muss.

Diese Gedanken habe ich schön für mich behalten, aber ich hatte nun auch oft genug Gelegenheit, Durchschnittsmenschen aus der DDR kennen zu lernen. Wir machten abends die Ostklubs unsicher, bevorzugt das Haus der jungen Talente und den Oktoberclub über dem Kino International. Mit unseren Sonderausweisen kamen wir dort hinein.

Zu dieser Zeit war auch meine jetzige Frau in Berlin. Sie absolvierte ihre Lehrzeit als Krankenschwester an der Charité. Eine überzeugte FDJ-lerin, die es bis zur Leiterin der Personensicherungsgruppe für die Amerikanerin Angela Davis bei den zehnten Weltfestspielen in Berlin gebracht hatte. Auf dieser Basis hatten wir uns kennen gelernt. Wir sahen uns dann öfter und aus Freundschaft wurde eine tiefere Beziehung. Obwohl wir das zu tarnen versuchten, bekamen die Sicherheitsleute das doch mit. Damit wurde das auch in der Uni bekannt. Als das bei der Leitung der Uni herum war, hatte ich das Studium fast hinter mir. Meine Freundin und ich waren uns einig, wir bleiben zusammen. Unserem Professor sage ich das natürlich noch nicht. Nachdem ich mein Abschlussdiplom bekommen hatte, eröffnete ich der Uni-Leitung, dass ich meine Freundin in den Westen mitnehmen wollte, um sie dort zu heiraten. Da musste sich mein Professor erst einmal selbst zusammen nehmen, um nicht los zu poltern. Mit uns Weststudenten in Ostberlin musste man ja etwas vorsichtiger umgehen. Schließlich sollen wir alsbald in der Bundesrepublik für die Errungenschaften der DDR werben.

Als Erstes bekam ich in Ostberlin einen Parteiauftrag, der den Trennungsbefehl von meiner Freundin zum Inhalt hatte. Bisher hatte ich so recht und schlecht alle ungewohnten Maßnahmen des DDR-Regimes mit deren Sicherheitsinteresse entschuldigt. Aber wo war dieses Interesse durch unseren Heiratswunsch verletzt? Die DDR-Praxis der reinen Lehre brach wie ein Kartenhaus zusammen. Immer klarer erkannte ich, was die DDR in Wirklichkeit war, nicht eine Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur der Chunta aus Wandlitz.




5. Die Überzeugung ändert sich


Je stärker die DDR Staatsorgane Druck auf uns beide ausübten, unser Verhältnis zu lösen, um so mehr und um so enger rückten wir zusammen. Mittlerweile hatte die DDR auch die monatlichen Zahlungen an meine Familie in Koblenz eingestellt. Auch mit diesem Druck sollte versucht werden, auf mich Einfluss zu nehmen, um das Verhältnis in der DDR zu beenden. Dieser Druck verpuffte, da Elke Dott, meine erste Frau, mittlerweile auch einen Freund hatte, der die Familie versorgte. Die Ehe war nicht mehr zu retten, wobei ich mir daran die größere Schuld gebe. Meine Freundin stellte nun einen Ausreiseantrag mit der Begründung, mich in der Bundesrepublik heiraten zu wollen. Nun machte auch sie die Erfahrungen mit ihrem so genannten „Vaterland DDR„.

Als Erstes wurde meine Frau aus der SED ausgeschlossen. Das geschah in ihrer Heimatstadt.. Sie musste zur SED Kreisleitung kommen, die sich in der Richard Wagner Straße der Stadt Halberstadt befand. Dort bekam sie, vom Kreisvorsitzenden Winkler, die Hauptschuld daran, dass ich nicht wie vorgesehen im Westen für die DDR funktionieren wollte.

Ich durfte nicht dabei sein und erwartete sie vor dem Haus. Meine Freundin kam Tränenüberströmt heraus. So hatten sie ihre Genossen fertig gemacht. Etwa zeitgleich wurde ich auf Weisung der SED, in Rheinland Pfalz aus der DKP ausgeschlossen. Das war eigentlich ein schmerzloser Akt, der mir auch entgegen kam.

                                                 Meine Frau machte nun die Erfahrung, die vor und nach ihr viele Menschen machen mussten, die ihre DDR verlassen wollten. Druck auf der Arbeitsstelle, Druck im privaten Umfeld bis hinein in die Familie, Das waren eingespielte Zenarien im Umgang mit Ausreiseantragstellen in der DDR. Diffamierungen und Demütigungen, um ihren Willen zu brechen. 

Da hatte ich es doch in der Bundesrepublik leichter, es kümmerte sich niemand um meine Angelegenheiten, so, wie das in einem freien Land nun mal so ist. Hier war ich erstmals froh den Häschern des DDR Staates nicht zur Verfügung stehen zu müssen. Nach beiderseitigem Einsehen und Einverständnis wurde meine erste Ehe in Koblenz geschieden Das war hauptsächlich durch unsere lange Trennungszeit bedingt. Nun setzte ich meine ganze Kraft ein, um meine Freundin in der DDR zu unterstützen. Jedes Wochenende fuhr ich Transit nach Westberlin, um dann von dort mit Tagespassierschein nach Ostberlin einzureisen, um sie zu sehen. Wie ich das heute einschätze, blieb auch das der DDR Staatssicherheit nicht verborgen. Erstens haben das meine ehemaligen Genossen in Koblenz weiter gemeldet, dass ich jedes Wochenende in Ostberlin bei meiner Freundin war und zweitens bin ich bei einer Transitfahrt einmal auf einem DDR-Parkplatz für einige Stunden eingeschlafen, das führte zu einem strengen Verhör an der Westberliner Grenze. So konnte das nicht weiter gehen. Wir spielten viele Pläne zur Flucht durch und verwarfen sie dann wieder. Wir wollten sicher sein, dass niemand von uns wegen Republikflucht, oder Beihilfe dazu, in DDR Gefängnissen weggesperrt wird. Es war wirklich die große Liebe, aller Schwierigkeiten zum Trotz. Bei der Trennung meiner ersten Ehe hatten wir die Kinder geteilt jeder hat eines in seine neue Umgebung mitgenommen. Meine ehemalige Frau die kleine Heike und ich die etwas größere Anja, Meine Tochter Anja hatte ab da eine schwere Zeit. Kurze Zeit im katholischen Heim in Koblenz Arenberg, dann bei Verwandten und dann bei mir. Von da an war sie immer und überall mit dabei.




6. Gefangenschaft im Aufnahmelager


Da ich mittlerweile die reale DDR, also das wirkliche Leben dort, ganz gut kannte und meine Freundin mir den Vorschlag machte, doch in die DDR über zu siedeln mit den Worten: „wir können doch überall glücklich sein“, überlegte ich nicht lange und fuhr einfach wie immer mit dem Auto über die Transitstrecke Richtung Westberlin. Meine Tochter Anja mit dabei. Bei Magdeburg fuhren wir von der Transitstrecke einfach ab und nach Magdeburg hinein, bis zu einer Volkspolizeidienststelle. Dort meldete ich mich mit den Worten „Ich möchte mit meiner Tochter in die DDR übersiedeln“. So einfach wie ich mir das vorstellte, war das aber nicht. Eine ganze Nacht saßen wir da in einem separaten abgeschlossenen Raum. Ein Telefonanruf löste den nächsten ab. Am nächsten Tag wurden wir nach Barby bei Magdeburg verbracht und mein Auto wurde eingezogen. Dort in einem Aufnahmelager wurden wir, wie man uns sagte, zur Desinfektion und Quarantäne in einem Raum eingeschlossen. Das Summen irgendwelcher Maschinen hinter der Wand war unheimlich. Obwohl ich auch an radioaktive Strahlung dachte, sagte ich mir, du müssen wir jetzt durch, auf halbem Wege kannst du nicht stehen bleiben, ohne dich selbst auf zu geben. Es wurde Nacht und es wurde wieder Tag man brachte was zu essen. Es wurde wieder Nacht und wieder Tag. Das ging so drei Tage. An das arme Kind bei mir dachte niemand. Ich versuchte dem Kind gegenüber diese Tortur etwas ab zu federn. Aber wir kamen dann doch dort heraus in ein Zimmer im Gebäude. Die Heizung in dem Uralt Gebäude war defekt und unser Heizkörper kalt. Wir zogen uns dick an und versuchten das so zu Überstehen. Danach musste ich Zeichnungen von den Betrieben anfertigen, in denen ich zuletzt gearbeitet hatte. Auch Maschinenausstattungen und Anordnung derselben sollte ich aufzeichnen. Meine Tochter Anja spielte derweil in dem Gelände des Lagers und zählte die Ratten, die sich an der Elbe, die dort vorbei fließt eingruben. Sie war mit mir im Aufnahmelager gefangen und kam auch nicht heraus. Es tat weh Ihre Fragen zu beantworten, weshalb wir in dem Lager sein müssen und nicht heraus können. Von weitem sah sie Kinder aus dem Ort Barby spielen und herum Toben. Meine Tochter hatte niemanden im Lager in ihrem Alter mit dem sie spielen konnte. Durch diese Lagerhaft konnte sie ein Jahr nicht zur Schule gehen. Was soll aus dem Kind nur werden, wenn sie wieder in die Schule geht. Bekommt sie Anschluss. Oder wird sie vollends abgehängt. Das interessierte aber von dem Lagerpersonal niemanden. Es wurde mir eröffnet, dass ein Aufnahmeverfahren etwa ein Jahr dauern könne und so lange dürfte ich und auch die kleine Tochter das Aufnahmeheim nicht in Richtung DDR verlassen. Ein Rückkehrrecht, in die Bundesrepublik, hätten wir aber noch. Wir brauchten nur zu sagen, dass wir wieder zurück wollten. Da sah man mal wie wenig die für uns Verantwortlichen den Manfred Dott kannten. Ich war es gewohnt einen einmal eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen. Auch wenn einmal ein Schuss nach hinten los ging. Das ist im Leben manchmal so. Die Heimoberen, die sicher in enger Abstimmung mit der Stasi handelten, hatte keine Ahnung davon, dass auch die letzten Sympathien zum DDR System zertrampelt waren und ich auch bei einer eventuellen Rückkehr in die Bundesrepublik, ein entschlossener Gegner des so genannten real existierenden Sozialismus sein würde. Das war kein Sozialismus und kein Kommunismus. Denn was den Menschen gut tut, muss man nicht mit brachialer Gewalt, Mauer und Schießbefehl als Grenzsicherung schützen.. In Wirklichkeit war die DDR eine Diktatur einer Schicht von möchtegern Intellektuellen, herausragend zu nennen Mielke, der mit seiner Dummheit, die ihm nicht mal selbst bewusst war, ein klassisches Beispiel für die DDR Regierenden abgab. Diese Intelligenzbestien, die sich, betrunken von Ihrer Macht, selbst einredeten die Avantgarde der Arbeiterklasse zu sein, regierten die DDR. Und wehe wer das bestreiten sollte. Ich blieb also mit meiner Tochter dort in dem Lager und schrieb und bekam Briefe von meiner Freundin. Wir machen uns gegenseitig Mut und beantragten einen Besuch für sie im Aufnahmelager. In dem ganzen Jahr wurde das nur einmal gestattet, 15 Minuten in einem Kellerraum in Barby unter Bewachung durch die Volkspolizei. Zumindest hatte der Bewacher eine solche Uniform an. Weil ich mein Aufnahmeersuchen nicht gefährden wollte, denn das war die letzte Möglichkeit mit meiner Freundin zusammenzukommen, bot ich mich als Heizer im Aufnahmeheim an. Alte Anlagen einer Niederdruckdampfheizung waren immer wieder defekt, ich hatte Mühe, die Schuld dafür auf die veraltete Technik zurückzuführen. Keinesfalls sollte es nach Sabotage aussehen. Nach einem halben Jahr im Heim sollte ich im Traktorenwerk in Schönebeck bei Magdeburg arbeiten. Dazu musste ich aber mit dem Bus vom Aufnahmeheim in Barby nach Schönebeck fahren. Um es nicht wie ein Gefangenentransport aussehen zu lassen, fuhr immer mindestens ein Begleiter in zivil mit. Unter anderem mit solchen unproduktiven Aufgaben sicherte die DDR ihre Vollbeschäftigung. Im Traktorenwerk arbeitete ich unter Bewachung in der Materialbeschickung für den Traktor ZT 300. Das ging so, ohne dass ich negativ auffiel, ein ganzes Jahr. Nach diesem Jahr eröffnete man mir, dass ich probeweise nach Halberstadt am Harz entlassen werde. Meine BRD-Ausweise habe man hinterlegt, um sie bei Vorkommnissen mir zurückzugeben und mich abzuschieben. Diese damalige übertriebene Vorsicht des Systems mir gegenüber führe ich darauf zurück, dass die DDR-ler bei dem, was ich in der Bundesrepublik gegen den Staat organisiert und durchgezogen hatte, Angst hatten, dass sich diese politische Energie einmal gegen sie wenden könnte, wie es später auch tatsächlich kommen sollte. Ich bekam also einen Aufenthaltsschein für die Stadt Halberstadt, ohne diese verlassen zu dürfen. Heiraten durften wir immer noch nicht. Die innere Einstellung und Überzeugung meiner Freundin und mir zum DDR-System hatte sich mittlerweile vom Antikommunismus in Hass gewandelt. Aber wir durften erst einmal in einer Altstadtwohnung der Stadt zusammenwohnen. Das endgültige Ziel von meiner Lebensgefährtin nicht mehr getrennt werden zu können, hatten wir aber immer noch nicht erreicht. Das war die Zeit, als ein ehemaliger Sohn meiner Zwangsstadt, Halberstadt, der Mitbegründer des Neuen Forums, Jens Reich, laut seiner Biografie, an der sowjetischen Akademie der Wissenschaften zum Forschunsaufenthalt in Puschtschinow bei Moskau war. Das zeigt bereits auch und ist logisch, dass wir beide später, obwohl in der gleichen 10.Volkskammer mit unterschiedlicher Konsequenz und unterschiedlichen Inhalten und Grundsätzen für Veränderengen in der DDR eintraten. Das Volk, die Menschen In der DDR, wollten keine Halbheiten mehr. Daher wählten sie die Kämpfer der ersten Etappe der friedlichen Revolution, Bündnis 90 / NF, nicht so in die 10 Volkskammer, wie diese das erwartet hatten. .




                                                                7.Persönliches Glück

Meine Freundin, Edith Görke, meine aus dem Westen mitgebrachte Tochter Anja und ich, wohnten nun also in einer Altstadtwohnung in einem halberstädter Hinterhof. Von außen war das Haus dem Verfall nahe, wie so viele Altbauten außerhalb der Ortskerne in der DDR. Innen hatten wir unsere Wohnung jedoch schön eingerichtet. Die Stadt verlassen, durfte nur meine Freundin mit DDR Personalausweis. Ich hatte lediglich diesen Daueraufenthaltszettel für die Stadt Halberstadt. Meine Tochter und ich durften uns nur im Stadtradius bewegen. Wir kamen uns manchmal vor wie Ziegen, die man angebunden hat und die einen säuberlichen Kreis abfressen, obwohl außerhalb ihre Anbindung das bessere Futter steht. Meine Freundin hat versucht, diese staatlichen Einschränkungen zu überdecken. Trotz allem waren wir sehr glücklich. Nun habe ich erfahren was meine Freundin gemeint hat, als auf ihren nicht genehmigten Ausreiseantrag zu mir in die Bundesrepublik, sie sagte, „wir können doch überall glücklich sein“. Also komm du hier rüber, so schlimm wird das ja schon nicht werden. Wenn wir gewusst hätten was uns noch alles blüht in dem Musterstaat der Arbeiter und Bauern. Aber wir wussten es Gott sei Dank zu dieser Zeit noch nicht. Meine Tochter ging nach langer Lagerpause wieder in die Schule. Wenige Wochen hat sie gebraucht um wieder den Anschluss zu finden an den Stoff ihrer Altersklasse. Nach einem Jahr war sie Klassenbeste und wurde zur erweiterten Oberschule (EOS) Vorgeschlagen. Da wir immer noch am kurzen Zügel des Stadtaufenthaltes durch die DDR Behörden gehalten wurden, und noch nicht heiraten durften, mussten wir in unserem Verhalten nach außen sehr vorsichtig sein. Das galt vor allem in den Betrieben in denen wir arbeiteten.


Heute weiß ich, durch meine Stasiakte, dass meine Wohnung mit Mikros verwanzt war und besondere Ton-Dokumente schriftlich verfasst in meiner Stasiakte landeten. War es wirkliches Misstrauen oder wollten irgend welche Bonzen der Stasikreisleitung ihrem Sadismus frönen. Ich muss mich nicht dafür schämen, dass wir in dieser Zeit fleißig daran arbeiteten, Nachwuchs zu bekommen. Wir wären lieber verheiratet gewesen. Das hätte auch eher zu unserem christlichen Glauben gepasst. Aber man lies uns ja nicht.

Als der Nachwuchs sichtbar unterwegs war, hatte man wohl ein Einsehen.

Eines morgens wurde uns ein amtliches Schreiben des Rates des Kreises Halberstadt per Empfangsbestätigung zugestellt. Wir regten uns schon auf, ehe wir in den amtlichen Brief rein geschaut hatten. Würden wir wieder getrennt, noch ehe wir verheiratet waren? Mussten wir in die Bundesrepublik zurück, meine Tochter und ich. Ein Leben ohne meine Freundin, konnte ich mir nicht mehr vorstellen. Wir machten voller Spannung den Brief auf und fanden eine Einladung zu einer Feierstunde im Rat des Kreises, Abteilung Inneres vor. Es stand da, ich solle Staatsbürger der DDR werden und das soll in einem feierlichen Rahmen geschehen. Wir wunderten uns, dass man die Verleihung der DDR-Staatsbürgerschaft so feierlich aufziehen wollte. Wir gingen also hin zu der Feierstunde. Schließlich ging es darum, wieder einen Schritt weiter zu kommen, in unserem Anliegen ein Leben lang zusammen zu bleiben. Es war fast feierlicher als unsere spätere Hochzeit. Kein Standesamt hätte das besser gekonnt. Eine große Urkunde des Ministerrates aus Ostberlin über die Verleihung der DDR-Staatsbürgerschaft bekam ich dort im Auftrag überreicht. Endlich dazu dann auch den ersehnten DDR-Personalausweis. Nach so langer Einschränkung der Bewegungsfreiheit kam mir das vor, als würde ich mit meiner Freundin und Tochter in die große weite Welt entlassen. Meine Lebenspartnerin arbeitete im Salvator Krankenhaus in Halberstadt und ich als Klempner und Installateur im Kreisbaubetrieb in dem ich zum Schein in die Deutsch Sowjetische Freundschaftsgesellschaft eingetreten war, um das Einbürgerungsverfahren zu fördern. Jetzt durften wir endlich standesamtlich heiraten. Zur Hochzeit kamen viele unserer Verwandten aus der DDR. Es kamen aber auch meine Eltern und meine Geschwister aus der Bundesrepublik. Aus Koblenz. Schön war das, einmal wieder das Schängeldialekt der Koblenzer von Rhein und Mosel zu hören. Meine Mutter zu der ich innerhalb meiner Familie das engste Verhältnis hatte, fragte mich in einem Moment abseits der anderen Hochzeitsgäste, mein Manfred hast du das alles richtig gemacht und dabei weinte sie bitterlich. Hättest du nicht besser in Koblenz bleiben können. Mama weine nicht, so schlimm wie du vielleicht denkst ist das hier in der DDR ja auch nicht. So endgültig wie du denkst ist das ja gar nicht. Warte nur mal ab. Mit denen, die uns das Leben hier so schwer machen sind wir noch nicht fertig. Aber jetzt feiern wir erst mal Hochzeit. „Eine Frage noch“, sagte Mutter wie kommt den deine Tochter Anja mit dem neuen Leben in dieser anderen Umgebung zurecht? „Ganz gut“, sagte ich. Manchmal habe ich den Eindruck sie verkraftet das besser als ich. Der neue Nachwuchs, eine kleine Tochter, kam dann schon bald zur Welt. Nun hatten wir zwei Kinder und waren verheiratet Jetzt waren wir soweit, dass wir mit unserem Ziel, in die Bundesrepublik nach Koblenz auszureisen, endlich Ernst machen konnten.


8. Kampf um Ausreise


Wir stellten unseren ersten gemeinsamen Ausreiseantrag beim Rat des Kreises Halberstadt. Von dort erhielten wir erst einmal keinen Bescheid. Dafür mussten meine Frau und ich bei unseren jeweiligen Vorgesetzten vorsprechen. Wir sollten zur Vernunft gebracht werden. Meine Frau verlor ihre Arbeit und war erstmal eine Arbeitslose in der DDR. Eine Unterstützung erhielt sie nicht. Ich behielt meinen gering bezahlten Job. Wir stellten den nächsten Ausreiseantrag und ich ließ in meinem Betrieb keine Zweifel an meiner Einstellung zum DDR-Regime aufkommen. Alles kritisierte ich, vom Mangel an Material bis zur Betriebsführung. In meinem Umfeld, was noch nicht sehr groß war, konnte ich erste Ergebnisse meiner Aufklärungstätigkeit sehen. Ich übte schon mal für das, was noch kommen sollte.

Abwechselnd beim Rat des Kreises Halberstadt und beim Volkspolizeikreisamt stellten wir neunzehn Ausreiseanträge und machten daraus öffentlich keinen Hehl. Damit unser Ansinnen in der Bundesrepublik nicht unbemerkt bleiben sollte, schickten wir je ein Exemplar nach Koblenz zu meinen Eltern und Geschwistern. Diese leiteten die Ausreiseanträge an eine Bundestagsabgeordnete in Koblenz weiter, die über ihre Kanäle versuchte zu helfen.

Das kam in der DDR gar nicht gut an, dass ein ehemals überzeugter Kommunist aus Koblenz die DDR, die er freiwillig als seinen Wohnsitz gewählt hatte, wieder verlassen wollte. Das würde der kommunistischen Bewegung im Westen enorm schaden. Also durfte das nicht sein. Soviel Druck, Diskriminierung und Ausgrenzung haben wir vorher und nachher nie wieder aushalten müssen. Wir standen unter großem Stress. Bei mir machte sich das auch organisch bemerkbar. Zweimal wurde ich ins Krankenhaus eingewiesen. Aber wir machten weiter. Ich schrieb ein großes Plakat auf Tapetenrückseite und hängte das mit einer selbst gemachten Losung „Erster Mai Kampftag für Menschenrechte weltweit“ aus dem Fenster und legte mich krank wieder ins Bett. Es dauerte nicht lange und unser Haus besonders das Fenster mit der Losung wurde von allen Seiten fotografiert. Es klingelte, meine Frau machte auf. Es standen Männer in zivil vor der Tür, die sich als Kriminalpolizisten ausgaben. Meine Frau sagte: „Mein Mann ist krank und ich kann Sie nicht reinlassen.“ Als meine Frau die Tür schließen wollte, stellte einer den Fuß zwischen die Tür, schob meine Frau beiseite und ging erst einmal zielgerichtet auf das Fenster mit der Losung zu, zog sie in den Raum und zerriss sie. „Wo ist Ihr Mann“, „der liegt krank im Bett“. „Wo?“ „Im Schlafzimmer.“ Die Tür ging auf und ich hörte nur: „Mitkommen“. „Ich kann nicht mit, ich bin krank.“ Dann zog mich einer aus dem Bett und sie trugen mich die Treppe hinunter zu einem direkt vor der Tür geparkten Auto. Es sollte wahrscheinlich am Maifeiertag so wenig Aufmerksamkeit auf dieses Vorkommnis gelenkt werden als möglich. Wir fuhren an Maiständen des FDGB, dem Gewerkschaftsbund der DDR und an Ständen der Blockparteien (auch der CDU) vorbei. Die feierten gerade ihre DDR und hatten von Sponsorbetrieben Verpflegungsbeutel, so genannte Fressbeutel dabei, welche die Anwesenden bekamen, wenn sie bei der Maidemonstration mitgehen und ihre Losungen, die sie nicht selbst entworfen hatten, hochhielten. Die Transparente waren von ihren Parteien der Nationalen Front, Gewerkschafts- oder Betriebsorganisationen. Da fuhren wir vorbei.


9. Das Verhör


Im DDR-VPKA (Volkspolizei-Kreisamt) angekommen ging es die Treppe hoch in die erste Etage. Ich schlurfte die Treppe hinauf. links und rechts neben mir je ein Polizist oder Stasimann in Zivil notdürftig bekleidet war ich und von einem bereits zwei Tage andauernden Hungerstreik geschwächt, stolperte ich hinauf. Mach ein bisschen hin“ sagte einer, "deine Schauspielerei kannst du lassen." " Wollen sie diese Beurteilung nicht einem Arzt überlassen, der meine Krankheit zweifelsfrei feststellen kann." sagte ich. Ich möchte, dass sie meinen Hausarzt rufen. Wenn du einen Arzt bekommst, dann den Kreispolizeiarzt. Aufgewühlt ob der Ohnmacht gegen diese Staatswillkür forderte ich nichts mehr. Was nützt ein Polizeiarzt, der vorher seine Weisung bekommt, welches Ergebnis er zu Attestieren hat. " Rein da! sagte einer von meinen Bewachern und schubste mich in einen kleinen Raum mit einem Stuhl. Hier wartest du. Nun hörte ich etwa 3 Stunden gar nichts. Sitzen konnte ich nicht, also legte ich mich auf den Boden. Der zugige Raum und meine notdürftige Bekleidung führten zu Schüttelfrostanfällen. Als dann endlich jemand nach mir sah, bat ich um einen Fiebermesser, wenn sie schon nicht meinen Hausarzt verständigen wollen, dann lassen sie mich wenigstens meine Körpertemperatur kontrollieren. Das ist nicht notwendig, du kommst heute noch hier raus, dann kannst du dich wieder ins Bett legen. Aber zum Plakate Protest gegen unseren Staat reicht es ja wohl immer noch, sagte der Bewacher mit einem hämischen Grinsen. Heute hängst du nichts mehr raus, dafür sorgen wir. Nun ging er und ein anderer uniformierter hoch gewachsener Mann, scheinbar und der Uniform nach ein Polizist, wobei man nie sicher sein konnte, dass das kein Mitarbeiter der Stasi war, denn die hatten für alle Fälle und für alle Eventualitäten Uniformen zur Verfügung, in die sie je nach Gelegenheit und Erfordernis wie Camäleons hinein schlüpfen konnten. Aber sie hatten auch genügend Mitarbeiter unter den Polizisten, die ständig dort bei der Polizei vor Ort für die Staatssicherheit tätig waren, vor allem in der Genehmigungsstelle für Besucherausreisen in die Bundesrepublik. Der Mann brachte einen Stuhl für sich mit und schrie mich an, "steh endlich vom Boden auf und setze dich auf den Stuhl da. Nun ging es endlich los. Wenigstens passierte etwas und ich sah Hoffnung, krank wie ich war, bald wieder aus dieser ungesunden Umgebung heraus zu kommen. Er breitete ein Sperrholzbrett mit einer Klemme auf seinem Schoß aus und heftete einen Schreibblock hinein. Einen Schreibtisch gab es in dem kleinen Zimmer nicht. Weshalb dieser Aufwand fragte ich. Sie haben doch sicher bequemere Möglichkeiten hier im Haus eine Vernehmung durch zu führen. Das geht dich gar nichts an, wie wir unsere Arbeit machen. Da begriff ich langsam, das scheinbar das Ziel war, unter den unbequemst möglichen Bedingungen mir einen Denkzettel zu verpassen. Mir sollte die Lust bezw. die Energie für weitere Proteste genommen werden. Was sollte das mit dieser Plakataktion aus deinem Fenster. Weißt du, das die Losungen für den ersten Mai vorgegeben werden. Alle genehmigten Losungen stehen unmittelbar vor dem ersten Mai in der Volksstimme, unserer Zeitung für den DDR-Bezirk Magdeburg, dem Organ unserer Bezirksleitung der Sozialistischen Einheitspartei. Deutschlands. Andere Losungen als diese sind nicht zugelassen. Was haben Sie gegen die Losung: "1. Mai Kampftag für Menschenrechte weltweit" Ich persönlich gar nichts, meinte der Uniformierte, aber erstens wurde diese Losung nicht vorgegeben und zweitens weiß mittlerweile jeder in deiner Straße, der Rudolf Breitscheid Straße und der angrenzenden Thomas Münzer Straße was du mit dieser Aktion bezwecken willst. Und im übrigen werden von uns nicht nur Losungen vorgegeben, sondern auch die Stellen und Plätze, an denen diese Losungen als Transparente oder Spruchbänder getragen - beziehungsweise angebracht werden dürfen. Du hättest doch mit dem 1. Mai Umzug mitgehen können und eine Losung deines Betriebes tragen können zum Beispiel " Frieden schaffen gegen Nato Waffen" oder "wir grüßen unsere Genossen der Roten Armee" Stopp sagte ich, lassen Sie diesen Unsinn. Ich kann doch davon ausgehen, dass Sie in der Zeit in der Sie mich hier eingesperrt haben, herausbekommen haben, dass wir Ausreiseantragsteller sind. Ich hätte viel lieber eine Losung aus dem Fenster gezeigt auf der gestanden hätte, "lasst uns endlich in die BRD ausreisen" Aber eine solche Losung hätten Sie ja noch schneller abgerissen. Ich dachte ja, dass Sie die Losung für Menschenrechte etwas länger am Fenster hängen lassen. Was haben Sie eigentlich gegen Menschenrechte. "Nichts" sagte der Uniformierte, so lange wir definieren was unter Menschenrechten zu verstehen ist. Ach so? , meinte ich. Dann machen Sie doch jetzt einen Anfang und lassen Sie mich gehen. "Nein" sagte er, damit du deine Störung des Mai-Feiertags fortsetzen kannst. Aber ich bin doch krank und ich kann mir hier eine Lungenentzündung holen. Das ist mir egal. Wenn du nicht eine solche Feindpropaganda gemacht hättest wärst du nicht hier. Jetzt musst du mit den Konsequenzen leben. Das ist Folter! Soll ich dir mal zeigen was Folter ist, sagte mein Gegenüber. Der Uniformierte mit den besonderen Schulterstücken schrieb alles eifrig auf seinem Block auf der Glatte. Kann ich denn wenigstens mit meiner Frau telefonieren, damit sie mir etwas warmes zum anziehen bringt" sagte ich. Meine Frau weiß doch gar nicht wo sie mich hin gebracht haben. Sie macht sich sicher große Sorgen. Deine Frau bekommt dich noch früh genug zurück. Wenn es nach mir ginge würdest du gleich für einige Zeit von der Bildfläche verschwinden. Aber nach mir geht es ja leider nicht. "Nun kommen wir mal zur Sache" mit wem hast du diese Aktion abgesprochen. Hat dir vielleicht einer von drüben den Auftrag gegeben, das so zu machen und schön wirksam zum 1. Mai wo alle frei haben und auf der Straße feiern. Ich habe das mit niemandem abgesprochen aber meine Schwester in Koblenz ist informiert auch über meine Weigerung Essen zu mir zu nehmen. Was soll den das, sagte der Uniformierte, du sagst doch, dass du krank bist. Wie willst du denn ohne Essen wieder gesund werden.. Ich hoffe ja immer noch und meine Frau mit mir, sagte ich, dass wir zu unserer Familie nach Koblenz in die Bundesrepublik ausreisen dürfen. Dann geht es auch mit meiner Gesundheit wieder aufwärts. Hast du Kontakt zu anderen Ausreiseantragstellern in der DDR oder in der Stadt hier. Ich sagte "Ja" wer ist denn das. Das müsst Ihr schon selbst heraus finden, wenn Ihr das nicht schon wisst. Ich bin mir nicht sicher, ob Ihr mit Euren Sicherheitsleuten auch diese Szene bereits unterlaufen habt. Aber das kann uns ja auch egal sein. Mit unseren offenen Ausreiseanträgen machen wir ja auch kein Geheimnis aus unserem Ansinnen. "Gebt ja acht, das ihr unsere DDR-Gesetze nicht verletzt".sagte der angebliche Polizist. Das Sie es mit den Gesetzen nicht so ernst nehmen zeigt schon, dass ich es nicht mal wert bin von ihnen mit Sie angesprochen zu werden. Da fällt Ihnen die Konstruktion eines Gesetzesverstoßes sicher auch nicht schwer",sagte ich. Wenn Sie uns wegsperren wollen, dann tun Sie das auch. Haben Sie vielleicht Angst vor der Öffentlichkeit in der Bundesrepublik? Zum Beispiel vor einer Schlagzeile in der Bild-Zeitung" Westdeutscher Kommunist sitzt im DDR-Knast" oder so? Eines können Sie nicht verhindern, dass das was hier mit uns passiert, unsere Familie erfährt und auch aktuelle Politiker in der BRD. Wie wir diese Information an die richtige Adresse bekommen, haben wir mittlerweile gelernt. Dem Polizist war nicht wohl in seiner Haut. Ich spürte eine Verunsicherung in seinem Verhalten. Da setzte ich noch einmal nach. Wissen sie, dass sie jetzt und hier eine große Verantwortung für Ihren Staat und sein Öffentlichkeitsbild tragen? "Schluss jetzt" sagte er. So kommen wir nicht weiter. An der Farbe seines Gesichtes konnte man ablesen, dass sein Blutdruck erheblich angestiegen war. "Wir beenden dann die Befragung" sagte der Uniformierte. Dann kann ich ja gehen, meinte ich. Nein sagte er kurz. Wann du gehst sagen wir dir, wenn wir es für richtig halten. Und ich blieb in der Zelle, bzw. dem kleinen Raum zurück. Sie hatten mich dann bis zum späten Abend in dem Raum belassen und mich dann auf die Straße geschickt Meine Frau freute sich als ich wieder da war und ich erzählte ihr alles was ich an diesem Tag im VPKA-Halberstadt erlebt hatte. Wir waren so unter Stress, dass wir in den nächsten Tagen unsere Wohnung nur verlassen hatten um Briefe von unseren Deckadressen auf dem Land und in Magdeburg ab zu schicken. Es sollten möglichst viele in der Bundesrepublik von unseren Drangsalierungen in der DDR erfahren.




                                          10.   Der Anschlag
                                                 

Nach der öffentlichen Demonstration für Menschenrechte am ersten Mai, dem Verhör und dem Druck am Arbeitsplatz, war es etwas ruhiger geworden. Wir hatten keine Erklärung dafür, weshalb sie uns vorübergehend in Ruhe ließen, obwohl wir weiter einen Ausreiseantrag nach dem anderen Stellten. Es war unheimlich. Etwas mussten die Staatsorgane doch vor haben. Bei einer Fahrt nach Magdeburg, über die Fernstraße F 81, kam hinter dem Ort Kroppenstedt etwa in der Mitte der Strecke ein LKW der Marke Robur in Gegenrichtung. Etwa 100 m vor mir wechselte der LKW auf meine Seite und blieb dort. Ich hätte keine Chance gehabt mit meiner Rennpappe, wie man den PKW Trabant auch nannte. Meine Frau und ich waren zu diesem Zeitpunkt voller Misstrauen gegen alle und alles. Außer dem engen Kreis um die Franziskanerpatres im Kloster. Übervorsichtig fasst wie elektrisiert gingen wir unseren Tätigkeiten nach. So war das auch als der LKW auf mich zu raste. Mir war klar: der hält voll drauf. Blitzschnell gingen mir einige Selbsterhaltungsgedanken durch den Kopf. Mein Trabant war leicht und der LKW war schwer. So fuhr ich von der Straße auf ein frisch gepflügtes Feld. Der LKW bleibt stecken wenn er das auch versucht. Somit konnte der mir nicht folgen. Der leichte Trabant fuhr oben drüber hinweg und ich lenkte ihn wieder auf die Straße. Der LKW mittlerweile wieder auf der rechten Seite suchte das Weite. Noch vorsichtiger geworden erledigte ich meine Post Richtung Westen mit einer Deckadresse aus der Halberstädter Straße in Magdeburg. Zuhause zurück sprach ich mit meiner Frau darüber. Was sollten wir da tun oder was konnten wir da tun. Nichts. Also machten wir so weiter, aber ab jetzt unter der Prämisse auch einmal einem so genannten nätürlichen Unfall zum Opfer fallen zu können. Also ging es einige Wochen relativ ruhig weiter.

Es war leichtsinnig, morgens in den Pkw Trabant zu steigen, ohne einen kleinen Sicherheitscheck. Eines morgens stieg ich also wieder einmal in meinen Trabant ein, um damit zum Kreisbaubetrieb, meiner Arbeitsstelle, zu fahren. Unbedarft fuhr ich los. schließlich stand der PKW ja direkt unter unserem Wohnungsfenster auf der Straße, eine Garage konnten wir uns nicht leisten. An der ersten Straßenkreuzung hinter unserer Wohnung musste ich Bremsen. Es kam Querverkehr auf der Vorfahrtsstraße. Ich trat das Bremspedal bis zum Anschlag durch, ohne Wirkung. Zum Glück war der Plastiktrabant leicht und ich hatte eine gute Handbremse die ich feste zog. Das ging gerade noch einmal gut. Ich fuhr vorsichtig mit der Handbremse zurück und schaute unter das Fahrzeug. Alle Bremsleitungen waren durchtrennt. Aber auch das ging wieder einmal gut. Nun hatten die DDR-Staatsorgane wohl endlich von uns die Nase voll. Irgendetwas mussten sie tun. Aber auf keinen Fall die Ausreise genehmigen. Die Angst, ich könne in Koblenz und in Rheinland-Pfalz die wenigen kleinen Häuflein von Kommunisten mit meinen Praxiserlebnissen so infizieren, dass es bei den weniger verbohrten Genossen zu Überlegungen kommen könne, dass man seine sozialen Ziele auch ohne das Demokratiesystem der Bundesrepublik in Frage zu stellen, bei den Sozialdemokraten erreichen kann. Wir merkten, dass etwas Endgültiges im Gang war. Das war umso schwieriger, weil wir mittlerweile mit unsichtbarer Tinte unsere wichtigen Mitteilungen nach Koblenz schickten. Wir wählten auch den Weg über erfundene Absender zu befreundeten Familien, diese gaben dann die Post an unsere Verwandten weiter. Also so ganz unbemerkt konnte man mit uns nicht fertig werden, auch nicht, als bei meinem Trabant eines Morgens die Bremsleitungen durchtrennt waren.



                                                      11   Das Angebot


Weil die DDR-Entscheidungsträger in Halberstadt mit uns nicht fertig wurden, kam bei einer erneuten Vorladung zum Rat des Kreises (Inneres) ein mit besonderer Weisung ausgestatteter Herr Steinbach, vom Rat des Bezirkes mit dazu. Wir merkten gleich, wie die Halberstädter Ratsmitglieder sich zurückhielten und dem Genossen aus Magdeburg die Verhandlung überließen. Dieser Herr Steinbach sollte wohl auf jeden Fall mit einem positiven Ergebnis zurück nach Magdeburg kommen. Mit einem Gesicht, als wolle er uns auf der Stelle erschießen, fragte er uns, ob wir so wie bisher weitermachen wollten. Ich sagte nein, „Lasst uns ausreisen und Ihr seit den Ärger mit uns los“. „Nein!“, sagte dieser Magdeburger Genosse. „Alles, nur das nicht. Wir wollen den Ärger mit Euch endlich beenden.“ „Das könnt Ihr nicht“, sagte ich, „wenn Ihr uns nicht ausreisen lasst.“ „Oh doch“, sagte dieser. „Ihr werdet Euch vielleicht noch wundern, was wir alles können. Ihr seit in Eurem Umfeld in Halberstadt doch mittlerweile ganz klein mit Hut.“ „Da geben wir Ihnen Recht, das Leben in den letzten Jahren war nicht leicht für uns. Da habt Ihr ganze Arbeit geleistet.“ Herr Steinbach sagte: „Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Sie können wählen zwischen Deportation in eine andere Stadt oder in ein Gefängnis oder Sie werden beide sofort rehabilitiert und Sie Herr Dott erhalten eine Immatrikulierung an der Fachhochschule für Bauwesen in Magdeburg und bei erfolgreichem Abschluss werden Sie in der Verwaltung des Magdeburger Wohnungsbaukombinates eine Leitungsposition erhalten. Ihre Frau kommt in eine Betriebssanitätsstelle eines Magdeburger Großbetriebes, der in Halberstadt große Schiffsmotoren baut.“ Zu mir sagte er noch, dass ich keine weiteren Voraussetzungen benötigen würde, da ich ja bereits an der Karl Marx Uni in Berlin studiert habe und den Studienbetrieb ja kenne. „Aber mit den Ausreiseanträgen ist dann aber Schluss und auch mit den Kontakten zu der Koblenzer Bundestagsabgeordneten.“ Ich bat darum, das mit meiner Frau außerhalb des Rates besprechen zu können. Wir gingen erst einmal aus dem Gebäude heraus auf die Straße. Von dort in Richtung des Maschinenbaubetriebes in dem meine Frau Arbeiten sollte, sofern wir das Angebot annehmen würden. Wir diskutierten erst einmal grundsätzlich darüber, ob wir überhaupt den bisher eingeschlagenen Weges der permanenten Ausreiseantragstellung verlassen sollten und ob wir, wenn wir weiter machten, wie bisher, die Belastungen und den Stress auf Dauer ertragen könnten. Meine Frau Edith und ich , wir waren uns einig, dass dieses Leben zwischen Angst und Hoffnung, auf Dauer gesundheitliche Folgen für uns beide haben würde. Aber wenn wir das Angebot annehmen, verlieren wir dann nicht unser Gesicht gegenüber den anderen Ausreiseantragstellern, die uns kannten. Welche Alternativen gibt es. „Wenn wir weiter machen,“ sagte ich. Erstens können wir psychisch krank in die Hände des staatlichen Gesundheitswesen fallen, mit ihren hörigen Betriebs -Stasi und Parteiorganisationen in den Krankenhäusern und die ziehen uns mit Psychopharmaka aus dem Verkehr, oder wir fallen wirklich einmal einem Unfall zum Opfer und dann sind unsere Kinder alleine und werden in Staatskinderheimen erzogen. Wir würden dann zwar unser Gesicht bei den anderen Ausreiseantragstellern wahren Aber was hätten die und wir davon. Nichts. Dann schauten wir uns die andere Seite an. Was können wir noch für unsere Ausreise tun, wenn wir das annehmen? Wenn wir Ja sagen, zu dem was der Genosse aus Magdeburg uns vorschlägt, können wir nicht nach Beginn des Studiums und wenn du im Maschinenbau mit deiner neuen Tätigkeit beginnst den nächsten Ausreiseantrag stellen. Dann hat sich alles erledigt und wir bekommen weiter Druck. Dann müssen wir auch zu der Vereinbarung stehen. Das wir keine treuen DDR-Bürger mehr werden, ist denen ja sowieso klar. Dafür ist zuviel geschehen. Aber wir können uns doch erst einmal zurückziehen und dann in den Wiederstandsgruppen der Kirche sehen, was wir machen können, um den sich anbahnenden Veräderungen im DDR-Staat zu dienen. Wir waren uns im Klaren, dass sie uns sowieso klein kriegen würden. Also nehmen wir an und haben mal eine Zeit lang Ruhe. Wollen wir mal sehen, wie die diese Ihre Zusagen durchsetzen werden. Aus der Vereinbarung aussteigen können wir immer noch. Wir gingen also wieder hinein in das Ratsgebäude und in den Beratungsraum, da saßen sie alle noch und hatten ca. 20 Minuten auf das Ergebnis unserer internen Beratung gewartet. „Herr Steinbach, wir haben wohl keine andere Wahl, als Ihr Angebot anzunehmen.“ „Das erste Semester hat zwar schon vor einer Woche begonnen, aber Sie kommen dort noch hinein“, sagte Herr Steinbach. Betretenes Schweigen bei den Halberstädter Mitarbeitern vom Dezernat Inneres.

Vom nächsten Tag an hatten wir wieder viele Freunde. Wir wundern uns heute noch, wie die dass gemacht haben. Viele von unseren neuen Freunden hatten wahrscheinlich einen Parteiauftrag, sich um uns zu kümmern. Das, was dann die nächsten 5 Jahre auf mich zu kam, war erheblich schwerer als das Gesellschaftswissenschaftliche Studium unter privilegierten Bedingungen in Berlin. Beim Studium des Dialektischen Materialismus oder der Gesetzmäßigkeit der Negation der Negation und so weiter, muss man nicht unbedingt sehr gut rechnen können. Als die erste Mathematikklausur daneben ging, merkte ich, dass ich betreffs des Studiums keinen



                                                                 (XXXXX hier weiter)

Sonderstatus hatte. Das sollte wohl auch so sein, denn es gab in der DDR kaum etwas, was nicht geplant war, außer dem wirtschaftlichen Niedergang. Die Verantwortlichen konnten einiges im Sicherheits- und Militärbereich, aber von der Wirtschaft, von wirtschaftlicher Betriebsführung und wirklicher Rationalisierung im Produktionsablauf hatten sie kaum eine Ahnung mit wenigen Ausnahmen. Hinzu kam die Korruption, die hauptsächlich über das DDR Neuererwesen abgewickelt wurde, Neuerervorschläge und Neuerervereinbarungen Nach DDR- Neuererverordnung, NVO § 13, 1 und § 13,2 wurden so konzipiert, dass sehr häufig die Personen, über Jahre, überwiegend immer wieder die gleichen Leute, Vergütungen von mehreren Tausend Ost-Mark erhielten. Bei der Verteilung dieser Neuerersummen kam Staatstreue an erster Stelle, danach Leute von denen man etwas wollte, zum Beispiel Material oder sonstige Hilfen. Erst nach all diesen Gedanken, die teilweise bis in den Bereich der verdeckten Bestechungen gingen, kamen wirkliche Neuerungen und Erfindungen. Der Anteil der wirklichen Neuheiten betrug keine 10% des Betriebsetats für das Neuererwesen. Das konnte nicht gut gehen.



                         	    12 Kommilitonenbespitzelung		


Das nun folgende Hochbaustudium war sehr schwer, Aber ich wollte den Erfolg. Als sich abzeichnete, dass etwa die Hälfte der Studenten die hohen Anforderungen in den Naturwissenschaftlichen Fächern, Mathematik und Statik bereits nach dem ersten Studienjahr nicht erfüllen können und die Exmatrikulation etwa der Hälfte der Studenten bevor stand, griff ich nach jedem Strohhalm, um weiter zu kommen. Ein Mathematiklehrer an der EOS (erweiterte Oberschule) namens Haupt, der kürzlich in Rente gegangen war, übte mit mir höhere Mathematik und verdiente sich dadurch etwas hinzu. So lange ging ich zum Lehrer Haupt, bis ich im Studienfach Mathe die Note 2 erreicht hatte. In Statik konnte er mir aber nicht mehr helfen. Da musste ich alleine durch. Aber mit der guten Mathe-Grundlage ging das ganz gut. Nun wurde uns empfohlen zu Hause in Gruppen die gestellten Aufgaben zu trainieren. In Halberstadt schälte sich eine Gruppe von drei Studenten heraus, die regelmäßig gemeinsam ihre Klausuren und Testate vorbereiteten. Nachdem einer von uns dreien wegen mangelnder Leistung geext wurde, waren wir nur noch eine Zweiergruppe.

Wir freundeten uns auch pivat an und besuchten uns mit unseren Ehefrauen. Manche schöne Feier im ptivaten Bereich ist mir in Erinnerung. Es kam auch zu vertrauten Gesprächen unter uns beiden, Freunden. Auch über die Vorgeschichte die bei mir zur Aufnahme des Studiums geführt hatte. Besonders dieses und meine Herkunft aus Koblenz und die ganzen Umstände der Übersiedlung interessierten ihn brennend. Ich dachte mir nichts dabei und lies meine frühere Vorsicht außer Acht.

So ging das weiter bis das Studium beendet war und wir in unseren Betrieben als Ingenieure arbeiteten. Mein Mitstudent im Betonwerk in Halberstadt und ich im Magdeburger Wohnungsbaukombinat. Was ich erst nach der Deutschen Einheit bei der Durchsicht meiner Stasiakte erfuhr. Mein Freund war IM der Staatssicherheit und machte viele schriftlichen Berichte über mich und wurde durch seine Seilschaft Kreisbaudirektor im Rat des Kreises Halberstadt, bis ich seine schriftl. Berichte aus meiner Stasiakte dem Innenminister übergab. Dieser eine Fall wurde gerecht gelöst aber wie viele sind bis heute durchgeschlüpft?


Nun hatte ich die 5 Studienjahre geschafft und einen ordentlichen Abschluss. Im Wohnungsbaukombinat, baute ich nun Wohnungen, Plattenbauten am Fließband. Mit wenig Aufwand viele Wohnungen zu bauen, war unser Auftrag. Wir konnten nicht so schnell bauen, wie die Altstädte zerfielen, weil sie nicht instand gehalten wurden. Manche Straßenzüge, außerhalb der Ortskerne, sahen aus wie Trümmerlandschaften. Die eigentlich schöne Altbausubstanz zerfiel. In diesen ersten Tagen meiner Bauingenieurtätigkeit wollte mich ein Ingenieurkollege für die DDR-CDU werben. Ich wies ihn so barsch ab, dass mich später niemand mehr auf eine Mitgliedschaft ansprach.



13 DDR Kirche stützt Umbruch


Was bisher nicht ausführlich erwähnt wurde, in dieser ganzen Zeit, seit meiner Kindheit, war ich ausgenommen eine kurze Zeit, in der ich aus der Kirche ausgetreten war, mal mehr oder weniger ein aktiv praktizierender katholischer Christ. Die Kindheit als Messdiener, noch nach lateinischem Ritus und als Pfadfinder in der DPSG, sowie meine religiöse Erziehung, haben sich so entscheidend eingeprägt, dass ich immer wieder bei und in der Kirche Halt finden konnte, wenn ich dachte, dass es nicht mehr weiter geht. So auch jetzt. Die materielle Sicherheit der Familie war nun erreicht, wir waren im Betrieb und privat wieder angesehen. Die Tochter Anja ging in die Erweiterte Oberschule und bereitete sich auf ihr Abitur vor, die Tochter Katja lernte fleißig in der Pädagogischen Oberschule (POS). Trotz dem, glücklich waren wir in diesem Staat nicht. Meine Frau war zwar in der DDR geboren und kannte die Bundesrepublik nur aus dem Fernsehen und durch Erzählen. Sie war das ganze drum herum des sozialistischen Alltags gewöhnt. Vom Schlange stehen, wenn es mal Bananen gab. Die grünen und zähen Kuba-Orangen und der Trauringkauf mit, bei der Westverwandtschaft erbettelten, West DM i

Arbeitsmaterial für Herrn G. kemme.

Manfred Dott Altenbrak, eMail: mdott40@aol.com 04. 11. 10

An Herrn kemme Plus Pedia

Sehr geehrter Herr kemme, Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie folgendes Material benutzen,- aber es nicht in der Diskussion belassen würden. Es ist der fast neueste Stand der Aufzeichnungen. Wie ich Ihnen das sons übermitteln kann, weis ich nicht. Daher versuche ich das mal jetzt so.


   Via DDR,  bin dann mal fort
         Manfred Dott, ein Wendezeitzeuge, erzählt sein Leben.

1. Kindheitserlebnisse

2. Aufbegehren

3. Die Besinnung beginnt

4. Wilde Ost- Studienzeit

5. Die Überzeugung ändert sich

6. Gefangenschaft im Aufnahmelager

7. Persönliches Glück

8. Kampf um Ausreise

9. Das Verhör

10. Der Anschlag

11. Das Angebot

12. Kommilitonenbespitzelung

13. DDR-Kirche stützt Umbruch

14. Staatsführung zieht letzte Register

15. Die Montagsdemos

16. Das Neue Forum

17. Anbiederung

18 . Die 10. Volkskammer

19. Nach dem Tag der Einheit

20. Es ist erreicht

MANFRED DOTT Alte Straße 5 06502 Thale OT Altenbrak geb. 1940 in Koblenz Via DDR Bin dann mal fort


                                                   1.Kindheitserlebnisse


Koblenz: 1942 und 1943 - der Vater an der Ostfront. Bomben schlugen nahe unseres Hauses ein. Ein Riesenknall und die Kirche zwischen unserem Wohnhaus und der Rohrerhof-Schule in Koblenz-Metternich war ein Trümmerhaufen. Wir mussten also weg, aus dieser Gefahrenzone heraus. Wir wurden einem Bauernhof in Kleinurleben, einem kleinen Dorf in Thüringen in der Nähe von Bad Tennstedt zugeteilt, um das, wie die Kriegsplaner dachten, sich die Bomberverbände nicht kümmern würden, solange die Großstädte noch teilweise stehen.

Mit der Mutter und Familie 1943 wurden wir also von Koblenz ostwärts nach Thüringen evakuiert. Als dreijähriger kann ich mich noch Bruchstückhaft an ein Gespräch meiner Mutter mit einem Mann in Naziuniform erinnern. Dieser Mann sagte zur Mutter: wollen Sie sich wirklich mit den drei Kindern in der Evakuierung abmühen. Wir könnten Ihnen den Kleinen da abnehmen. Ihre Mädchen können ja schon mit anpacken. Die Evakuierung wird Ihnen dann nicht so schwer. Meine Mutter sagte, nein, den einzigen Namensstammhalter der ganzen Familie Dott, den kleinen Manfred nehme ich mit. Hier hatte ich wohl das erste mal im Leben Glück und ich durfte weiter leben. Die Vorsehung war mit mir noch nicht fertig. Nach abenteuerlicher Reise kamen wir an unserem zugewiesenen Evakuierungsort an.

Wir wohnten dann also in dem Bauernhof der Familie Steukart, direkt an der Dorfhauptstraße in der ersten Etage, in einem einzigen Raum. Die Mutter, die beiden älteren Schwestern, blond und mit Leib und Seele in dem BDM, der Mädchenorganisation im Hitlerstaat, dessen Hauptaufgabe es sein sollte, die Reproduktion der Arierrasse in Deutschland sicher zu stellen . Da auch meine Schwestern noch sehr jung und ohne Weitblick waren und sonst für sie nichts los war, kann ich ihnen das nicht verdenken.

Eines Tages im Sommer hörte ich lautes Männergebrüll und leises Stöhnen und das Getrappel vieler Menschen. Schnell war ich am Fenster und sah heraus auf die Hauptstraße, ehe meine Mutter das mitbekam. Naiv fragte ich Mutter, „was das dann sei?“. Statt mir das zu erklären bekam ich Prügel mit den Worten, „bleib zukünftig vom Fenster weg“. Erst später, wieder in Koblenz zurück und nach 1945, sagte mir eine meiner Schwestern, dass das, was ich da gesehen hatte, wohl ein Todesmarsch von Juden, in das nahe Konzentrationslager Buchenwald war. Jedenfalls wurde durch diese Erlebnisse meine frühe Kindheit geprägt. Es war trotz der Gefahren ein kleines Abenteuer. Gut, dass ich noch nicht so tief und umfassend das ganze erfassen konnte.

Mit 5 Jahren wurde ich in die Schule geschickt, weil es zu Hause nichts zu Essen gab, durch die Schulspeisung kamen wir wenigstens satt nach Hause. Das ich dadurch beim Lernen am Anfang mehr Schwierigkeiten haben würde als andere Schüler, auf diese Idee kam niemand. Ich war kleiner als viele Schüler meiner Klasse und bekam auch ab und zu mal Prügel in einer Ecke, die die Lehrer der Pausenaufsicht nicht einsehen konnten.

Somit als Spätzünder verdammt, stellte ich auch einen Zusammenhang des Lernens für das folgende Leben erst später her. Zu Hause hing ich herum, machte manchen Unsinn und ärgerte meine Schwestern die fleißig für die Mittelschule lernten, da Mutter das Schulgeld nicht bezahlen konnte und die Schwestern mit einem sehr guten Notendurchschnitt für die Beitragsfreiheit kämpfen mussten.

Eine tolle Abwechslung waren die St. Georgspfadfinder, bei denen ich zehn Jahre Mitglied war. Vom Wölfling bis zum Ritter. Wir marschierten im Pfadfinderschritt (das ist abwechselndes Gehen und Laufen) im Gleichschritt und im Wanderschritt. Wir sangen dazu Lieder im Takt. Unter anderem: Glotz, Glotz, Glotz am Bein wie lang ist die Chaussee, rechts ne Pappel links ne Pappel in der Mitt` ein Pferdeapfel. Wir merkten dabei gar nicht, dass wir Strecken von vielen km gingen. Wir lernten Gitarre spielen und sangen die Heimat- und Wanderlieder herauf und herunter. Bei den Geländespielen wurden wir oft im Wald bei Nacht ausgesetzt und dort bis zum nächsten morgen belassen. Wir lernten so, dass man im Wald, wenn man sich versteckt und sich ruhig verhält, sicherer ist als im Häusermeer einer Stadt. Das ich so auch einmal im Dunkeln in einem Ameisenhaufen gelandet bin, ist mir bis heute in Erinnerung. Sehr oft haben wir Pfadfinder diese so genannten Geländespiele im Brexbachtal und zwischen der Burg Elz und der Burg Trutzelz durchgeführt. Dieser im Grunde vormilitäriche Drill, war vom Gründer, der Pfadfinder, dem Engländer Baden Powell wohl so beabsichtigt. Das erklärt die Geschichte diese Lords auf die ich hier nicht näher eingehen will. Das war aber so verpackt, dass es einen riesigen Spaß gemacht hat.

Je älter ich wurde, desto stärker wurde der Wunsch, richtige Abenteuer zu bestehen. Gerade Wegs steuerte ich auf die beinahe Katastrophe zu.

Meine Lehrzeit in Koblenz in der Clemensstraße 16 und meine Umschulung im elterlichen Baubetrieb, waren geprägt von der Praxis, meine Berufsziele mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen. Nie ganz verausgaben und immer eine Reserve behalten, waren meine Grundsätze. Dadurch hatte ich genügend Raum für meine Träume von der großen weiten Welt. Mein damaliger Freund wollte mit mir nach Kanada auswandern. Wir hatten unsere Papiere fertig und wollten los. Er fuhr und ich blieb da. Obwohl es mir an Mut nicht fehlte, hielt mich irgend etwas hier in Koblenz fest.

Neben diesen Eindrücken und dieser Lebenspraxis hatte ich schon damals einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.


                                                    2. Aufbegehren


1945/1946 wohnten wir wieder in einem Haus, das wir vor der Evakuierung verlassen hatten, in Koblenz Metternich Rohrerhof. Mittlerweile kam mein Vater aus der Gefangenschaft zurück. Er war auch von seinen Erlebnissen geprägt und transportierte einiges in die Familie. Als einziger Junge hörte ich ihm gerne zu, wenn er russische Lieder sang und dazu Mundharmonika spielte. Schließlich hatte er ja was erlebt und überlebt. Ich löcherte ihn mit Fragen, was die Russen in ihrem Staat denn so anders machen als wir. Mein Vater aus heutiger Sicht eher unpolitisch, wusste es auch nicht so richtig zu erklären, was meine Neugier noch mehr forcierte. Bis er dann sagte: „Wenn du es genau wissen willst, dann gehe zu einem Herrn Ewinger im Wahlsweg. Der ist Kommunist, der kann dir das am Besten erklären und nun lass’ mich in Ruhe.“ Ich ging also hin, zu dem Herrn im Wahlsweg, in Koblenz Metternich,schräg gegenüber der Apfelmosterei Edel. Auf dem Weg dorthin ging mir so einiges durch den Kopf. Ist das richtig was ich hier vor habe. In den Zeitungen, im Fernsehen und im Rundfunk, wir hatten noch einen Volksempfänger in der Küche stehen, mit einem Hakenkreuz drauf, wurde ständig auf der Sowjetunion und der Ostzone herum gedroschen. Es war alles schlecht, was von dort kam. Reicht es nicht, wenn sich mein Weltbild auf diesen Informationen begründet, das reicht anderen Menschen ja auch warum muss ausgerechnet ich tiefer in die Materie eindringen? Wenn aus mir etwas werden soll, dann muss ich Schluss machen mit dieser Neugier. Ich war so in Gedanken, dass ich erschrocken war als meine Tante aus der Rübenacher Straße mich ansprach. Du stolperst noch über deine eigene Füße wenn du wie Hans Guck in die Luft durch die Gegend läufst. Ich war aufgeregt. Es kroch etwas unheimliches in mir hoch. Ich spürte instinktiv, dass mein Leben eine grundlegende Wendung nehmen könnte, wenn ich jetzt weiter ging. Einen Moment blieb ich stehen. Soll ich mein Vorhaben nicht doch abbrechen und umkehren. Aber dann würde ich ja nie erfahren was ich so gerne wissen möchte. Und im Übrigen bei den St. Georgspfadfindern hatte ich gelernt, zu forschen und zu ergründen, was sich dort hauptsächlich auf die Pflanzen und Tierwelt bezog. Aber jetzt wurde es politisch. Das war neu. Was kann mir schon geschehen, wenn ich zu dem Kommunisten Ewinger gehe und ihn nach dem Kommunismus frage. Eigentlich nichts. Also ging ich weiter und hatte für mich entschieden diese Wissenslücke über Herrn Ewinger zu schließen. Es waren noch etwa 50 Meter bis zu dem Haus des Kommunisten. Es standen viele Autos vor dem Haus. Das konnte verschiedene Gründe haben, waren die alle bei dem Herrn Newinger im Haus? Ach was. Ein Ruck und ich drückte auf die Klingel. Herr Newinger kam an die Tür und fragte misstrauisch was ich denn wolle. Da fragte ich ihn einfach gerade heraus, wie sollte ich das auch anders verpacken, ob er mir mal Auskunft geben könne über den Kommunismus, über Russland und über die Ostzone. Er sah mich böse an und sagte das heißt nicht Ostzone, sondern DDR. Dann fragte er mich, weshalb ich denn mit dieser Frage ausgerechnet zu ihm komme. Ehrlich sagte ich ihm, dass mein Vater mir gesagt hatte, Herr Ewinger kenne mehr als er über Russland, den Kommunismus und über die Ostz „Entschuldigung die DDR„ sagte ich, das muss ich mir merken. Das kommt nicht wieder vor. Da er meinen Vater kannte, verflog sein Misstrauen etwas und er schickte mich weg mit dem Hinweis, ich solle am nächsten Tag zu ihm kommen, dann könne er sich Zeit nehmen und mir meine Fragen beantworten. Die KPD war schon einige Zeit verboten und nur illegal konnten sich die Genossen treffen. Aus einem Zimmer quoll Zigarettenrauch und Männer waren dort, die ich nur hören aber nicht sehen konnte. Nun konnte ich mir erklären weshalb so viele Autos vor dem Haus standen. Später als eine gewisse Vertrauensbasis zu Herrn Ewinger gewachsen war, erfuhr ich, dass ich in eine illegale KPD-Versammlung hineingeplatzt war. Später erfuhr ich dann auch, dass noch an diesem Abend dort beschlossen wurde, mich auf keinen Fall in die KPD aufzunehmen. Alle Genossen sollen mir gegenüber besonders vorsichtig sein. Mein Elternhaus sei zu bürgerlich . Alleine schon die primitive Fragestellung nach dem Kommunismus und der Ostzone war für die Genossen eine Beleidigung. Zu dieser Zeit wusste ich es nicht besser. Mein Vater hatte gerade bei der Handwerkskammer seine Baumeisterprüfung bestanden und hatte sich mit einem Baubetrieb selbständig gemacht. Vater hatte zwei Maurerteams zusammengestellt. Er hatte Maurer und Hilfsarbeiter, so genannte Handlanger, eingestellt und war nach reinster kommunistischer Lehre Ausbeuter. Die Abenteuerlust hatte mich nun mal gepackt und es war „in“ etwas Verbotenes zu tun. Am nächsten Tag ging ich also wieder den Weg zu dem Herrn Ewinger. Es ging leichter als am Tag zuvor. Die Gedanken etwa um zu kehren, kamen mir nicht mehr. Dieses mal standen keine Autos vor der Tür. Nun stand ich bei Herrn Ewinger auf der Matte und klingelte. Er holte mich ins Haus. Sehr freundlich war er, seine Frau brachte Kaffee und dann erklärte er mir, was er unter Kommunismus verstand. Herr Ewinger konnte klug erklären, weshalb die bundesdeutschen Massenmedien so antikommunistisch agierten. Er sagte „ die haben Angst, dass zu viele Menschen sich gegen die Bundesrepublik stellen, wenn sie die Tatsachen über die Solidarität und die Einheit der Klassen im Osten erfahren Was er da so sagte klang so schön und so gerecht, dass man kaum glauben mochte, dass Menschen zu so einem Leben in der Lage sind. Er entließ mich und schenkte mir die Bücher „Das Kapital“, „Das kommunistische Manifest“ sowie einige Druckwerke von Lenin. Etwas Schöneres kann es doch gar nicht geben, als in Solidarität und Frieden mit den Mitmenschen zusammenzuleben und alles zu teilen. Die Falle war also zugeschnappt. Ich las fleißig die mitgegebenen Werke und kaufte noch selbst welche dazu. Es interessierte mich nun auch der dialektische Materialismus. Ich machte fleißig mit und bekam die Empfehlung von der KPD Gruppe , selbst in der Industrie als Arbeiter zu sehen, wie die Wirklichkeit ist. Wer genau hinter der Empfehlung steckte war mir zu dieser Zeit nicht klar. Im Vergleich zu dem Inhalt der Literatur von Marx und Engels und zu dem was Herr Ewinger interpretierte war das die Hölle. Zu dieser Zeit glaubte ich, das sei in Russland und der DDR alles in die Praxis umgesetzt, was ich zu lesen und zu hören bekam.

Ich ging in die Gewerkschaft. Damals die IG Chemie Papier Keramik. Ich wurde Vertrauensmann und in die Tarifkommission für Rheinland Pfalz gewählt. Die Gewerkschaftsgremien waren hauptsächlich von Sozialdemokraten besetzt. Die wollten immer Kompromisse machen. Man müsse doch beide Seiten der Tarifparteien verstehen. Da ich als Kommunist doch nicht so ganz alleine in der Gewerkschaft war und wir kompromisslos die Sozialdemokraten zu konsequenterem Vorgehen gegenüber den Arbeitgebern drängten, hatten wir doch auch immer wieder Erfolg. Vor allem kam unsere Konsequenz bei den Arbeitskollegen gut an und unsere Wahlfunktionen als Betriebsräte und Vertrauensleute waren sicher. Also eine beginnende linke Karriere. Mittlerweile war ich in die Grundeinheit der KPD in Koblenz so integriert, dass ich die KPD-Mitglieder kannte vom Asterstein bis Moselweiß. Auch kleine Sachen durfte ich für die Genossen mal erledigen beziehungsweise transportieren aus unserer Stadt in eine andere Stadt oder zu einer anderen Grundeinheit. Man testete meine Zuverlässigkeit. Dass ich wegen meinem bürgerlichen Elternhaus kein KPD-Mitglied werden konnte, hat mich nicht weiter gestört, das habe ich mit Aktivität wett gemacht. Mittlerweile wurde die ADF gegründet, eine kommunistische Ersatzpartei, damit die Kommunisten der KPD etwas zu wählen hatten. Zum Bundestagskandidaten dieser Partei für den Raum Koblenz hatte man mich gewählt. Chancenlos aber auf Plakaten und Flyern präsent.



                                          3.  Die Besinnung beginnt

Erstmals und ganz vorsichtig merkte ich, dass im Hintergrund die Fäden aus dem Osten Deutschlands gezogen wurden. Als wenn wir, die Kommunisten in der Bundesrepublik, selbständig wären, machte ich so weiter, als merkte ich das nicht. Aber ich fühlte mich irgendwie beobachtet. Das war unvereinbar mit meinem absoluten Freiheitsgedanken. Mehr über diese Ostzone, die so genannte DDR zu erfahren, war mein nächstes Ziel. Nicht nur von anderen darüber hören, sondern selbst sehen wollte ich, um zu diesem System, wenn es denn besser ist, in der Bundesrepublik bessere Argumente zu haben. Da kam mir die Einladung zu einem Studienaufenthalt in die DDR gerade recht. Auch hier kam mir einiges sehr seltsam vor. Die Einladung wurde mir von einem KPD Genossen mündlich übermittelt. Auf Nachfrage ob er mich denn so einfach in die DDR einladen könne, sagte er mir, dass ist schon alles durchgestellt, ich solle nicht so viel fragen. Wenn du nicht hin willst, dann musst du das sagen. Dann nehme ich das zurück. Da ich merkte, dass ich einen neuralgischen Punkt berührt hatte, nämlich die Verbindungen der DDR und ihr Einfluss bei den westdeutschen Kommunisten, habe ich meine Frage zurück genommen. Schließlich brannte ich ja darauf, die DDR mal selbst in Augenschein zu nehmen. Er sagte mir noch, dass es nach Bad Sarow gehen sollte. Mittlerweile war ich verheiratet und hatte zwei Kinder. Die ganze Familie solle mit kommen. Der Flug nach Berlin Tempelhof war schon gebucht hin und zurück und Geld für unseren Tagesbedarf bekamen wir auch schon vorab. Was die DDR alles möglich macht. Dass war doch schön. Ich fragte mich aber schon Wer macht denn etwas umsonst. Muss ich etwa hinterher etwas dafür tun? Jedenfalls Fuhren wir mit einem Taxi vom Westberliner Flughafen zum Bahnhof Friedrichstraße. Wir gingen dort in die Grenzübergangsstelle hinein. Wir hatten alle keine Einreisepapiere. Ich sagte meinen Namen, Manfred Dott mit Familie aus Koblenz. Nach einem Augenblick kam ein Mann auf uns zu, der uns zur Seite nahm und uns herzlich begrüßte. Er klopfte an die Wand und es ging eine Tür auf, die man von Westberliner Seite nicht als solche erkennen konnte. Wir gingen mit dem Genossen in einen dunklen Gang hinein. Dieser sonderbare unterirdische Gang führte ohne Kontrolle auf die Ostdeutsche Seite. Als wir den Gang verließen stand ein Wachsoldat breitbeinig davor und Salutierte vor dem Mann in Zivil der uns geführt hatte. Willkommen auf dem Boden der DDR sagte dieser und brachte uns zu einem schwarzen Wolga. Dieses Fahrzeug brachte uns zum Scharmützelsee. Der Wolga-fahrer hatte wahrscheinlich die Anweisung, mit uns nicht zu sprechen. Ich wollte höflich sein und sprach ihn unterwegs einige male an. Er antwortete nur einsilbig. Ich sollte wohl merken, dass er nicht zu unseren Kontaktleuten gehörte Dort, am Scharmützelsee, kamen wir in ein für DDR-Verhältnisse luxuriöses Ferienheim, weit ab von Bad Sarow. Sehr schöner Badeurlaub war das, aber von dem real existierenden Sozialismus hatte ich nichts gesehen. Oder war das der real existierende Sozialismus? Ging es vielleicht allen Leuten so gut wie uns hier im Ferienhotel. Die Menschen, die in dem Heim mit uns zusammen waren und mit denen wir dann auch mal zusammen gebracht wurden, waren allesamt stramme Kommunisten, die mit ihrer Hörigkeit bestimmt auch im Dritten Reich sehr gute Karriere-Chancen gehabt hätten.

Eines merkte ich schon jetzt, dass zwischen den Kommunisten in der BRD und denen der DDR Welten lagen.

Die Kommunisten in der BRD hatten aufzubegehren, Unruhe zu stiften und zu fordern über die Gewerkschaften und über den linken Flügel der Sozialdemokraten. Die Kommunisten der DDR hatten zu funktionieren, zu spitzeln und ihr System zu sichern. Und wir alle sollen die gleichen Ziele haben? Mir war also klar: Die reine Marxistische Lehre gab es nur auf dem Papier, nicht aber in der Praxis. Ob das überhaupt möglich war mit uns Menschen?

Erstmals musste ich für mich Kompromisse machen. Ich erklärte mir das so, dass durch das ständige Trommelfeuer der Westmedien gegen die Ostzone, die Sowjetunion und alles, was nur nach Kommunismus und Sozialismus roch, die Oststaaten zu einer besonderen Sicherheit gezwungen seien, um ihr System und ihre so genannten Errungenschaften zu verteidigen. Damit hatte ich meine innere Stimme, die zur Vorsicht mahnte, zum Schweigen gebracht und ich konnte so weiter machen wie bisher. Wir wurden aus dem DDR Urlaub so zurück gefahren, wie wir gekommen waren. Mit Wolga zum Bahnhof Friedrich Straße durch die Untergrundgänge nach Westberlin und mit Flieger ab Tempelhof nach Frankfurt am Main. Dort hatten wir unser Auto stehen. Zurück in Koblenz zog ich mir wieder die Unterwanderstiefel an und habe manchen Industriebetrieb in arge Schwierigkeiten gebracht. Aber so kritiklos wie vorher war ich nicht mehr. Auch durch die Kritikpunkte an der DDR, wurde mir das System der Bundesrepublik nicht sympathischer.

Ich streckte nun meine Fühler auch über die Grenzen von Koblenz aus und unterstützte Demos der außerparlamentarischen Opposition (APO) in anderen Städten. So war ich auch  bei überörtlichen Demos der APO in Frankfurt am Main  mit dabei. Viele heute bekannte Personen aus Politik und Gesellschaft habe ich dort getroffen, die eine ähnliche Entwicklung hinter sich haben. Das System herausfordern,

Provozieren, Abenteuer erleben, junge Menschen mit gleichen oder ähnlichen Zielen kennen lernen. Das war eine Zeit der absoluten Freiheit. Aber im inneren stellte ich mir oft die Frage was machen denn die Jugendlichen in der DDR, Möchten die nicht auch so leben wie wir. Die Jungen Menschen dort im Osten haben, die nicht die gleichen Wünsche wie wir. Was ist wenn dort ein junger Mensch genauso unruhig und systemkritisch ist wie wir hier. Was ist dann mit ihm. Wie reagiert dann der Staat DDR darauf. Alles hin und her nutzte nichts. Auch wenn ich in meinem Inneren in gehörigen Abstand vom DDR Staat und seiner Lebenspraxis gegangen war. Am Kampf gegen das Bundesdeutsche System hat das nichts geändert. Das alles blieb der DDR-Führung nicht verborgen und ich war bis dahin in ihren Augen ein, man kann sagen, Musterschüler der 5. Kolonne. Nach Prüfung meiner Vorbildung sollte ich ein Praktikum besonderer Art in Industriebetrieben machen, um bei Erfolg ein Studium in der DDR aufzunehmen. Ein Großbetrieb in Koblenz, mit Sitz im Industriegebiet, der bis heute dort die Presse vertreibt, hatte keinen Betriebsrat. Das kam mir da gerade recht, ich scharte einige Mitkämpfer um mich und verlangte die Gründung eines Betriebsrates und berief mich auf das Betriebsverfassungsgesetz der Bundesrepublik. Wenn mich auch sonst die Bundesgesetze nur wenig interessierten, hier nutzen sie mal und dann berief ich mich auch darauf. Den Betriebsrat bekamen dann die Kollegen und ich flog fristlos raus, da half auch nicht der gewonnene Prozess vor dem Koblenzer Arbeitsgericht. Das hat natürlich den DDR-Verbindungsleuten gefallen und meine Vorqualifizierung war so gut wie gelaufen. Ich bekam also eine Immatrikulierung für die Karl-Marx-Universität Leipzig mit Außenstelle in Berlin.



                                   4. Wilde Ost- Studienzeit



Meine Familie sah mich selten und meine Freiheit war grenzenlos Die Familie meiner ersten Ehe, meine Frau Elke und meine Kinder Anja und Heike blieben in Koblenz zurück und ich zog zum Studium in die DDR nach Ostberlin. Die in Koblenz gebliebene Familie wurde mit einer relativ hohen monatlichen Zahlung in DM aus der DDR unterstützt. Zu Besuch nach Koblenz, kam ich selten. Es fehlte uns Studenten und damit auch mir dort an nichts. In Berlin mit meinen Kommilitonen hoch angesehen, kosteten wir dieses Privileg auch aus. Schließlich sollten wir uns so wohl als möglich fühlen. Wer draußen keine Freundin gefunden hatte, dem konnte es so gehen wie mir einmal. Von einem Spaziergang über den Alexanderplatz mit der S-Bahn zurück, man musste ja mal was anderes sehen, als nur den Hörsaal und das Internat. Es war noch früh am Tag, etwa 20°° Uhr. Eigentlich wollte ich mich noch auf eine Klausur vorbereiten, die am nächsten Tag vorgesehen war. Mein Kommilitone, ein junger Mann aus Hamburg, war schon im Zimmer. Der wollte, wie er sagte an dem Tag nicht nach Berlin rein. Der empfing mich gleich an der Tür. „Erschrecke nicht“ sagte er. „Wieso“ fragte ich. „Schau mal dein Bett“ sagte er. Mein Bett war in einer Ecke direkt unter dem Fenster. Ich ging einen Schritt vor und sah lange schwarze Haare auf meinem Kopfkissen. Es lag dort ein Mädchen bildhübsch und ausgezogen. Nach meiner Schätzung war sie wohl zwischen 25 und 35 Jahre alt. Das hat mir erst einmal die Sprache verschlagen. Ich weis bis heute nicht ob mein Kommilitone sie vor mir hatte. Ich fragte auch nicht danach. Jedenfalls sagte mein Mitstudent, „ Zicke nicht rum, rein ins Bett“ Das machte ich aber nicht. Ehe ich etwas sagte, dachte ich erst einmal nach. Unser Internatsobjekt war umzäunt und bewacht. Man konnte nur durch einen Eingang hinein und heraus. Der Ausgang war nur mit unserem Sonderausweis möglich. Obwohl man uns kannte mussten die Wachleute immer wieder unsere Ausweise ansehen. Erst recht in das Objekt kam man nur, wenn man seinen Ausweis vorzeigte. Das ging mir alles durch den Kopf. Zu mindest im Beisein des Mädchens wollte ich auch meinen Kommilitonen nicht nach den näheren Umständen fragen. Es gab da einen Spruch, den man auch in anderen Zusammenhängen schon mal gehört hatte, besonders dann, wenn man etwas nicht gleich verstanden hatte, oder wenn einem was unverständlich vor kam: „Die Partei wird sich schon etwas dabei gedacht haben„ . Das Mädchen einfach so raus schmeißen wollte ich nicht. Aber sie kann ja nur mit dem Segen der Schulleitung bzw. der Staatssicherheit in das Objekt gekommen sein. Sie wird sicher hinterher zu mindest mündlich berichten, wie ihr Besuch bei mir ausgegangen ist. Sicher sollte sie neben der sexuellen Befriedigung, eventuelle Vorlieben auskundschaften. Ich war so erschrocken, dass ich glaube, in dem Moment hätte ich mit ihr gar nicht schlafen können. Aber da war noch mein Mitstudent im Zimmer. Der bemerkte mein Zögern. Wie eine impotenter Halbmann, wollte ich auch nicht da stehen. Was tun. Das Mädchen lag immer noch in meinem Bett. Plötzlich sagte sie : „willst du nicht endlich ins Bett kommen“ Mir fiel in dem Moment nichts anderes ein als meinen Mitstudenten zu fragen, „gehst du mal für eine halbe Stunde raus“ Später möchte ich schon alleine in meinem Bett schlafen. Er grinste und ging. Ich schloss die Tür von innen ab und sagte leise zu dem bildhübschen Kind, komm raus aus dem Bett und ziehe dich an. Sie sagte, „ Ich bekomme Ärger wenn ich mit dir nicht geschlafen habe“ Ich entgegnete ihr, „das muss doch keiner erfahren“ oder werden wir abgehört? Nicht das ich wüsste, „sagte sie“ Das musst du auch nicht wissen.. Leise sagte ich ihr ins Ohr, „dann sagst du jetzt laut, ach tut das gut, halt mich fest“ Das sagte sie dann auch. Hinterher kann keiner beweisen, dass nichts war. Sie stand aus dem Bett auf und kam heraus. Da sich mittlerweile mein erster Schreck gelegt hatte und ich sie so vor mir sah, wurde mir doch ganz seltsam zu mute. Aber ich dachte dann doch, die Stasi soll meine Art Sex zu haben nicht erfahren. Dann konnte ich mir doch eine Frage an das Mädchen nicht verkneifen. „Weshalb tust du das, wir kennen uns doch überhaupt nicht“ Haben die dich in der Hand, sitzt du irgendwo ein und kommst früher raus wenn du das hier gut machst. Darauf antwortete sie mir nicht. Sicher hatte sie Angst, ich könne hinterher darüber reden und dann hätte sie erst richtig Ärger. Ich konnte mich nicht satt sehen an der schönen Gestalt des Mädchens. Sie musste ja noch etwas bei mir bleiben, damit unser Deal nicht aufflog. Nach etwa 20 Minuten entließ ich sie. Mittlerweile war sie wieder in ihre hautenge Jeans geschlüpft und ging davon. Sie ging, wie sie gekommen war. Sie war verschwunden. Mein Kommilitone kam nach einer halben Stunde wieder rein und fragte grinsend, „wars schön“ „ja ja“ sagte ich und hatte für den Rest der Studienzeit ein solches Erlebnis im Internat nicht wieder. Obwohl wir das nicht merkten, muss man uns Studenten wohl genau beobachtet haben. Wir sollten alles haben, aber uns keinesfalls fest binden. Es war ja nur ein Aufenthalt auf Zeit.

Auch bei aller Wohlfühlstrategie merkte ich, dass es zwei weit auseinanderklaffende soziale Schichten in der DDR gab. Was, wenn alles so stimmt, wie wir das in unserem gesellschaftswissenschaftlichen Studium lernten, gesetzmäßig zu Unruhen führen muss. Das sei für alle Gesellschaftsordnungen gesetzmäßig. Nicht aber für den Sozialismus, denn hier sei ja die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beseitigt und es gebe keine Klassen mehr, meinte unser Professor. Manchmal dachte ich, was die da erzählen können die doch selbst nicht glauben. Eines lernte ich bei diesem Studium auch, dass man nicht alles sagen kann, was man denkt. Zumindest für mich galt, dass der Klassenunterschied in der DDR auch hier gesetzmäßig zu Unruhen führen muss.

Diese Gedanken habe ich schön für mich behalten, aber ich hatte nun auch oft genug Gelegenheit, Durchschnittsmenschen aus der DDR kennen zu lernen. Wir machten abends die Ostklubs unsicher, bevorzugt das Haus der jungen Talente und den Oktoberclub über dem Kino International. Mit unseren Sonderausweisen kamen wir dort hinein.

Zu dieser Zeit war auch meine jetzige Frau in Berlin. Sie absolvierte ihre Lehrzeit als Krankenschwester an der Charité. Eine überzeugte FDJ-lerin, die es bis zur Leiterin der Personensicherungsgruppe für die Amerikanerin Angela Davis bei den zehnten Weltfestspielen in Berlin gebracht hatte. Auf dieser Basis hatten wir uns kennen gelernt. Wir sahen uns dann öfter und aus Freundschaft wurde eine tiefere Beziehung. Obwohl wir das zu tarnen versuchten, bekamen die Sicherheitsleute das doch mit. Damit wurde das auch in der Uni bekannt. Als das bei der Leitung der Uni herum war, hatte ich das Studium fast hinter mir. Meine Freundin und ich waren uns einig, wir bleiben zusammen. Unserem Professor sage ich das natürlich noch nicht. Nachdem ich mein Abschlussdiplom bekommen hatte, eröffnete ich der Uni-Leitung, dass ich meine Freundin in den Westen mitnehmen wollte, um sie dort zu heiraten. Da musste sich mein Professor erst einmal selbst zusammen nehmen, um nicht los zu poltern. Mit uns Weststudenten in Ostberlin musste man ja etwas vorsichtiger umgehen. Schließlich sollen wir alsbald in der Bundesrepublik für die Errungenschaften der DDR werben.

Als Erstes bekam ich in Ostberlin einen Parteiauftrag, der den Trennungsbefehl von meiner Freundin zum Inhalt hatte. Bisher hatte ich so recht und schlecht alle ungewohnten Maßnahmen des DDR-Regimes mit deren Sicherheitsinteresse entschuldigt. Aber wo war dieses Interesse durch unseren Heiratswunsch verletzt? Die DDR-Praxis der reinen Lehre brach wie ein Kartenhaus zusammen. Immer klarer erkannte ich, was die DDR in Wirklichkeit war, nicht eine Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur der Chunta aus Wandlitz.




5. Die Überzeugung ändert sich


Je stärker die DDR Staatsorgane Druck auf uns beide ausübten, unser Verhältnis zu lösen, um so mehr und um so enger rückten wir zusammen. Mittlerweile hatte die DDR auch die monatlichen Zahlungen an meine Familie in Koblenz eingestellt. Auch mit diesem Druck sollte versucht werden, auf mich Einfluss zu nehmen, um das Verhältnis in der DDR zu beenden. Dieser Druck verpuffte, da Elke Dott, meine erste Frau, mittlerweile auch einen Freund hatte, der die Familie versorgte. Die Ehe war nicht mehr zu retten, wobei ich mir daran die größere Schuld gebe. Meine Freundin stellte nun einen Ausreiseantrag mit der Begründung, mich in der Bundesrepublik heiraten zu wollen. Nun machte auch sie die Erfahrungen mit ihrem so genannten „Vaterland DDR„.

Als Erstes wurde meine Frau aus der SED ausgeschlossen. Das geschah in ihrer Heimatstadt.. Sie musste zur SED Kreisleitung kommen, die sich in der Richard Wagner Straße der Stadt Halberstadt befand. Dort bekam sie, vom Kreisvorsitzenden Winkler, die Hauptschuld daran, dass ich nicht wie vorgesehen im Westen für die DDR funktionieren wollte.

Ich durfte nicht dabei sein und erwartete sie vor dem Haus. Meine Freundin kam Tränenüberströmt heraus. So hatten sie ihre Genossen fertig gemacht. Etwa zeitgleich wurde ich auf Weisung der SED, in Rheinland Pfalz aus der DKP ausgeschlossen. Das war eigentlich ein schmerzloser Akt, der mir auch entgegen kam.

                                                 Meine Frau machte nun die Erfahrung, die vor und nach ihr viele Menschen machen mussten, die ihre DDR verlassen wollten. Druck auf der Arbeitsstelle, Druck im privaten Umfeld bis hinein in die Familie, Das waren eingespielte Zenarien im Umgang mit Ausreiseantragstellen in der DDR. Diffamierungen und Demütigungen, um ihren Willen zu brechen. 

Da hatte ich es doch in der Bundesrepublik leichter, es kümmerte sich niemand um meine Angelegenheiten, so, wie das in einem freien Land nun mal so ist. Hier war ich erstmals froh den Häschern des DDR Staates nicht zur Verfügung stehen zu müssen. Nach beiderseitigem Einsehen und Einverständnis wurde meine erste Ehe in Koblenz geschieden Das war hauptsächlich durch unsere lange Trennungszeit bedingt. Nun setzte ich meine ganze Kraft ein, um meine Freundin in der DDR zu unterstützen. Jedes Wochenende fuhr ich Transit nach Westberlin, um dann von dort mit Tagespassierschein nach Ostberlin einzureisen, um sie zu sehen. Wie ich das heute einschätze, blieb auch das der DDR Staatssicherheit nicht verborgen. Erstens haben das meine ehemaligen Genossen in Koblenz weiter gemeldet, dass ich jedes Wochenende in Ostberlin bei meiner Freundin war und zweitens bin ich bei einer Transitfahrt einmal auf einem DDR-Parkplatz für einige Stunden eingeschlafen, das führte zu einem strengen Verhör an der Westberliner Grenze. So konnte das nicht weiter gehen. Wir spielten viele Pläne zur Flucht durch und verwarfen sie dann wieder. Wir wollten sicher sein, dass niemand von uns wegen Republikflucht, oder Beihilfe dazu, in DDR Gefängnissen weggesperrt wird. Es war wirklich die große Liebe, aller Schwierigkeiten zum Trotz. Bei der Trennung meiner ersten Ehe hatten wir die Kinder geteilt jeder hat eines in seine neue Umgebung mitgenommen. Meine ehemalige Frau die kleine Heike und ich die etwas größere Anja, Meine Tochter Anja hatte ab da eine schwere Zeit. Kurze Zeit im katholischen Heim in Koblenz Arenberg, dann bei Verwandten und dann bei mir. Von da an war sie immer und überall mit dabei.




6. Gefangenschaft im Aufnahmelager


Da ich mittlerweile die reale DDR, also das wirkliche Leben dort, ganz gut kannte und meine Freundin mir den Vorschlag machte, doch in die DDR über zu siedeln mit den Worten: „wir können doch überall glücklich sein“, überlegte ich nicht lange und fuhr einfach wie immer mit dem Auto über die Transitstrecke Richtung Westberlin. Meine Tochter Anja mit dabei. Bei Magdeburg fuhren wir von der Transitstrecke einfach ab und nach Magdeburg hinein, bis zu einer Volkspolizeidienststelle. Dort meldete ich mich mit den Worten „Ich möchte mit meiner Tochter in die DDR übersiedeln“. So einfach wie ich mir das vorstellte, war das aber nicht. Eine ganze Nacht saßen wir da in einem separaten abgeschlossenen Raum. Ein Telefonanruf löste den nächsten ab. Am nächsten Tag wurden wir nach Barby bei Magdeburg verbracht und mein Auto wurde eingezogen. Dort in einem Aufnahmelager wurden wir, wie man uns sagte, zur Desinfektion und Quarantäne in einem Raum eingeschlossen. Das Summen irgendwelcher Maschinen hinter der Wand war unheimlich. Obwohl ich auch an radioaktive Strahlung dachte, sagte ich mir, du müssen wir jetzt durch, auf halbem Wege kannst du nicht stehen bleiben, ohne dich selbst auf zu geben. Es wurde Nacht und es wurde wieder Tag man brachte was zu essen. Es wurde wieder Nacht und wieder Tag. Das ging so drei Tage. An das arme Kind bei mir dachte niemand. Ich versuchte dem Kind gegenüber diese Tortur etwas ab zu federn. Aber wir kamen dann doch dort heraus in ein Zimmer im Gebäude. Die Heizung in dem Uralt Gebäude war defekt und unser Heizkörper kalt. Wir zogen uns dick an und versuchten das so zu Überstehen. Danach musste ich Zeichnungen von den Betrieben anfertigen, in denen ich zuletzt gearbeitet hatte. Auch Maschinenausstattungen und Anordnung derselben sollte ich aufzeichnen. Meine Tochter Anja spielte derweil in dem Gelände des Lagers und zählte die Ratten, die sich an der Elbe, die dort vorbei fließt eingruben. Sie war mit mir im Aufnahmelager gefangen und kam auch nicht heraus. Es tat weh Ihre Fragen zu beantworten, weshalb wir in dem Lager sein müssen und nicht heraus können. Von weitem sah sie Kinder aus dem Ort Barby spielen und herum Toben. Meine Tochter hatte niemanden im Lager in ihrem Alter mit dem sie spielen konnte. Durch diese Lagerhaft konnte sie ein Jahr nicht zur Schule gehen. Was soll aus dem Kind nur werden, wenn sie wieder in die Schule geht. Bekommt sie Anschluss. Oder wird sie vollends abgehängt. Das interessierte aber von dem Lagerpersonal niemanden. Es wurde mir eröffnet, dass ein Aufnahmeverfahren etwa ein Jahr dauern könne und so lange dürfte ich und auch die kleine Tochter das Aufnahmeheim nicht in Richtung DDR verlassen. Ein Rückkehrrecht, in die Bundesrepublik, hätten wir aber noch. Wir brauchten nur zu sagen, dass wir wieder zurück wollten. Da sah man mal wie wenig die für uns Verantwortlichen den Manfred Dott kannten. Ich war es gewohnt einen einmal eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen. Auch wenn einmal ein Schuss nach hinten los ging. Das ist im Leben manchmal so. Die Heimoberen, die sicher in enger Abstimmung mit der Stasi handelten, hatte keine Ahnung davon, dass auch die letzten Sympathien zum DDR System zertrampelt waren und ich auch bei einer eventuellen Rückkehr in die Bundesrepublik, ein entschlossener Gegner des so genannten real existierenden Sozialismus sein würde. Das war kein Sozialismus und kein Kommunismus. Denn was den Menschen gut tut, muss man nicht mit brachialer Gewalt, Mauer und Schießbefehl als Grenzsicherung schützen.. In Wirklichkeit war die DDR eine Diktatur einer Schicht von möchtegern Intellektuellen, herausragend zu nennen Mielke, der mit seiner Dummheit, die ihm nicht mal selbst bewusst war, ein klassisches Beispiel für die DDR Regierenden abgab. Diese Intelligenzbestien, die sich, betrunken von Ihrer Macht, selbst einredeten die Avantgarde der Arbeiterklasse zu sein, regierten die DDR. Und wehe wer das bestreiten sollte. Ich blieb also mit meiner Tochter dort in dem Lager und schrieb und bekam Briefe von meiner Freundin. Wir machen uns gegenseitig Mut und beantragten einen Besuch für sie im Aufnahmelager. In dem ganzen Jahr wurde das nur einmal gestattet, 15 Minuten in einem Kellerraum in Barby unter Bewachung durch die Volkspolizei. Zumindest hatte der Bewacher eine solche Uniform an. Weil ich mein Aufnahmeersuchen nicht gefährden wollte, denn das war die letzte Möglichkeit mit meiner Freundin zusammenzukommen, bot ich mich als Heizer im Aufnahmeheim an. Alte Anlagen einer Niederdruckdampfheizung waren immer wieder defekt, ich hatte Mühe, die Schuld dafür auf die veraltete Technik zurückzuführen. Keinesfalls sollte es nach Sabotage aussehen. Nach einem halben Jahr im Heim sollte ich im Traktorenwerk in Schönebeck bei Magdeburg arbeiten. Dazu musste ich aber mit dem Bus vom Aufnahmeheim in Barby nach Schönebeck fahren. Um es nicht wie ein Gefangenentransport aussehen zu lassen, fuhr immer mindestens ein Begleiter in zivil mit. Unter anderem mit solchen unproduktiven Aufgaben sicherte die DDR ihre Vollbeschäftigung. Im Traktorenwerk arbeitete ich unter Bewachung in der Materialbeschickung für den Traktor ZT 300. Das ging so, ohne dass ich negativ auffiel, ein ganzes Jahr. Nach diesem Jahr eröffnete man mir, dass ich probeweise nach Halberstadt am Harz entlassen werde. Meine BRD-Ausweise habe man hinterlegt, um sie bei Vorkommnissen mir zurückzugeben und mich abzuschieben. Diese damalige übertriebene Vorsicht des Systems mir gegenüber führe ich darauf zurück, dass die DDR-ler bei dem, was ich in der Bundesrepublik gegen den Staat organisiert und durchgezogen hatte, Angst hatten, dass sich diese politische Energie einmal gegen sie wenden könnte, wie es später auch tatsächlich kommen sollte. Ich bekam also einen Aufenthaltsschein für die Stadt Halberstadt, ohne diese verlassen zu dürfen. Heiraten durften wir immer noch nicht. Die innere Einstellung und Überzeugung meiner Freundin und mir zum DDR-System hatte sich mittlerweile vom Antikommunismus in Hass gewandelt. Aber wir durften erst einmal in einer Altstadtwohnung der Stadt zusammenwohnen. Das endgültige Ziel von meiner Lebensgefährtin nicht mehr getrennt werden zu können, hatten wir aber immer noch nicht erreicht. Das war die Zeit, als ein ehemaliger Sohn meiner Zwangsstadt, Halberstadt, der Mitbegründer des Neuen Forums, Jens Reich, laut seiner Biografie, an der sowjetischen Akademie der Wissenschaften zum Forschunsaufenthalt in Puschtschinow bei Moskau war. Das zeigt bereits auch und ist logisch, dass wir beide später, obwohl in der gleichen 10.Volkskammer mit unterschiedlicher Konsequenz und unterschiedlichen Inhalten und Grundsätzen für Ve

Arbeitsmaterial für Herrn G. kemme.

Manfred Dott Altenbrak, eMail: mdott40@aol.com 04. 11. 10

An Herrn kemme Plus Pedia

Sehr geehrter Herr kemme, Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie folgendes Material benutzen,- aber es nicht in der Diskussion belassen würden. Es ist der fast neueste Stand der Aufzeichnungen. Wie ich Ihnen das sons übermitteln kann, weis ich nicht. Daher versuche ich das mal jetzt so.


   Via DDR,  bin dann mal fort
         Manfred Dott, ein Wendezeitzeuge, erzählt sein Leben.

1. Kindheitserlebnisse

2. Aufbegehren

3. Die Besinnung beginnt

4. Wilde Ost- Studienzeit

5. Die Überzeugung ändert sich

6. Gefangenschaft im Aufnahmelager

7. Persönliches Glück

8. Kampf um Ausreise

9. Das Verhör

10. Der Anschlag

11. Das Angebot

12. Kommilitonenbespitzelung

13. DDR-Kirche stützt Umbruch

14. Staatsführung zieht letzte Register

15. Die Montagsdemos

16. Das Neue Forum

17. Anbiederung

18 . Die 10. Volkskammer

19. Nach dem Tag der Einheit

20. Es ist erreicht

MANFRED DOTT Alte Straße 5 06502 Thale OT Altenbrak geb. 1940 in Koblenz Via DDR Bin dann mal fort


                                                   1.Kindheitserlebnisse


Koblenz: 1942 und 1943 - der Vater an der Ostfront. Bomben schlugen nahe unseres Hauses ein. Ein Riesenknall und die Kirche zwischen unserem Wohnhaus und der Rohrerhof-Schule in Koblenz-Metternich war ein Trümmerhaufen. Wir mussten also weg, aus dieser Gefahrenzone heraus. Wir wurden einem Bauernhof in Kleinurleben, einem kleinen Dorf in Thüringen in der Nähe von Bad Tennstedt zugeteilt, um das, wie die Kriegsplaner dachten, sich die Bomberverbände nicht kümmern würden, solange die Großstädte noch teilweise stehen.

Mit der Mutter und Familie 1943 wurden wir also von Koblenz ostwärts nach Thüringen evakuiert. Als dreijähriger kann ich mich noch Bruchstückhaft an ein Gespräch meiner Mutter mit einem Mann in Naziuniform erinnern. Dieser Mann sagte zur Mutter: wollen Sie sich wirklich mit den drei Kindern in der Evakuierung abmühen. Wir könnten Ihnen den Kleinen da abnehmen. Ihre Mädchen können ja schon mit anpacken. Die Evakuierung wird Ihnen dann nicht so schwer. Meine Mutter sagte, nein, den einzigen Namensstammhalter der ganzen Familie Dott, den kleinen Manfred nehme ich mit. Hier hatte ich wohl das erste mal im Leben Glück und ich durfte weiter leben. Die Vorsehung war mit mir noch nicht fertig. Nach abenteuerlicher Reise kamen wir an unserem zugewiesenen Evakuierungsort an.

Wir wohnten dann also in dem Bauernhof der Familie Steukart, direkt an der Dorfhauptstraße in der ersten Etage, in einem einzigen Raum. Die Mutter, die beiden älteren Schwestern, blond und mit Leib und Seele in dem BDM, der Mädchenorganisation im Hitlerstaat, dessen Hauptaufgabe es sein sollte, die Reproduktion der Arierrasse in Deutschland sicher zu stellen . Da auch meine Schwestern noch sehr jung und ohne Weitblick waren und sonst für sie nichts los war, kann ich ihnen das nicht verdenken.

Eines Tages im Sommer hörte ich lautes Männergebrüll und leises Stöhnen und das Getrappel vieler Menschen. Schnell war ich am Fenster und sah heraus auf die Hauptstraße, ehe meine Mutter das mitbekam. Naiv fragte ich Mutter, „was das dann sei?“. Statt mir das zu erklären bekam ich Prügel mit den Worten, „bleib zukünftig vom Fenster weg“. Erst später, wieder in Koblenz zurück und nach 1945, sagte mir eine meiner Schwestern, dass das, was ich da gesehen hatte, wohl ein Todesmarsch von Juden, in das nahe Konzentrationslager Buchenwald war. Jedenfalls wurde durch diese Erlebnisse meine frühe Kindheit geprägt. Es war trotz der Gefahren ein kleines Abenteuer. Gut, dass ich noch nicht so tief und umfassend das ganze erfassen konnte.

Mit 5 Jahren wurde ich in die Schule geschickt, weil es zu Hause nichts zu Essen gab, durch die Schulspeisung kamen wir wenigstens satt nach Hause. Das ich dadurch beim Lernen am Anfang mehr Schwierigkeiten haben würde als andere Schüler, auf diese Idee kam niemand. Ich war kleiner als viele Schüler meiner Klasse und bekam auch ab und zu mal Prügel in einer Ecke, die die Lehrer der Pausenaufsicht nicht einsehen konnten.

Somit als Spätzünder verdammt, stellte ich auch einen Zusammenhang des Lernens für das folgende Leben erst später her. Zu Hause hing ich herum, machte manchen Unsinn und ärgerte meine Schwestern die fleißig für die Mittelschule lernten, da Mutter das Schulgeld nicht bezahlen konnte und die Schwestern mit einem sehr guten Notendurchschnitt für die Beitragsfreiheit kämpfen mussten.

Eine tolle Abwechslung waren die St. Georgspfadfinder, bei denen ich zehn Jahre Mitglied war. Vom Wölfling bis zum Ritter. Wir marschierten im Pfadfinderschritt (das ist abwechselndes Gehen und Laufen) im Gleichschritt und im Wanderschritt. Wir sangen dazu Lieder im Takt. Unter anderem: Glotz, Glotz, Glotz am Bein wie lang ist die Chaussee, rechts ne Pappel links ne Pappel in der Mitt` ein Pferdeapfel. Wir merkten dabei gar nicht, dass wir Strecken von vielen km gingen. Wir lernten Gitarre spielen und sangen die Heimat- und Wanderlieder herauf und herunter. Bei den Geländespielen wurden wir oft im Wald bei Nacht ausgesetzt und dort bis zum nächsten morgen belassen. Wir lernten so, dass man im Wald, wenn man sich versteckt und sich ruhig verhält, sicherer ist als im Häusermeer einer Stadt. Das ich so auch einmal im Dunkeln in einem Ameisenhaufen gelandet bin, ist mir bis heute in Erinnerung. Sehr oft haben wir Pfadfinder diese so genannten Geländespiele im Brexbachtal und zwischen der Burg Elz und der Burg Trutzelz durchgeführt. Dieser im Grunde vormilitäriche Drill, war vom Gründer, der Pfadfinder, dem Engländer Baden Powell wohl so beabsichtigt. Das erklärt die Geschichte diese Lords auf die ich hier nicht näher eingehen will. Das war aber so verpackt, dass es einen riesigen Spaß gemacht hat.

Je älter ich wurde, desto stärker wurde der Wunsch, richtige Abenteuer zu bestehen. Gerade Wegs steuerte ich auf die beinahe Katastrophe zu.

Meine Lehrzeit in Koblenz in der Clemensstraße 16 und meine Umschulung im elterlichen Baubetrieb, waren geprägt von der Praxis, meine Berufsziele mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen. Nie ganz verausgaben und immer eine Reserve behalten, waren meine Grundsätze. Dadurch hatte ich genügend Raum für meine Träume von der großen weiten Welt. Mein damaliger Freund wollte mit mir nach Kanada auswandern. Wir hatten unsere Papiere fertig und wollten los. Er fuhr und ich blieb da. Obwohl es mir an Mut nicht fehlte, hielt mich irgend etwas hier in Koblenz fest.

Neben diesen Eindrücken und dieser Lebenspraxis hatte ich schon damals einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.


                                                    2. Aufbegehren


1945/1946 wohnten wir wieder in einem Haus, das wir vor der Evakuierung verlassen hatten, in Koblenz Metternich Rohrerhof. Mittlerweile kam mein Vater aus der Gefangenschaft zurück. Er war auch von seinen Erlebnissen geprägt und transportierte einiges in die Familie. Als einziger Junge hörte ich ihm gerne zu, wenn er russische Lieder sang und dazu Mundharmonika spielte. Schließlich hatte er ja was erlebt und überlebt. Ich löcherte ihn mit Fragen, was die Russen in ihrem Staat denn so anders machen als wir. Mein Vater aus heutiger Sicht eher unpolitisch, wusste es auch nicht so richtig zu erklären, was meine Neugier noch mehr forcierte. Bis er dann sagte: „Wenn du es genau wissen willst, dann gehe zu einem Herrn Ewinger im Wahlsweg. Der ist Kommunist, der kann dir das am Besten erklären und nun lass’ mich in Ruhe.“ Ich ging also hin, zu dem Herrn im Wahlsweg, in Koblenz Metternich,schräg gegenüber der Apfelmosterei Edel. Auf dem Weg dorthin ging mir so einiges durch den Kopf. Ist das richtig was ich hier vor habe. In den Zeitungen, im Fernsehen und im Rundfunk, wir hatten noch einen Volksempfänger in der Küche stehen, mit einem Hakenkreuz drauf, wurde ständig auf der Sowjetunion und der Ostzone herum gedroschen. Es war alles schlecht, was von dort kam. Reicht es nicht, wenn sich mein Weltbild auf diesen Informationen begründet, das reicht anderen Menschen ja auch warum muss ausgerechnet ich tiefer in die Materie eindringen? Wenn aus mir etwas werden soll, dann muss ich Schluss machen mit dieser Neugier. Ich war so in Gedanken, dass ich erschrocken war als meine Tante aus der Rübenacher Straße mich ansprach. Du stolperst noch über deine eigene Füße wenn du wie Hans Guck in die Luft durch die Gegend läufst. Ich war aufgeregt. Es kroch etwas unheimliches in mir hoch. Ich spürte instinktiv, dass mein Leben eine grundlegende Wendung nehmen könnte, wenn ich jetzt weiter ging. Einen Moment blieb ich stehen. Soll ich mein Vorhaben nicht doch abbrechen und umkehren. Aber dann würde ich ja nie erfahren was ich so gerne wissen möchte. Und im Übrigen bei den St. Georgspfadfindern hatte ich gelernt, zu forschen und zu ergründen, was sich dort hauptsächlich auf die Pflanzen und Tierwelt bezog. Aber jetzt wurde es politisch. Das war neu. Was kann mir schon geschehen, wenn ich zu dem Kommunisten Ewinger gehe und ihn nach dem Kommunismus frage. Eigentlich nichts. Also ging ich weiter und hatte für mich entschieden diese Wissenslücke über Herrn Ewinger zu schließen. Es waren noch etwa 50 Meter bis zu dem Haus des Kommunisten. Es standen viele Autos vor dem Haus. Das konnte verschiedene Gründe haben, waren die alle bei dem Herrn Newinger im Haus? Ach was. Ein Ruck und ich drückte auf die Klingel. Herr Newinger kam an die Tür und fragte misstrauisch was ich denn wolle. Da fragte ich ihn einfach gerade heraus, wie sollte ich das auch anders verpacken, ob er mir mal Auskunft geben könne über den Kommunismus, über Russland und über die Ostzone. Er sah mich böse an und sagte das heißt nicht Ostzone, sondern DDR. Dann fragte er mich, weshalb ich denn mit dieser Frage ausgerechnet zu ihm komme. Ehrlich sagte ich ihm, dass mein Vater mir gesagt hatte, Herr Ewinger kenne mehr als er über Russland, den Kommunismus und über die Ostz „Entschuldigung die DDR„ sagte ich, das muss ich mir merken. Das kommt nicht wieder vor. Da er meinen Vater kannte, verflog sein Misstrauen etwas und er schickte mich weg mit dem Hinweis, ich solle am nächsten Tag zu ihm kommen, dann könne er sich Zeit nehmen und mir meine Fragen beantworten. Die KPD war schon einige Zeit verboten und nur illegal konnten sich die Genossen treffen. Aus einem Zimmer quoll Zigarettenrauch und Männer waren dort, die ich nur hören aber nicht sehen konnte. Nun konnte ich mir erklären weshalb so viele Autos vor dem Haus standen. Später als eine gewisse Vertrauensbasis zu Herrn Ewinger gewachsen war, erfuhr ich, dass ich in eine illegale KPD-Versammlung hineingeplatzt war. Später erfuhr ich dann auch, dass noch an diesem Abend dort beschlossen wurde, mich auf keinen Fall in die KPD aufzunehmen. Alle Genossen sollen mir gegenüber besonders vorsichtig sein. Mein Elternhaus sei zu bürgerlich . Alleine schon die primitive Fragestellung nach dem Kommunismus und der Ostzone war für die Genossen eine Beleidigung. Zu dieser Zeit wusste ich es nicht besser. Mein Vater hatte gerade bei der Handwerkskammer seine Baumeisterprüfung bestanden und hatte sich mit einem Baubetrieb selbständig gemacht. Vater hatte zwei Maurerteams zusammengestellt. Er hatte Maurer und Hilfsarbeiter, so genannte Handlanger, eingestellt und war nach reinster kommunistischer Lehre Ausbeuter. Die Abenteuerlust hatte mich nun mal gepackt und es war „in“ etwas Verbotenes zu tun. Am nächsten Tag ging ich also wieder den Weg zu dem Herrn Ewinger. Es ging leichter als am Tag zuvor. Die Gedanken etwa um zu kehren, kamen mir nicht mehr. Dieses mal standen keine Autos vor der Tür. Nun stand ich bei Herrn Ewinger auf der Matte und klingelte. Er holte mich ins Haus. Sehr freundlich war er, seine Frau brachte Kaffee und dann erklärte er mir, was er unter Kommunismus verstand. Herr Ewinger konnte klug erklären, weshalb die bundesdeutschen Massenmedien so antikommunistisch agierten. Er sagte „ die haben Angst, dass zu viele Menschen sich gegen die Bundesrepublik stellen, wenn sie die Tatsachen über die Solidarität und die Einheit der Klassen im Osten erfahren Was er da so sagte klang so schön und so gerecht, dass man kaum glauben mochte, dass Menschen zu so einem Leben in der Lage sind. Er entließ mich und schenkte mir die Bücher „Das Kapital“, „Das kommunistische Manifest“ sowie einige Druckwerke von Lenin. Etwas Schöneres kann es doch gar nicht geben, als in Solidarität und Frieden mit den Mitmenschen zusammenzuleben und alles zu teilen. Die Falle war also zugeschnappt. Ich las fleißig die mitgegebenen Werke und kaufte noch selbst welche dazu. Es interessierte mich nun auch der dialektische Materialismus. Ich machte fleißig mit und bekam die Empfehlung von der KPD Gruppe , selbst in der Industrie als Arbeiter zu sehen, wie die Wirklichkeit ist. Wer genau hinter der Empfehlung steckte war mir zu dieser Zeit nicht klar. Im Vergleich zu dem Inhalt der Literatur von Marx und Engels und zu dem was Herr Ewinger interpretierte war das die Hölle. Zu dieser Zeit glaubte ich, das sei in Russland und der DDR alles in die Praxis umgesetzt, was ich zu lesen und zu hören bekam.

Ich ging in die Gewerkschaft. Damals die IG Chemie Papier Keramik. Ich wurde Vertrauensmann und in die Tarifkommission für Rheinland Pfalz gewählt. Die Gewerkschaftsgremien waren hauptsächlich von Sozialdemokraten besetzt. Die wollten immer Kompromisse machen. Man müsse doch beide Seiten der Tarifparteien verstehen. Da ich als Kommunist doch nicht so ganz alleine in der Gewerkschaft war und wir kompromisslos die Sozialdemokraten zu konsequenterem Vorgehen gegenüber den Arbeitgebern drängten, hatten wir doch auch immer wieder Erfolg. Vor allem kam unsere Konsequenz bei den Arbeitskollegen gut an und unsere Wahlfunktionen als Betriebsräte und Vertrauensleute waren sicher. Also eine beginnende linke Karriere. Mittlerweile war ich in die Grundeinheit der KPD in Koblenz so integriert, dass ich die KPD-Mitglieder kannte vom Asterstein bis Moselweiß. Auch kleine Sachen durfte ich für die Genossen mal erledigen beziehungsweise transportieren aus unserer Stadt in eine andere Stadt oder zu einer anderen Grundeinheit. Man testete meine Zuverlässigkeit. Dass ich wegen meinem bürgerlichen Elternhaus kein KPD-Mitglied werden konnte, hat mich nicht weiter gestört, das habe ich mit Aktivität wett gemacht. Mittlerweile wurde die ADF gegründet, eine kommunistische Ersatzpartei, damit die Kommunisten der KPD etwas zu wählen hatten. Zum Bundestagskandidaten dieser Partei für den Raum Koblenz hatte man mich gewählt. Chancenlos aber auf Plakaten und Flyern präsent.



                                          3.  Die Besinnung beginnt

Erstmals und ganz vorsichtig merkte ich, dass im Hintergrund die Fäden aus dem Osten Deutschlands gezogen wurden. Als wenn wir, die Kommunisten in der Bundesrepublik, selbständig wären, machte ich so weiter, als merkte ich das nicht. Aber ich fühlte mich irgendwie beobachtet. Das war unvereinbar mit meinem absoluten Freiheitsgedanken. Mehr über diese Ostzone, die so genannte DDR zu erfahren, war mein nächstes Ziel. Nicht nur von anderen darüber hören, sondern selbst sehen wollte ich, um zu diesem System, wenn es denn besser ist, in der Bundesrepublik bessere Argumente zu haben. Da kam mir die Einladung zu einem Studienaufenthalt in die DDR gerade recht. Auch hier kam mir einiges sehr seltsam vor. Die Einladung wurde mir von einem KPD Genossen mündlich übermittelt. Auf Nachfrage ob er mich denn so einfach in die DDR einladen könne, sagte er mir, dass ist schon alles durchgestellt, ich solle nicht so viel fragen. Wenn du nicht hin willst, dann musst du das sagen. Dann nehme ich das zurück. Da ich merkte, dass ich einen neuralgischen Punkt berührt hatte, nämlich die Verbindungen der DDR und ihr Einfluss bei den westdeutschen Kommunisten, habe ich meine Frage zurück genommen. Schließlich brannte ich ja darauf, die DDR mal selbst in Augenschein zu nehmen. Er sagte mir noch, dass es nach Bad Sarow gehen sollte. Mittlerweile war ich verheiratet und hatte zwei Kinder. Die ganze Familie solle mit kommen. Der Flug nach Berlin Tempelhof war schon gebucht hin und zurück und Geld für unseren Tagesbedarf bekamen wir auch schon vorab. Was die DDR alles möglich macht. Dass war doch schön. Ich fragte mich aber schon Wer macht denn etwas umsonst. Muss ich etwa hinterher etwas dafür tun? Jedenfalls Fuhren wir mit einem Taxi vom Westberliner Flughafen zum Bahnhof Friedrichstraße. Wir gingen dort in die Grenzübergangsstelle hinein. Wir hatten alle keine Einreisepapiere. Ich sagte meinen Namen, Manfred Dott mit Familie aus Koblenz. Nach einem Augenblick kam ein Mann auf uns zu, der uns zur Seite nahm und uns herzlich begrüßte. Er klopfte an die Wand und es ging eine Tür auf, die man von Westberliner Seite nicht als solche erkennen konnte. Wir gingen mit dem Genossen in einen dunklen Gang hinein. Dieser sonderbare unterirdische Gang führte ohne Kontrolle auf die Ostdeutsche Seite. Als wir den Gang verließen stand ein Wachsoldat breitbeinig davor und Salutierte vor dem Mann in Zivil der uns geführt hatte. Willkommen auf dem Boden der DDR sagte dieser und brachte uns zu einem schwarzen Wolga. Dieses Fahrzeug brachte uns zum Scharmützelsee. Der Wolga-fahrer hatte wahrscheinlich die Anweisung, mit uns nicht zu sprechen. Ich wollte höflich sein und sprach ihn unterwegs einige male an. Er antwortete nur einsilbig. Ich sollte wohl merken, dass er nicht zu unseren Kontaktleuten gehörte Dort, am Scharmützelsee, kamen wir in ein für DDR-Verhältnisse luxuriöses Ferienheim, weit ab von Bad Sarow. Sehr schöner Badeurlaub war das, aber von dem real existierenden Sozialismus hatte ich nichts gesehen. Oder war das der real existierende Sozialismus? Ging es vielleicht allen Leuten so gut wie uns hier im Ferienhotel. Die Menschen, die in dem Heim mit uns zusammen waren und mit denen wir dann auch mal zusammen gebracht wurden, waren allesamt stramme Kommunisten, die mit ihrer Hörigkeit bestimmt auch im Dritten Reich sehr gute Karriere-Chancen gehabt hätten.

Eines merkte ich schon jetzt, dass zwischen den Kommunisten in der BRD und denen der DDR Welten lagen.

Die Kommunisten in der BRD hatten aufzubegehren, Unruhe zu stiften und zu fordern über die Gewerkschaften und über den linken Flügel der Sozialdemokraten. Die Kommunisten der DDR hatten zu funktionieren, zu spitzeln und ihr System zu sichern. Und wir alle sollen die gleichen Ziele haben? Mir war also klar: Die reine Marxistische Lehre gab es nur auf dem Papier, nicht aber in der Praxis. Ob das überhaupt möglich war mit uns Menschen?

Erstmals musste ich für mich Kompromisse machen. Ich erklärte mir das so, dass durch das ständige Trommelfeuer der Westmedien gegen die Ostzone, die Sowjetunion und alles, was nur nach Kommunismus und Sozialismus roch, die Oststaaten zu einer besonderen Sicherheit gezwungen seien, um ihr System und ihre so genannten Errungenschaften zu verteidigen. Damit hatte ich meine innere Stimme, die zur Vorsicht mahnte, zum Schweigen gebracht und ich konnte so weiter machen wie bisher. Wir wurden aus dem DDR Urlaub so zurück gefahren, wie wir gekommen waren. Mit Wolga zum Bahnhof Friedrich Straße durch die Untergrundgänge nach Westberlin und mit Flieger ab Tempelhof nach Frankfurt am Main. Dort hatten wir unser Auto stehen. Zurück in Koblenz zog ich mir wieder die Unterwanderstiefel an und habe manchen Industriebetrieb in arge Schwierigkeiten gebracht. Aber so kritiklos wie vorher war ich nicht mehr. Auch durch die Kritikpunkte an der DDR, wurde mir das System der Bundesrepublik nicht sympathischer.

Ich streckte nun meine Fühler auch über die Grenzen von Koblenz aus und unterstützte Demos der außerparlamentarischen Opposition (APO) in anderen Städten. So war ich auch  bei überörtlichen Demos der APO in Frankfurt am Main  mit dabei. Viele heute bekannte Personen aus Politik und Gesellschaft habe ich dort getroffen, die eine ähnliche Entwicklung hinter sich haben. Das System herausfordern,

Provozieren, Abenteuer erleben, junge Menschen mit gleichen oder ähnlichen Zielen kennen lernen. Das war eine Zeit der absoluten Freiheit. Aber im inneren stellte ich mir oft die Frage was machen denn die Jugendlichen in der DDR, Möchten die nicht auch so leben wie wir. Die Jungen Menschen dort im Osten haben, die nicht die gleichen Wünsche wie wir. Was ist wenn dort ein junger Mensch genauso unruhig und systemkritisch ist wie wir hier. Was ist dann mit ihm. Wie reagiert dann der Staat DDR darauf. Alles hin und her nutzte nichts. Auch wenn ich in meinem Inneren in gehörigen Abstand vom DDR Staat und seiner Lebenspraxis gegangen war. Am Kampf gegen das Bundesdeutsche System hat das nichts geändert. Das alles blieb der DDR-Führung nicht verborgen und ich war bis dahin in ihren Augen ein, man kann sagen, Musterschüler der 5. Kolonne. Nach Prüfung meiner Vorbildung sollte ich ein Praktikum besonderer Art in Industriebetrieben machen, um bei Erfolg ein Studium in der DDR aufzunehmen. Ein Großbetrieb in Koblenz, mit Sitz im Industriegebiet, der bis heute dort die Presse vertreibt, hatte keinen Betriebsrat. Das kam mir da gerade recht, ich scharte einige Mitkämpfer um mich und verlangte die Gründung eines Betriebsrates und berief mich auf das Betriebsverfassungsgesetz der Bundesrepublik. Wenn mich auch sonst die Bundesgesetze nur wenig interessierten, hier nutzen sie mal und dann berief ich mich auch darauf. Den Betriebsrat bekamen dann die Kollegen und ich flog fristlos raus, da half auch nicht der gewonnene Prozess vor dem Koblenzer Arbeitsgericht. Das hat natürlich den DDR-Verbindungsleuten gefallen und meine Vorqualifizierung war so gut wie gelaufen. Ich bekam also eine Immatrikulierung für die Karl-Marx-Universität Leipzig mit Außenstelle in Berlin.



                                   4. Wilde Ost- Studienzeit



Meine Familie sah mich selten und meine Freiheit war grenzenlos Die Familie meiner ersten Ehe, meine Frau Elke und meine Kinder Anja und Heike blieben in Koblenz zurück und ich zog zum Studium in die DDR nach Ostberlin. Die in Koblenz gebliebene Familie wurde mit einer relativ hohen monatlichen Zahlung in DM aus der DDR unterstützt. Zu Besuch nach Koblenz, kam ich selten. Es fehlte uns Studenten und damit auch mir dort an nichts. In Berlin mit meinen Kommilitonen hoch angesehen, kosteten wir dieses Privileg auch aus. Schließlich sollten wir uns so wohl als möglich fühlen. Wer draußen keine Freundin gefunden hatte, dem konnte es so gehen wie mir einmal. Von einem Spaziergang über den Alexanderplatz mit der S-Bahn zurück, man musste ja mal was anderes sehen, als nur den Hörsaal und das Internat. Es war noch früh am Tag, etwa 20°° Uhr. Eigentlich wollte ich mich noch auf eine Klausur vorbereiten, die am nächsten Tag vorgesehen war. Mein Kommilitone, ein junger Mann aus Hamburg, war schon im Zimmer. Der wollte, wie er sagte an dem Tag nicht nach Berlin rein. Der empfing mich gleich an der Tür. „Erschrecke nicht“ sagte er. „Wieso“ fragte ich. „Schau mal dein Bett“ sagte er. Mein Bett war in einer Ecke direkt unter dem Fenster. Ich ging einen Schritt vor und sah lange schwarze Haare auf meinem Kopfkissen. Es lag dort ein Mädchen bildhübsch und ausgezogen. Nach meiner Schätzung war sie wohl zwischen 25 und 35 Jahre alt. Das hat mir erst einmal die Sprache verschlagen. Ich weis bis heute nicht ob mein Kommilitone sie vor mir hatte. Ich fragte auch nicht danach. Jedenfalls sagte mein Mitstudent, „ Zicke nicht rum, rein ins Bett“ Das machte ich aber nicht. Ehe ich etwas sagte, dachte ich erst einmal nach. Unser Internatsobjekt war umzäunt und bewacht. Man konnte nur durch einen Eingang hinein und heraus. Der Ausgang war nur mit unserem Sonderausweis möglich. Obwohl man uns kannte mussten die Wachleute immer wieder unsere Ausweise ansehen. Erst recht in das Objekt kam man nur, wenn man seinen Ausweis vorzeigte. Das ging mir alles durch den Kopf. Zu mindest im Beisein des Mädchens wollte ich auch meinen Kommilitonen nicht nach den näheren Umständen fragen. Es gab da einen Spruch, den man auch in anderen Zusammenhängen schon mal gehört hatte, besonders dann, wenn man etwas nicht gleich verstanden hatte, oder wenn einem was unverständlich vor kam: „Die Partei wird sich schon etwas dabei gedacht haben„ . Das Mädchen einfach so raus schmeißen wollte ich nicht. Aber sie kann ja nur mit dem Segen der Schulleitung bzw. der Staatssicherheit in das Objekt gekommen sein. Sie wird sicher hinterher zu mindest mündlich berichten, wie ihr Besuch bei mir ausgegangen ist. Sicher sollte sie neben der sexuellen Befriedigung, eventuelle Vorlieben auskundschaften. Ich war so erschrocken, dass ich glaube, in dem Moment hätte ich mit ihr gar nicht schlafen können. Aber da war noch mein Mitstudent im Zimmer. Der bemerkte mein Zögern. Wie eine impotenter Halbmann, wollte ich auch nicht da stehen. Was tun. Das Mädchen lag immer noch in meinem Bett. Plötzlich sagte sie : „willst du nicht endlich ins Bett kommen“ Mir fiel in dem Moment nichts anderes ein als meinen Mitstudenten zu fragen, „gehst du mal für eine halbe Stunde raus“ Später möchte ich schon alleine in meinem Bett schlafen. Er grinste und ging. Ich schloss die Tür von innen ab und sagte leise zu dem bildhübschen Kind, komm raus aus dem Bett und ziehe dich an. Sie sagte, „ Ich bekomme Ärger wenn ich mit dir nicht geschlafen habe“ Ich entgegnete ihr, „das muss doch keiner erfahren“ oder werden wir abgehört? Nicht das ich wüsste, „sagte sie“ Das musst du auch nicht wissen.. Leise sagte ich ihr ins Ohr, „dann sagst du jetzt laut, ach tut das gut, halt mich fest“ Das sagte sie dann auch. Hinterher kann keiner beweisen, dass nichts war. Sie stand aus dem Bett auf und kam heraus. Da sich mittlerweile mein erster Schreck gelegt hatte und ich sie so vor mir sah, wurde mir doch ganz seltsam zu mute. Aber ich dachte dann doch, die Stasi soll meine Art Sex zu haben nicht erfahren. Dann konnte ich mir doch eine Frage an das Mädchen nicht verkneifen. „Weshalb tust du das, wir kennen uns doch überhaupt nicht“ Haben die dich in der Hand, sitzt du irgendwo ein und kommst früher raus wenn du das hier gut machst. Darauf antwortete sie mir nicht. Sicher hatte sie Angst, ich könne hinterher darüber reden und dann hätte sie erst richtig Ärger. Ich konnte mich nicht satt sehen an der schönen Gestalt des Mädchens. Sie musste ja noch etwas bei mir bleiben, damit unser Deal nicht aufflog. Nach etwa 20 Minuten entließ ich sie. Mittlerweile war sie wieder in ihre hautenge Jeans geschlüpft und ging davon. Sie ging, wie sie gekommen war. Sie war verschwunden. Mein Kommilitone kam nach einer halben Stunde wieder rein und fragte grinsend, „wars schön“ „ja ja“ sagte ich und hatte für den Rest der Studienzeit ein solches Erlebnis im Internat nicht wieder. Obwohl wir das nicht merkten, muss man uns Studenten wohl genau beobachtet haben. Wir sollten alles haben, aber uns keinesfalls fest binden. Es war ja nur ein Aufenthalt auf Zeit.

Auch bei aller Wohlfühlstrategie merkte ich, dass es zwei weit auseinanderklaffende soziale Schichten in der DDR gab. Was, wenn alles so stimmt, wie wir das in unserem gesellschaftswissenschaftlichen Studium lernten, gesetzmäßig zu Unruhen führen muss. Das sei für alle Gesellschaftsordnungen gesetzmäßig. Nicht aber für den Sozialismus, denn hier sei ja die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beseitigt und es gebe keine Klassen mehr, meinte unser Professor. Manchmal dachte ich, was die da erzählen können die doch selbst nicht glauben. Eines lernte ich bei diesem Studium auch, dass man nicht alles sagen kann, was man denkt. Zumindest für mich galt, dass der Klassenunterschied in der DDR auch hier gesetzmäßig zu Unruhen führen muss.

Diese Gedanken habe ich schön für mich behalten, aber ich hatte nun auch oft genug Gelegenheit, Durchschnittsmenschen aus der DDR kennen zu lernen. Wir machten abends die Ostklubs unsicher, bevorzugt das Haus der jungen Talente und den Oktoberclub über dem Kino International. Mit unseren Sonderausweisen kamen wir dort hinein.

Zu dieser Zeit war auch meine jetzige Frau in Berlin. Sie absolvierte ihre Lehrzeit als Krankenschwester an der Charité. Eine überzeugte FDJ-lerin, die es bis zur Leiterin der Personensicherungsgruppe für die Amerikanerin Angela Davis bei den zehnten Weltfestspielen in Berlin gebracht hatte. Auf dieser Basis hatten wir uns kennen gelernt. Wir sahen uns dann öfter und aus Freundschaft wurde eine tiefere Beziehung. Obwohl wir das zu tarnen versuchten, bekamen die Sicherheitsleute das doch mit. Damit wurde das auch in der Uni bekannt. Als das bei der Leitung der Uni herum war, hatte ich das Studium fast hinter mir. Meine Freundin und ich waren uns einig, wir bleiben zusammen. Unserem Professor sage ich das natürlich noch nicht. Nachdem ich mein Abschlussdiplom bekommen hatte, eröffnete ich der Uni-Leitung, dass ich meine Freundin in den Westen mitnehmen wollte, um sie dort zu heiraten. Da musste sich mein Professor erst einmal selbst zusammen nehmen, um nicht los zu poltern. Mit uns Weststudenten in Ostberlin musste man ja etwas vorsichtiger umgehen. Schließlich sollen wir alsbald in der Bundesrepublik für die Errungenschaften der DDR werben.

Als Erstes bekam ich in Ostberlin einen Parteiauftrag, der den Trennungsbefehl von meiner Freundin zum Inhalt hatte. Bisher hatte ich so recht und schlecht alle ungewohnten Maßnahmen des DDR-Regimes mit deren Sicherheitsinteresse entschuldigt. Aber wo war dieses Interesse durch unseren Heiratswunsch verletzt? Die DDR-Praxis der reinen Lehre brach wie ein Kartenhaus zusammen. Immer klarer erkannte ich, was die DDR in Wirklichkeit war, nicht eine Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur der Chunta aus Wandlitz.




5. Die Überzeugung ändert sich


Je stärker die DDR Staatsorgane Druck auf uns beide ausübten, unser Verhältnis zu lösen, um so mehr und um so enger rückten wir zusammen. Mittlerweile hatte die DDR auch die monatlichen Zahlungen an meine Familie in Koblenz eingestellt. Auch mit diesem Druck sollte versucht werden, auf mich Einfluss zu nehmen, um das Verhältnis in der DDR zu beenden. Dieser Druck verpuffte, da Elke Dott, meine erste Frau, mittlerweile auch einen Freund hatte, der die Familie versorgte. Die Ehe war nicht mehr zu retten, wobei ich mir daran die größere Schuld gebe. Meine Freundin stellte nun einen Ausreiseantrag mit der Begründung, mich in der Bundesrepublik heiraten zu wollen. Nun machte auch sie die Erfahrungen mit ihrem so genannten „Vaterland DDR„.

Als Erstes wurde meine Frau aus der SED ausgeschlossen. Das geschah in ihrer Heimatstadt.. Sie musste zur SED Kreisleitung kommen, die sich in der Richard Wagner Straße der Stadt Halberstadt befand. Dort bekam sie, vom Kreisvorsitzenden Winkler, die Hauptschuld daran, dass ich nicht wie vorgesehen im Westen für die DDR funktionieren wollte.

Ich durfte nicht dabei sein und erwartete sie vor dem Haus. Meine Freundin kam Tränenüberströmt heraus. So hatten sie ihre Genossen fertig gemacht. Etwa zeitgleich wurde ich auf Weisung der SED, in Rheinland Pfalz aus der DKP ausgeschlossen. Das war eigentlich ein schmerzloser Akt, der mir auch entgegen kam.

                                                 Meine Frau machte nun die Erfahrung, die vor und nach ihr viele Menschen machen mussten, die ihre DDR verlassen wollten. Druck auf der Arbeitsstelle, Druck im privaten Umfeld bis hinein in die Familie, Das waren eingespielte Zenarien im Umgang mit Ausreiseantragstellen in der DDR. Diffamierungen und Demütigungen, um ihren Willen zu brechen. 

Da hatte ich es doch in der Bundesrepublik leichter, es kümmerte sich niemand um meine Angelegenheiten, so, wie das in einem freien Land nun mal so ist. Hier war ich erstmals froh den Häschern des DDR Staates nicht zur Verfügung stehen zu müssen. Nach beiderseitigem Einsehen und Einverständnis wurde meine erste Ehe in Koblenz geschieden Das war hauptsächlich durch unsere lange Trennungszeit bedingt. Nun setzte ich meine ganze Kraft ein, um meine Freundin in der DDR zu unterstützen. Jedes Wochenende fuhr ich Transit nach Westberlin, um dann von dort mit Tagespassierschein nach Ostberlin einzureisen, um sie zu sehen. Wie ich das heute einschätze, blieb auch das der DDR Staatssicherheit nicht verborgen. Erstens haben das meine ehemaligen Genossen in Koblenz weiter gemeldet, dass ich jedes Wochenende in Ostberlin bei meiner Freundin war und zweitens bin ich bei einer Transitfahrt einmal auf einem DDR-Parkplatz für einige Stunden eingeschlafen, das führte zu einem strengen Verhör an der Westberliner Grenze. So konnte das nicht weiter gehen. Wir spielten viele Pläne zur Flucht durch und verwarfen sie dann wieder. Wir wollten sicher sein, dass niemand von uns wegen Republikflucht, oder Beihilfe dazu, in DDR Gefängnissen weggesperrt wird. Es war wirklich die große Liebe, aller Schwierigkeiten zum Trotz. Bei der Trennung meiner ersten Ehe hatten wir die Kinder geteilt jeder hat eines in seine neue Umgebung mitgenommen. Meine ehemalige Frau die kleine Heike und ich die etwas größere Anja, Meine Tochter Anja hatte ab da eine schwere Zeit. Kurze Zeit im katholischen Heim in Koblenz Arenberg, dann bei Verwandten und dann bei mir. Von da an war sie immer und überall mit dabei.




6. Gefangenschaft im Aufnahmelager


Da ich mittlerweile die reale DDR, also das wirkliche Leben dort, ganz gut kannte und meine Freundin mir den Vorschlag machte, doch in die DDR über zu siedeln mit den Worten: „wir können doch überall glücklich sein“, überlegte ich nicht lange und fuhr einfach wie immer mit dem Auto über die Transitstrecke Richtung Westberlin. Meine Tochter Anja mit dabei. Bei Magdeburg fuhren wir von der Transitstrecke einfach ab und nach Magdeburg hinein, bis zu einer Volkspolizeidienststelle. Dort meldete ich mich mit den Worten „Ich möchte mit meiner Tochter in die DDR übersiedeln“. So einfach wie ich mir das vorstellte, war das aber nicht. Eine ganze Nacht saßen wir da in einem separaten abgeschlossenen Raum. Ein Telefonanruf löste den nächsten ab. Am nächsten Tag wurden wir nach Barby bei Magdeburg verbracht und mein Auto wurde eingezogen. Dort in einem Aufnahmelager wurden wir, wie man uns sagte, zur Desinfektion und Quarantäne in einem Raum eingeschlossen. Das Summen irgendwelcher Maschinen hinter der Wand war unheimlich. Obwohl ich auch an radioaktive Strahlung dachte, sagte ich mir, du müssen wir jetzt durch, auf halbem Wege kannst du nicht stehen bleiben, ohne dich selbst auf zu geben. Es wurde Nacht und es wurde wieder Tag man brachte was zu essen. Es wurde wieder Nacht und wieder Tag. Das ging so drei Tage. An das arme Kind bei mir dachte niemand. Ich versuchte dem Kind gegenüber diese Tortur etwas ab zu federn. Aber wir kamen dann doch dort heraus in ein Zimmer im Gebäude. Die Heizung in dem Uralt Gebäude war defekt und unser Heizkörper kalt. Wir zogen uns dick an und versuchten das so zu Überstehen. Danach musste ich Zeichnungen von den Betrieben anfertigen, in denen ich zuletzt gearbeitet hatte. Auch Maschinenausstattungen und Anordnung derselben sollte ich aufzeichnen. Meine Tochter Anja spielte derweil in dem Gelände des Lagers und zählte die Ratten, die sich an der Elbe, die dort vorbei fließt eingruben. Sie war mit mir im Aufnahmelager gefangen und kam auch nicht heraus. Es tat weh Ihre Fragen zu beantworten, weshalb wir in dem Lager sein müssen und nicht heraus können. Von weitem sah sie Kinder aus dem Ort Barby spielen und herum Toben. Meine Tochter hatte niemanden im Lager in ihrem Alter mit dem sie spielen konnte. Durch diese Lagerhaft konnte sie ein Jahr nicht zur Schule gehen. Was soll aus dem Kind nur werden, wenn sie wieder in die Schule geht. Bekommt sie Anschluss. Oder wird sie vollends abgehängt. Das interessierte aber von dem Lagerpersonal niemanden. Es wurde mir eröffnet, dass ein Aufnahmeverfahren etwa ein Jahr dauern könne und so lange dürfte ich und auch die kleine Tochter das Aufnahmeheim nicht in Richtung DDR verlassen. Ein Rückkehrrecht, in die Bundesrepublik, hätten wir aber noch. Wir brauchten nur zu sagen, dass wir wieder zurück wollten. Da sah man mal wie wenig die für uns Verantwortlichen den Manfred Dott kannten. Ich war es gewohnt einen einmal eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen. Auch wenn einmal ein Schuss nach hinten los ging. Das ist im Leben manchmal so. Die Heimoberen, die sicher in enger Abstimmung mit der Stasi handelten, hatte keine Ahnung davon, dass auch die letzten Sympathien zum DDR System zertrampelt waren und ich auch bei einer eventuellen Rückkehr in die Bundesrepublik, ein entschlossener Gegner des so genannten real existierenden Sozialismus sein würde. Das war kein Sozialismus und kein Kommunismus. Denn was den Menschen gut tut, muss man nicht mit brachialer Gewalt, Mauer und Schießbefehl als Grenzsicherung schützen.. In Wirklichkeit war die DDR eine Diktatur einer Schicht von möchtegern Intellektuellen, herausragend zu nennen Mielke, der mit seiner Dummheit, die ihm nicht mal selbst bewusst war, ein klassisches Beispiel für die DDR Regierenden abgab. Diese Intelligenzbestien, die sich, betrunken von Ihrer Macht, selbst einredeten die Avantgarde der Arbeiterklasse zu sein, regierten die DDR. Und wehe wer das bestreiten sollte. Ich blieb also mit meiner Tochter dort in dem Lager und schrieb und bekam Briefe von meiner Freundin. Wir machen uns gegenseitig Mut und beantragten einen Besuch für sie im Aufnahmelager. In dem ganzen Jahr wurde das nur einmal gestattet, 15 Minuten in einem Kellerraum in Barby unter Bewachung durch die Volkspolizei. Zumindest hatte der Bewacher eine solche Uniform an. Weil ich mein Aufnahmeersuchen nicht gefährden wollte, denn das war die letzte Möglichkeit mit meiner Freundin zusammenzukommen, bot ich mich als Heizer im Aufnahmeheim an. Alte Anlagen einer Niederdruckdampfheizung waren immer wieder defekt, ich hatte Mühe, die Schuld dafür auf die veraltete Technik zurückzuführen. Keinesfalls sollte es nach Sabotage aussehen. Nach einem halben Jahr im Heim sollte ich im Traktorenwerk in Schönebeck bei Magdeburg arbeiten. Dazu musste ich aber mit dem Bus vom Aufnahmeheim in Barby nach Schönebeck fahren. Um es nicht wie ein Gefangenentransport aussehen zu lassen, fuhr immer mindestens ein Begleiter in zivil mit. Unter anderem mit solchen unproduktiven Aufgaben sicherte die DDR ihre Vollbeschäftigung. Im Traktorenwerk arbeitete ich unter Bewachung in der Materialbeschickung für den Traktor ZT 300. Das ging so, ohne dass ich negativ auffiel, ein ganzes Jahr. Nach diesem Jahr eröffnete man mir, dass ich probeweise nach Halberstadt am Harz entlassen werde. Meine BRD-Ausweise habe man hinterlegt, um sie bei Vorkommnissen mir zurückzugeben und mich abzuschieben. Diese damalige übertriebene Vorsicht des Systems mir gegenüber führe ich darauf zurück, dass die DDR-ler bei dem, was ich in der Bundesrepublik gegen den Staat organisiert und durchgezogen hatte, Angst hatten, dass sich diese politische Energie einmal gegen sie wenden könnte, wie es später auch tatsächlich kommen sollte. Ich bekam also einen Aufenthaltsschein für die Stadt Halberstadt, ohne diese verlassen zu dürfen. Heiraten durften wir immer noch nicht. Die innere Einstellung und Überzeugung meiner Freundin und mir zum DDR-System hatte sich mittlerweile vom Antikommunismus in Hass gewandelt. Aber wir durften erst einmal in einer Altstadtwohnung der Stadt zusammenwohnen. Das endgültige Ziel von meiner Lebensgefährtin nicht mehr getrennt werden zu können, hatten wir aber immer noch nicht erreicht. Das war die Zeit, als ein ehemaliger Sohn meiner Zwangsstadt, Halberstadt, der Mitbegründer des Neuen Forums, Jens Reich, laut seiner Biografie, an der sowjetischen Akademie der Wissenschaften zum Forschunsaufenthalt in Puschtschinow bei Moskau war. Das zeigt bereits auch und ist logisch, dass wir beide später, obwohl in der gleichen 10.Volkskammer mit unterschiedlicher Konsequenz und unterschiedlichen Inhalten und Grundsätzen für Veränderengen in der DDR eintraten. Das Volk, die Menschen In der DDR, wollten keine Halbheiten mehr. Daher wählten sie die Kämpfer der ersten Etappe der friedlichen Revolution, Bündnis 90 / NF, nicht so in die 10 Volkskammer, wie diese das erwartet hatten. .




                                                                7.Persönliches Glück

Meine Freundin, Edith Görke, meine aus dem Westen mitgebrachte Tochter Anja und ich, wohnten nun also in einer Altstadtwohnung in einem halberstädter Hinterhof. Von außen war das Haus dem Verfall nahe, wie so viele Altbauten außerhalb der Ortskerne in der DDR. Innen hatten wir unsere Wohnung jedoch schön eingerichtet. Die Stadt verlassen, durfte nur meine Freundin mit DDR Personalausweis. Ich hatte lediglich diesen Daueraufenthaltszettel für die Stadt Halberstadt. Meine Tochter und ich durften uns nur im Stadtradius bewegen. Wir kamen uns manchmal vor wie Ziegen, die man angebunden hat und die einen säuberlichen Kreis abfressen, obwohl außerhalb ihre Anbindung das bessere Futter steht. Meine Freundin hat versucht, diese staatlichen Einschränkungen zu überdecken. Trotz allem waren wir sehr glücklich. Nun habe ich erfahren was meine Freundin gemeint hat, als auf ihren nicht genehmigten Ausreiseantrag zu mir in die Bundesrepublik, sie sagte, „wir können doch überall glücklich sein“. Also komm du hier rüber, so schlimm wird das ja schon nicht werden. Wenn wir gewusst hätten was uns noch alles blüht in dem Musterstaat der Arbeiter und Bauern. Aber wir wussten es Gott sei Dank zu dieser Zeit noch nicht. Meine Tochter ging nach langer Lagerpause wieder in die Schule. Wenige Wochen hat sie gebraucht um wieder den Anschluss zu finden an den Stoff ihrer Altersklasse. Nach einem Jahr war sie Klassenbeste und wurde zur erweiterten Oberschule (EOS) Vorgeschlagen. Da wir immer noch am kurzen Zügel des Stadtaufenthaltes durch die DDR Behörden gehalten wurden, und noch nicht heiraten durften, mussten wir in unserem Verhalten nach außen sehr vorsichtig sein. Das galt vor allem in den Betrieben in denen wir arbeiteten.


Heute weiß ich, durch meine Stasiakte, dass meine Wohnung mit Mikros verwanzt war und besondere Ton-Dokumente schriftlich verfasst in meiner Stasiakte landeten. War es wirkliches Misstrauen oder wollten irgend welche Bonzen der Stasikreisleitung ihrem Sadismus frönen. Ich muss mich nicht dafür schämen, dass wir in dieser Zeit fleißig daran arbeiteten, Nachwuchs zu bekommen. Wir wären lieber verheiratet gewesen. Das hätte auch eher zu unserem christlichen Glauben gepasst. Aber man lies uns ja nicht.

Als der Nachwuchs sichtbar unterwegs war, hatte man wohl ein Einsehen.

Eines morgens wurde uns ein amtliches Schreiben des Rates des Kreises Halberstadt per Empfangsbestätigung zugestellt. Wir regten uns schon auf, ehe wir in den amtlichen Brief rein geschaut hatten. Würden wir wieder getrennt, noch ehe wir verheiratet waren? Mussten wir in die Bundesrepublik zurück, meine Tochter und ich. Ein Leben ohne meine Freundin, konnte ich mir nicht mehr vorstellen. Wir machten voller Spannung den Brief auf und fanden eine Einladung zu einer Feierstunde im Rat des Kreises, Abteilung Inneres vor. Es stand da, ich solle Staatsbürger der DDR werden und das soll in einem feierlichen Rahmen geschehen. Wir wunderten uns, dass man die Verleihung der DDR-Staatsbürgerschaft so feierlich aufziehen wollte. Wir gingen also hin zu der Feierstunde. Schließlich ging es darum, wieder einen Schritt weiter zu kommen, in unserem Anliegen ein Leben lang zusammen zu bleiben. Es war fast feierlicher als unsere spätere Hochzeit. Kein Standesamt hätte das besser gekonnt. Eine große Urkunde des Ministerrates aus Ostberlin über die Verleihung der DDR-Staatsbürgerschaft bekam ich dort im Auftrag überreicht. Endlich dazu dann auch den ersehnten DDR-Personalausweis. Nach so langer Einschränkung der Bewegungsfreiheit kam mir das vor, als würde ich mit meiner Freundin und Tochter in die große weite Welt entlassen. Meine Lebenspartnerin arbeitete im Salvator Krankenhaus in Halberstadt und ich als Klempner und Installateur im Kreisbaubetrieb in dem ich zum Schein in die Deutsch Sowjetische Freundschaftsgesellschaft eingetreten war, um das Einbürgerungsverfahren zu fördern. Jetzt durften wir endlich standesamtlich heiraten. Zur Hochzeit kamen viele unserer Verwandten aus der DDR. Es kamen aber auch meine Eltern und meine Geschwister aus der Bundesrepublik. Aus Koblenz. Schön war das, einmal wieder das Schängeldialekt der Koblenzer von Rhein und Mosel zu hören. Meine Mutter zu der ich innerhalb meiner Familie das engste Verhältnis hatte, fragte mich in einem Moment abseits der anderen Hochzeitsgäste, mein Manfred hast du das alles richtig gemacht und dabei weinte sie bitterlich. Hättest du nicht besser in Koblenz bleiben können. Mama weine nicht, so schlimm wie du vielleicht denkst ist das hier in der DDR ja auch nicht. So endgültig wie du denkst ist das ja gar nicht. Warte nur mal ab. Mit denen, die uns das Leben hier so schwer machen sind wir noch nicht fertig. Aber jetzt feiern wir erst mal Hochzeit. „Eine Frage noch“, sagte Mutter wie kommt den deine Tochter Anja mit dem neuen Leben in dieser anderen Umgebung zurecht? „Ganz gut“, sagte ich. Manchmal habe ich den Eindruck sie verkraftet das besser als ich. Der neue Nachwuchs, eine kleine Tochter, kam dann schon bald zur Welt. Nun hatten wir zwei Kinder und waren verheiratet Jetzt waren wir soweit, dass wir mit unserem Ziel, in die Bundesrepublik nach Koblenz auszureisen, endlich Ernst machen konnten.


8. Kampf um Ausreise


Wir stellten unseren ersten gemeinsamen Ausreiseantrag beim Rat des Kreises Halberstadt. Von dort erhielten wir erst einmal keinen Bescheid. Dafür mussten meine Frau und ich bei unseren jeweiligen Vorgesetzten vorsprechen. Wir sollten zur Vernunft gebracht werden. Meine Frau verlor ihre Arbeit und war erstmal eine Arbeitslose in der DDR. Eine Unterstützung erhielt sie nicht. Ich behielt meinen gering bezahlten Job. Wir stellten den nächsten Ausreiseantrag und ich ließ in meinem Betrieb keine Zweifel an meiner Einstellung zum DDR-Regime aufkommen. Alles kritisierte ich, vom Mangel an Material bis zur Betriebsführung. In meinem Umfeld, was noch nicht sehr groß war, konnte ich erste Ergebnisse meiner Aufklärungstätigkeit sehen. Ich übte schon mal für das, was noch kommen sollte.

Abwechselnd beim Rat des Kreises Halberstadt und beim Volkspolizeikreisamt stellten wir neunzehn Ausreiseanträge und machten daraus öffentlich keinen Hehl. Damit unser Ansinnen in der Bundesrepublik nicht unbemerkt bleiben sollte, schickten wir je ein Exemplar nach Koblenz zu meinen Eltern und Geschwistern. Diese leiteten die Ausreiseanträge an eine Bundestagsabgeordnete in Koblenz weiter, die über ihre Kanäle versuchte zu helfen.

Das kam in der DDR gar nicht gut an, dass ein ehemals überzeugter Kommunist aus Koblenz die DDR, die er freiwillig als seinen Wohnsitz gewählt hatte, wieder verlassen wollte. Das würde der kommunistischen Bewegung im Westen enorm schaden. Also durfte das nicht sein. Soviel Druck, Diskriminierung und Ausgrenzung haben wir vorher und nachher nie wieder aushalten müssen. Wir standen unter großem Stress. Bei mir machte sich das auch organisch bemerkbar. Zweimal wurde ich ins Krankenhaus eingewiesen. Aber wir machten weiter. Ich schrieb ein großes Plakat auf Tapetenrückseite und hängte das mit einer selbst gemachten Losung „Erster Mai Kampftag für Menschenrechte weltweit“ aus dem Fenster und legte mich krank wieder ins Bett. Es dauerte nicht lange und unser Haus besonders das Fenster mit der Losung wurde von allen Seiten fotografiert. Es klingelte, meine Frau machte auf. Es standen Männer in zivil vor der Tür, die sich als Kriminalpolizisten ausgaben. Meine Frau sagte: „Mein Mann ist krank und ich kann Sie nicht reinlassen.“ Als meine Frau die Tür schließen wollte, stellte einer den Fuß zwischen die Tür, schob meine Frau beiseite und ging erst einmal zielgerichtet auf das Fenster mit der Losung zu, zog sie in den Raum und zerriss sie. „Wo ist Ihr Mann“, „der liegt krank im Bett“. „Wo?“ „Im Schlafzimmer.“ Die Tür ging auf und ich hörte nur: „Mitkommen“. „Ich kann nicht mit, ich bin krank.“ Dann zog mich einer aus dem Bett und sie trugen mich die Treppe hinunter zu einem direkt vor der Tür geparkten Auto. Es sollte wahrscheinlich am Maifeiertag so wenig Aufmerksamkeit auf dieses Vorkommnis gelenkt werden als möglich. Wir fuhren an Maiständen des FDGB, dem Gewerkschaftsbund der DDR und an Ständen der Blockparteien (auch der CDU) vorbei. Die feierten gerade ihre DDR und hatten von Sponsorbetrieben Verpflegungsbeutel, so genannte Fressbeutel dabei, welche die Anwesenden bekamen, wenn sie bei der Maidemonstration mitgehen und ihre Losungen, die sie nicht selbst entworfen hatten, hochhielten. Die Transparente waren von ihren Parteien der Nationalen Front, Gewerkschafts- oder Betriebsorganisationen. Da fuhren wir vorbei.


9. Das Verhör


Im DDR-VPKA (Volkspolizei-Kreisamt) angekommen ging es die Treppe hoch in die erste Etage. Ich schlurfte die Treppe hinauf. links und rechts neben mir je ein Polizist oder Stasimann in Zivil notdürftig bekleidet war ich und von einem bereits zwei Tage andauernden Hungerstreik geschwächt, stolperte ich hinauf. Mach ein bisschen hin“ sagte einer, "deine Schauspielerei kannst du lassen." " Wollen sie diese Beurteilung nicht einem Arzt überlassen, der meine Krankheit zweifelsfrei feststellen kann." sagte ich. Ich möchte, dass sie meinen Hausarzt rufen. Wenn du einen Arzt bekommst, dann den Kreispolizeiarzt. Aufgewühlt ob der Ohnmacht gegen diese Staatswillkür forderte ich nichts mehr. Was nützt ein Polizeiarzt, der vorher seine Weisung bekommt, welches Ergebnis er zu Attestieren hat. " Rein da! sagte einer von meinen Bewachern und schubste mich in einen kleinen Raum mit einem Stuhl. Hier wartest du. Nun hörte ich etwa 3 Stunden gar nichts. Sitzen konnte ich nicht, also legte ich mich auf den Boden. Der zugige Raum und meine notdürftige Bekleidung führten zu Schüttelfrostanfällen. Als dann endlich jemand nach mir sah, bat ich um einen Fiebermesser, wenn sie schon nicht meinen Hausarzt verständigen wollen, dann lassen sie mich wenigstens meine Körpertemperatur kontrollieren. Das ist nicht notwendig, du kommst heute noch hier raus, dann kannst du dich wieder ins Bett legen. Aber zum Plakate Protest gegen unseren Staat reicht es ja wohl immer noch, sagte der Bewacher mit einem hämischen Grinsen. Heute hängst du nichts mehr raus, dafür sorgen wir. Nun ging er und ein anderer uniformierter hoch gewachsener Mann, scheinbar und der Uniform nach ein Polizist, wobei man nie sicher sein konnte, dass das kein Mitarbeiter der Stasi war, denn die hatten für alle Fälle und für alle Eventualitäten Uniformen zur Verfügung, in die sie je nach Gelegenheit und Erfordernis wie Camäleons hinein schlüpfen konnten. Aber sie hatten auch genügend Mitarbeiter unter den Polizisten, die ständig dort bei der Polizei vor Ort für die Staatssicherheit tätig waren, vor allem in der Genehmigungsstelle für Besucherausreisen in die Bundesrepublik. Der Mann brachte einen Stuhl für sich mit und schrie mich an, "steh endlich vom Boden auf und setze dich auf den Stuhl da. Nun ging es endlich los. Wenigstens passierte etwas und ich sah Hoffnung, krank wie ich war, bald wieder aus dieser ungesunden Umgebung heraus zu kommen. Er breitete ein Sperrholzbrett mit einer Klemme auf seinem Schoß aus und heftete einen Schreibblock hinein. Einen Schreibtisch gab es in dem kleinen Zimmer nicht. Weshalb dieser Aufwand fragte ich. Sie haben doch sicher bequemere Möglichkeiten hier im Haus eine Vernehmung durch zu führen. Das geht dich gar nichts an, wie wir unsere Arbeit machen. Da begriff ich langsam, das scheinbar das Ziel war, unter den unbequemst möglichen Bedingungen mir einen Denkzettel zu verpassen. Mir sollte die Lust bezw. die Energie für weitere Proteste genommen werden. Was sollte das mit dieser Plakataktion aus deinem Fenster. Weißt du, das die Losungen für den ersten Mai vorgegeben werden. Alle genehmigten Losungen stehen unmittelbar vor dem ersten Mai in der Volksstimme, unserer Zeitung für den DDR-Bezirk Magdeburg, dem Organ unserer Bezirksleitung der Sozialistischen Einheitspartei. Deutschlands. Andere Losungen als diese sind nicht zugelassen. Was haben Sie gegen die Losung: "1. Mai Kampftag für Menschenrechte weltweit" Ich persönlich gar nichts, meinte der Uniformierte, aber erstens wurde diese Losung nicht vorgegeben und zweitens weiß mittlerweile jeder in deiner Straße, der Rudolf Breitscheid Straße und der angrenzenden Thomas Münzer Straße was du mit dieser Aktion bezwecken willst. Und im übrigen werden von uns nicht nur Losungen vorgegeben, sondern auch die Stellen und Plätze, an denen diese Losungen als Transparente oder Spruchbänder getragen - beziehungsweise angebracht werden dürfen. Du hättest doch mit dem 1. Mai Umzug mitgehen können und eine Losung deines Betriebes tragen können zum Beispiel " Frieden schaffen gegen Nato Waffen" oder "wir grüßen unsere Genossen der Roten Armee" Stopp sagte ich, lassen Sie diesen Unsinn. Ich kann doch davon ausgehen, dass Sie in der Zeit in der Sie mich hier eingesperrt haben, herausbekommen haben, dass wir Ausreiseantragsteller sind. Ich hätte viel lieber eine Losung aus dem Fenster gezeigt auf der gestanden hätte, "lasst uns endlich in die BRD ausreisen" Aber eine solche Losung hätten Sie ja noch schneller abgerissen. Ich dachte ja, dass Sie die Losung für Menschenrechte etwas länger am Fenster hängen lassen. Was haben Sie eigentlich gegen Menschenrechte. "Nichts" sagte der Uniformierte, so lange wir definieren was unter Menschenrechten zu verstehen ist. Ach so? , meinte ich. Dann machen Sie doch jetzt einen Anfang und lassen Sie mich gehen. "Nein" sagte er, damit du deine Störung des Mai-Feiertags fortsetzen kannst. Aber ich bin doch krank und ich kann mir hier eine Lungenentzündung holen. Das ist mir egal. Wenn du nicht eine solche Feindpropaganda gemacht hättest wärst du nicht hier. Jetzt musst du mit den Konsequenzen leben. Das ist Folter! Soll ich dir mal zeigen was Folter ist, sagte mein Gegenüber. Der Uniformierte mit den besonderen Schulterstücken schrieb alles eifrig auf seinem Block auf der Glatte. Kann ich denn wenigstens mit meiner Frau telefonieren, damit sie mir etwas warmes zum anziehen bringt" sagte ich. Meine Frau weiß doch gar nicht wo sie mich hin gebracht haben. Sie macht sich sicher große Sorgen. Deine Frau bekommt dich noch früh genug zurück. Wenn es nach mir ginge würdest du gleich für einige Zeit von der Bildfläche verschwinden. Aber nach mir geht es ja leider nicht. "Nun kommen wir mal zur Sache" mit wem hast du diese Aktion abgesprochen. Hat dir vielleicht einer von drüben den Auftrag gegeben, das so zu machen und schön wirksam zum 1. Mai wo alle frei haben und auf der Straße feiern. Ich habe das mit niemandem abgesprochen aber meine Schwester in Koblenz ist informiert auch über meine Weigerung Essen zu mir zu nehmen. Was soll den das, sagte der Uniformierte, du sagst doch, dass du krank bist. Wie willst du denn ohne Essen wieder gesund werden.. Ich hoffe ja immer noch und meine Frau mit mir, sagte ich, dass wir zu unserer Familie nach Koblenz in die Bundesrepublik ausreisen dürfen. Dann geht es auch mit meiner Gesundheit wieder aufwärts. Hast du Kontakt zu anderen Ausreiseantragstellern in der DDR oder in der Stadt hier. Ich sagte "Ja" wer ist denn das. Das müsst Ihr schon selbst heraus finden, wenn Ihr das nicht schon wisst. Ich bin mir nicht sicher, ob Ihr mit Euren Sicherheitsleuten auch diese Szene bereits unterlaufen habt. Aber das kann uns ja auch egal sein. Mit unseren offenen Ausreiseanträgen machen wir ja auch kein Geheimnis aus unserem Ansinnen. "Gebt ja acht, das ihr unsere DDR-Gesetze nicht verletzt".sagte der angebliche Polizist. Das Sie es mit den Gesetzen nicht so ernst nehmen zeigt schon, dass ich es nicht mal wert bin von ihnen mit Sie angesprochen zu werden. Da fällt Ihnen die Konstruktion eines Gesetzesverstoßes sicher auch nicht schwer",sagte ich. Wenn Sie uns wegsperren wollen, dann tun Sie das auch. Haben Sie vielleicht Angst vor der Öffentlichkeit in der Bundesrepublik? Zum Beispiel vor einer Schlagzeile in der Bild-Zeitung" Westdeutscher Kommunist sitzt im DDR-Knast" oder so? Eines können Sie nicht verhindern, dass das was hier mit uns passiert, unsere Familie erfährt und auch aktuelle Politiker in der BRD. Wie wir diese Information an die richtige Adresse bekommen, haben wir mittlerweile gelernt. Dem Polizist war nicht wohl in seiner Haut. Ich spürte eine Verunsicherung in seinem Verhalten. Da setzte ich noch einmal nach. Wissen sie, dass sie jetzt und hier eine große Verantwortung für Ihren Staat und sein Öffentlichkeitsbild tragen? "Schluss jetzt" sagte er. So kommen wir nicht weiter. An der Farbe seines Gesichtes konnte man ablesen, dass sein Blutdruck erheblich angestiegen war. "Wir beenden dann die Befragung" sagte der Uniformierte. Dann kann ich ja gehen, meinte ich. Nein sagte er kurz. Wann du gehst sagen wir dir, wenn wir es für richtig halten. Und ich blieb in der Zelle, bzw. dem kleinen Raum zurück. Sie hatten mich dann bis zum späten Abend in dem Raum belassen und mich dann auf die Straße geschickt Meine Frau freute sich als ich wieder da war und ich erzählte ihr alles was ich an diesem Tag im VPKA-Halberstadt erlebt hatte. Wir waren so unter Stress, dass wir in den nächsten Tagen unsere Wohnung nur verlassen hatten um Briefe von unseren Deckadressen auf dem Land und in Magdeburg ab zu schicken. Es sollten möglichst viele in der Bundesrepublik von unseren Drangsalierungen in der DDR erfahren.




                                          10.   Der Anschlag
                                                 

Nach der öffentlichen Demonstration für Menschenrechte am ersten Mai, dem Verhör und dem Druck am Arbeitsplatz, war es etwas ruhiger geworden. Wir hatten keine Erklärung dafür, weshalb sie uns vorübergehend in Ruhe ließen, obwohl wir weiter einen Ausreiseantrag nach dem anderen Stellten. Es war unheimlich. Etwas mussten die Staatsorgane doch vor haben. Bei einer Fahrt nach Magdeburg, über die Fernstraße F 81, kam hinter dem Ort Kroppenstedt etwa in der Mitte der Strecke ein LKW der Marke Robur in Gegenrichtung. Etwa 100 m vor mir wechselte der LKW auf meine Seite und blieb dort. Ich hätte keine Chance gehabt mit meiner Rennpappe, wie man den PKW Trabant auch nannte. Meine Frau und ich waren zu diesem Zeitpunkt voller Misstrauen gegen alle und alles. Außer dem engen Kreis um die Franziskanerpatres im Kloster. Übervorsichtig fasst wie elektrisiert gingen wir unseren Tätigkeiten nach. So war das auch als der LKW auf mich zu raste. Mir war klar: der hält voll drauf. Blitzschnell gingen mir einige Selbsterhaltungsgedanken durch den Kopf. Mein Trabant war leicht und der LKW war schwer. So fuhr ich von der Straße auf ein frisch gepflügtes Feld. Der LKW bleibt stecken wenn er das auch versucht. Somit konnte der mir nicht folgen. Der leichte Trabant fuhr oben drüber hinweg und ich lenkte ihn wieder auf die Straße. Der LKW mittlerweile wieder auf der rechten Seite suchte das Weite. Noch vorsichtiger geworden erledigte ich meine Post Richtung Westen mit einer Deckadresse aus der Halberstädter Straße in Magdeburg. Zuhause zurück sprach ich mit meiner Frau darüber. Was sollten wir da tun oder was konnten wir da tun. Nichts. Also machten wir so weiter, aber ab jetzt unter der Prämisse auch einmal einem so genannten nätürlichen Unfall zum Opfer fallen zu können. Also ging es einige Wochen relativ ruhig weiter.

Es war leichtsinnig, morgens in den Pkw Trabant zu steigen, ohne einen kleinen Sicherheitscheck. Eines morgens stieg ich also wieder einmal in meinen Trabant ein, um damit zum Kreisbaubetrieb, meiner Arbeitsstelle, zu fahren. Unbedarft fuhr ich los. schließlich stand der PKW ja direkt unter unserem Wohnungsfenster auf der Straße, eine Garage konnten wir uns nicht leisten. An der ersten Straßenkreuzung hinter unserer Wohnung musste ich Bremsen. Es kam Querverkehr auf der Vorfahrtsstraße. Ich trat das Bremspedal bis zum Anschlag durch, ohne Wirkung. Zum Glück war der Plastiktrabant leicht und ich hatte eine gute Handbremse die ich feste zog. Das ging gerade noch einmal gut. Ich fuhr vorsichtig mit der Handbremse zurück und schaute unter das Fahrzeug. Alle Bremsleitungen waren durchtrennt. Aber auch das ging wieder einmal gut. Nun hatten die DDR-Staatsorgane wohl endlich von uns die Nase voll. Irgendetwas mussten sie tun. Aber auf keinen Fall die Ausreise genehmigen. Die Angst, ich könne in Koblenz und in Rheinland-Pfalz die wenigen kleinen Häuflein von Kommunisten mit meinen Praxiserlebnissen so infizieren, dass es bei den weniger verbohrten Genossen zu Überlegungen kommen könne, dass man seine sozialen Ziele auch ohne das Demokratiesystem der Bundesrepublik in Frage zu stellen, bei den Sozialdemokraten erreichen kann. Wir merkten, dass etwas Endgültiges im Gang war. Das war umso schwieriger, weil wir mittlerweile mit unsichtbarer Tinte unsere wichtigen Mitteilungen nach Koblenz schickten. Wir wählten auch den Weg über erfundene Absender zu befreundeten Familien, diese gaben dann die Post an unsere Verwandten weiter. Also so ganz unbemerkt konnte man mit uns nicht fertig werden, auch nicht, als bei meinem Trabant eines Morgens die Bremsleitungen durchtrennt waren.



                                                      11   Das Angebot


Weil die DDR-Entscheidungsträger in Halberstadt mit uns nicht fertig wurden, kam bei einer erneuten Vorladung zum Rat des Kreises (Inneres) ein mit besonderer Weisung ausgestatteter Herr Steinbach, vom Rat des Bezirkes mit dazu. Wir merkten gleich, wie die Halberstädter Ratsmitglieder sich zurückhielten und dem Genossen aus Magdeburg die Verhandlung überließen. Dieser Herr Steinbach sollte wohl auf jeden Fall mit einem positiven Ergebnis zurück nach Magdeburg kommen. Mit einem Gesicht, als wolle er uns auf der Stelle erschießen, fragte er uns, ob wir so wie bisher weitermachen wollten. Ich sagte nein, „Lasst uns ausreisen und Ihr seit den Ärger mit uns los“. „Nein!“, sagte dieser Magdeburger Genosse. „Alles, nur das nicht. Wir wollen den Ärger mit Euch endlich beenden.“ „Das könnt Ihr nicht“, sagte ich, „wenn Ihr uns nicht ausreisen lasst.“ „Oh doch“, sagte dieser. „Ihr werdet Euch vielleicht noch wundern, was wir alles können. Ihr seit in Eurem Umfeld in Halberstadt doch mittlerweile ganz klein mit Hut.“ „Da geben wir Ihnen Recht, das Leben in den letzten Jahren war nicht leicht für uns. Da habt Ihr ganze Arbeit geleistet.“ Herr Steinbach sagte: „Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Sie können wählen zwischen Deportation in eine andere Stadt oder in ein Gefängnis oder Sie werden beide sofort rehabilitiert und Sie Herr Dott erhalten eine Immatrikulierung an der Fachhochschule für Bauwesen in Magdeburg und bei erfolgreichem Abschluss werden Sie in der Verwaltung des Magdeburger Wohnungsbaukombinates eine Leitungsposition erhalten. Ihre Frau kommt in eine Betriebssanitätsstelle eines Magdeburger Großbetriebes, der in Halberstadt große Schiffsmotoren baut.“ Zu mir sagte er noch, dass ich keine weiteren Voraussetzungen benötigen würde, da ich ja bereits an der Karl Marx Uni in Berlin studiert habe und den Studienbetrieb ja kenne. „Aber mit den Ausreiseanträgen ist dann aber Schluss und auch mit den Kontakten zu der Koblenzer Bundestagsabgeordneten.“ Ich bat darum, das mit meiner Frau außerhalb des Rates besprechen zu können. Wir gingen erst einmal aus dem Gebäude heraus auf die Straße. Von dort in Richtung des Maschinenbaubetriebes in dem meine Frau Arbeiten sollte, sofern wir das Angebot annehmen würden. Wir diskutierten erst einmal grundsätzlich darüber, ob wir überhaupt den bisher eingeschlagenen Weges der permanenten Ausreiseantragstellung verlassen sollten und ob wir, wenn wir weiter machten, wie bisher, die Belastungen und den Stress auf Dauer ertragen könnten. Meine Frau Edith und ich , wir waren uns einig, dass dieses Leben zwischen Angst und Hoffnung, auf Dauer gesundheitliche Folgen für uns beide haben würde. Aber wenn wir das Angebot annehmen, verlieren wir dann nicht unser Gesicht gegenüber den anderen Ausreiseantragstellern, die uns kannten. Welche Alternativen gibt es. „Wenn wir weiter machen,“ sagte ich. Erstens können wir psychisch krank in die Hände des staatlichen Gesundheitswesen fallen, mit ihren hörigen Betriebs -Stasi und Parteiorganisationen in den Krankenhäusern und die ziehen uns mit Psychopharmaka aus dem Verkehr, oder wir fallen wirklich einmal einem Unfall zum Opfer und dann sind unsere Kinder alleine und werden in Staatskinderheimen erzogen. Wir würden dann zwar unser Gesicht bei den anderen Ausreiseantragstellern wahren Aber was hätten die und wir davon. Nichts. Dann schauten wir uns die andere Seite an. Was können wir noch für unsere Ausreise tun, wenn wir das annehmen? Wenn wir Ja sagen, zu dem was der Genosse aus Magdeburg uns vorschlägt, können wir nicht nach Beginn des Studiums und wenn du im Maschinenbau mit deiner neuen Tätigkeit beginnst den nächsten Ausreiseantrag stellen. Dann hat sich alles erledigt und wir bekommen weiter Druck. Dann müssen wir auch zu der Vereinbarung stehen. Das wir keine treuen DDR-Bürger mehr werden, ist denen ja sowieso klar. Dafür ist zuviel geschehen. Aber wir können uns doch erst einmal zurückziehen und dann in den Wiederstandsgruppen der Kirche sehen, was wir machen können, um den sich anbahnenden Veräderungen im DDR-Staat zu dienen. Wir waren uns im Klaren, dass sie uns sowieso klein kriegen würden. Also nehmen wir an und haben mal eine Zeit lang Ruhe. Wollen wir mal sehen, wie die diese Ihre Zusagen durchsetzen werden. Aus der Vereinbarung aussteigen können wir immer noch. Wir gingen also wieder hinein in das Ratsgebäude und in den Beratungsraum, da saßen sie alle noch und hatten ca. 20 Minuten auf das Ergebnis unserer internen Beratung gewartet. „Herr Steinbach, wir haben wohl keine andere Wahl, als Ihr Angebot anzunehmen.“ „Das erste Semester hat zwar schon vor einer Woche begonnen, aber Sie kommen dort noch hinein“, sagte Herr Steinbach. Betretenes Schweigen bei den Halberstädter Mitarbeitern vom Dezernat Inneres.

Vom nächsten Tag an hatten wir wieder viele Freunde. Wir wundern uns heute noch, wie die dass gemacht haben. Viele von unseren neuen Freunden hatten wahrscheinlich einen Parteiauftrag, sich um uns zu kümmern. Das, was dann die nächsten 5 Jahre auf mich zu kam, war erheblich schwerer als das Gesellschaftswissenschaftliche Studium unter privilegierten Bedingungen in Berlin. Beim Studium des Dialektischen Materialismus oder der Gesetzmäßigkeit der Negation der Negation und so weiter, muss man nicht unbedingt sehr gut rechnen können. Als die erste Mathematikklausur daneben ging, merkte ich, dass ich betreffs des Studiums keinen



                                                                 (XXXXX hier weiter)

Sonderstatus hatte. Das sollte wohl auch so sein, denn es gab in der DDR kaum etwas, was nicht geplant war, außer dem wirtschaftlichen Niedergang. Die Verantwortlichen konnten einiges im Sicherheits- und Militärbereich, aber von der Wirtschaft, von wirtschaftlicher Betriebsführung und wirklicher Rationalisierung im Produktionsablauf hatten sie kaum eine Ahnung mit wenigen Ausnahmen. Hinzu kam die Korruption, die hauptsächlich über das DDR Neuererwesen abgewickelt wurde, Neuerervorschläge und Neuerervereinbarungen Nach DDR- Neuererverordnung, NVO § 13, 1 und § 13,2 wurden so konzipiert, dass sehr häufig die Personen, über Jahre, überwiegend immer wieder die gleichen Leute, Vergütungen von mehreren Tausend Ost-Mark erhielten. Bei der Verteilung dieser Neuerersummen kam Staatstreue an erster Stelle, danach Leute von denen man etwas wollte, zum Beispiel Material oder sonstige Hilfen. Erst nach all diesen Gedanken, die teilweise bis in den Bereich der verdeckten Bestechungen gingen, kamen wirkliche Neuerungen und Erfindungen. Der Anteil der wirklichen Neuheiten betrug keine 10% des Betriebsetats für das Neuererwesen. Das konnte nicht gut gehen.



                         	    12 Kommilitonenbespitzelung		


Das nun folgende Hochbaustudium war sehr schwer, Aber ich wollte den Erfolg. Als sich abzeichnete, dass etwa die Hälfte der Studenten die hohen Anforderungen in den Naturwissenschaftlichen Fächern, Mathematik und Statik bereits nach dem ersten Studienjahr nicht erfüllen können und die Exmatrikulation etwa der Hälfte der Studenten bevor stand, griff ich nach jedem Strohhalm, um weiter zu kommen. Ein Mathematiklehrer an der EOS (erweiterte Oberschule) namens Haupt, der kürzlich in Rente gegangen war, übte mit mir höhere Mathematik und verdiente sich dadurch etwas hinzu. So lange ging ich zum Lehrer Haupt, bis ich im Studienfach Mathe die Note 2 erreicht hatte. In Statik konnte er mir aber nicht mehr helfen. Da musste ich alleine durch. Aber mit der guten Mathe-Grundlage ging das ganz gut. Nun wurde uns empfohlen zu Hause in Gruppen die gestellten Aufgaben zu trainieren. In Halberstadt schälte sich eine Gruppe von drei Studenten heraus, die regelmäßig gemeinsam ihre Klausuren und Testate vorbereiteten. Nachdem einer von uns dreien wegen mangelnder Leistung geext wurde, waren wir nur noch eine Zweiergruppe.

Wir freundeten uns auch pivat an und besuchten uns mit unseren Ehefrauen. Manche schöne Feier im ptivaten Bereich ist mir in Erinnerung. Es kam auch zu vertrauten Gesprächen unter uns beiden, Freunden. Auch über die Vorgeschichte die bei mir zur Aufnahme des Studiums geführt hatte. Besonders dieses und meine Herkunft aus Koblenz und die ganzen Umstände der Übersiedlung interessierten ihn brennend. Ich dachte mir nichts dabei und lies meine frühere Vorsicht außer Acht.

So ging das weiter bis das Studium beendet war und wir in unseren Betrieben als Ingenieure arbeiteten. Mein Mitstudent im Betonwerk in Halberstadt und ich im Magdeburger Wohnungsbaukombinat. Was ich erst nach der Deutschen Einheit bei der Durchsicht meiner Stasiakte erfuhr. Mein Freund war IM der Staatssicherheit und machte viele schriftlichen Berichte über mich und wurde durch seine Seilschaft Kreisbaudirektor im Rat des Kreises Halberstadt, bis ich seine schriftl. Berichte aus meiner Stasiakte dem Innenminister übergab. Dieser eine Fall wurde gerecht gelöst aber wie viele sind bis heute durchgeschlüpft?


Nun hatte ich die 5 Studienjahre geschafft und einen ordentlichen Abschluss. Im Wohnungsbaukombinat, baute ich nun Wohnungen, Plattenbauten am Fließband. Mit wenig Aufwand viele Wohnungen zu bauen, war unser Auftrag. Wir konnten nicht so schnell bauen, wie die Altstädte zerfielen, weil sie nicht instand gehalten wurden. Manche Straßenzüge, außerhalb der Ortskerne, sahen aus wie Trümmerlandschaften. Die eigentlich schöne Altbausubstanz zerfiel. In diesen ersten Tagen meiner Bauingenieurtätigkeit wollte mich ein Ingenieurkollege für die DDR-CDU werben. Ich wies ihn so barsch ab, dass mich später niemand mehr auf eine Mitgliedschaft ansprach.



13 DDR Kirche stützt Umbruch


Was bisher nicht ausführlich erwähnt wurde, in dieser ganzen Zeit, seit meiner Kindheit, war ich ausgenommen eine kurze Zeit, in der ich aus der Kirche ausgetreten war, mal mehr oder weniger ein aktiv praktizierender katholischer Christ. Die Kindheit als Messdiener, noch nach lateinischem Ritus und als Pfadfinder in der DPSG, sowie meine religiöse Erziehung, haben sich so entscheidend eingeprägt, dass ich immer wieder bei und in der Kirche Halt finden konnte, wenn ich dachte, dass es nicht mehr weiter geht. So auch jetzt. Die materielle Sicherheit der Familie war nun erreicht, wir waren im Betrieb und privat wieder angesehen. Die Tochter Anja ging in die Erweiterte Oberschule und bereitete sich auf ihr Abitur vor, die Tochter Katja lernte fleißig in der Pädagogischen Oberschule (POS). Trotz dem, glücklich waren wir in diesem Staat nicht. Meine Frau war zwar in der DDR geboren und kannte die Bundesrepublik nur aus dem Fernsehen und durch Erzählen. Sie war das ganze drum herum des sozialistischen Alltags gewöhnt. Vom Schlange stehen, wenn es mal Bananen gab. Die grünen und zähen Kuba-Orangen und der Trauringkauf mit, bei der Westverwandtschaft erbettelten, West DM im Intershop, mit Altgoldabgabe. Manchmal hatte ich den Eindruck, das meine Frau das alles als normal betrachtete. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass im Westen auch besonders begehrte Waren im Überfluss zum Kauf zur Verfügung stehen.


Damit hätte ich mich ja noch abgefunden. Aber ich sehnte mich danach, einmal meine Heimatstadt Koblenz wieder zu sehen. Den Rhein, die Mosel, die Lahn, das Deutsche Eck, die Festung Ehrenbreitstein, die Rheinpfalz und die Burgen in den Rhein -und Moseltälern Eben alles dort, was für mich Heimat war. Es waren mittlerweile 17 Jahre, in denen ich trotz Anträgen nicht nach Koblenz reisen durfte.

Nun starb auch noch mein Vater in Koblenz. Meine Geschwister schickten schnell die notwendigen Unterlagen für meine Teilnahme an der Beerdigung. und ich dachte, ich könne nun zur Beerdigung kurzzeitig ausreisen schließlich waren die Reisebedingungen zwischen der Bundesregierung und der Regierung der DDR genau Vereinbart. Der Tod eines Angehörigen ersten Grades war auch ein erstrangiger Genehmigungsgrund. Ich war mir sicher, dass die DDR- Behörden mir ein Visum, zum Beerdigungstermin ausstellen würden. Daraus wurde aber nichts. So viel zum Rechtsstaat DDR. ( Ich danke dem Internetdienst „Der Honigmann sagt“, für seine Aufklärung zum Rechtsstaat DDR), Wieder einmal machte ich die Erfahrung mit der absoluten Willkür des DDR Staates. Der Antrag wurde ohne Begründung abgelehnt. Ich war nun mit meiner Trauer allein und heulte wie ein Schlosshund nachts in mein Kissen. . Hinaus schreien mochte ich den Wunsch nach Freiheit. Dafür fuhr ich extra in den Wald und brüllte das Wort Freiheit in den Wind. Aber ich musste sicher sein, dass es niemand hören konnte. Das Wort Freiheit, dass wir manchmal so lässig benutzen, wurde mir in seinem ganzen Umfang und Inhalt bewusst wie nie zuvor.

Bei den Patres und Brüdern des Ordens der Franziskaner OFM im Kloster in Halberstadt, konnte ich etwas von meinem Innenleben preis geben, ohne nach außen schwach zu wirken. Immer mehr kristallisierte sich der Pfarrer Pater Konrad Kretschmer, zu meiner Führungsperson heraus. Auch er musste vorsichtig sein. Mit seiner Gutheit und seiner milden Ausstrahlung, konnte er weiter gehen als zum Beispiel ich. Nach vorsichtigem Abtasten und der Beichte meiner bisherigen Lebensgeschichte, nahm mich Pater Konrad unter seine persönliche Obhut. Er sagte mir bereits 1986, dass das mit der DDR nicht mehr lange gut gehen kann. Immer mehr rumorte das in den Kirchen, wo sich die Menschen begrenzt sicher fühlen konnten. Hauptsächlich in den evangelischen Kirchen aber auch in den katholischen Kirchen wurden abwechselnd Veranstaltungen der Initiative Schwerter zu Pflugscharen mit Plakataktionen durchgeführt. Das waren fast immer Veranstaltungen mit einem Gottesdienstteil und einem Teil der kritischen Auseinandersetzung mit dem Staat. Für die Stasi und die führende Partei, die SED, waren diese Veranstaltungen nur schwer greifbar. Oder sie mussten sich offen mit den Kirchen anlegen, dafür war es bereits zu spät. .




14 Staatsführung zieht letzte Register



Zu dieser Zeit wiegten sich die DDR Oberen, besoffen von ihrer Macht, noch in Sicherheit. Sie glaubten nicht im Entferntesten daran, dass es für ihren Sozialismus und für sie persönlich einmal existenzbedrohend werden würde. Mittlerweile wurden die ersten Versammlungen in den evangelischen Kirchen durchgeführt. Jeder der wollte, durfte auch sprechen. Wenn ich heute daran zurückdenke, muss ich schmunzeln. Da konnte man den verzweifelten Versuch des DDR-Staates sehen und hören, diese Bewegung unter ihre Kontrolle zu bringen. Da traten unter anderem Vertreter von Staatsorganen auf und auch Vertreter der DDR-CDU und anderen Blockparteien. Alle erzählten uns, dass sie Großes vor hätten und nur im sozialen Staat DDR, der auch etwas reformbedürftig sei, könne man dies verwirklichen. Es waren aber zu viele Menschen da, die durch ihre realen DDR-Erlebnisse von diesem DDR-Schöngerede nichts hören wollten, auch nicht von Vertretern der CDU. Immer öfter wurden diese Redner ausgebuht, was dazu führte, dass diese sich mehr und mehr aus den Redneranmeldungen zurückgezogen hatten. Diese treuen Staatsdiener aus Partei und Block, versteckten sich in der Masse der Demonstranten und fanden dort immer weniger Resonanz.


     			15  Die Montagsdemos


Es gab die großen Montags-Demos in fast allen größeren DDR Städten. Die Rufe „Wir sind das Volk“ wurden immer lauter und donnerten durch das Häusermeer, dass es durch Mark und Bein ging. Mit in vorderster Reihe gingen mit Segen von Pater Konrad Kretschmer die Franziskanerbrüder Valentin und Otmar in vollem Ornat mit einer Kerze in der Hand. Auch das gab unter anderem den Mitmarschierenden Sicherheit und verunsicherte die auf der Lauer liegenden Sicherheitskräfte des Staates. Sollte man auf diese Menschen zum Beispiel schießen. Die Intelligenteren unter denen dachten auch wohl an die Konsequenzen für sie selbst, wenn das schief gehen sollte.

Scheinbar nun erst merkten die DDR Oberen, dass es ihnen ans Leder gehen könnte. Die verzweifelten Versuche des Ersatzes von Honecker durch Krenz und durch Modrow in der Volkskammer brachten nicht mehr den gewünschten Erfolg. Die Eigendynamik der Bewegung, sehr gut unterstützt von den westlichen Massenmedien, war nicht mehr zu bremsen. Während dieser Zeit bekamen die konsequentesten Regimegegner das Heft, beziehungsweise die Rednerpulte in die Hand. Hier war ich mit dabei. Ich scheute nicht davor zurück, hauptsächlich die üble Rolle der Staatssicherheit anzuprangern. Dabei griff ich auch die staatstragende Rolle der Blockparteien, hauptsächlich die der CDU an. Das brachte mir besonders viel Beifall ein. Hier und so startete meine Karriere.


16 Das Neue Forum

Da ich in all den vergangenen Jahren mit Unterstützung meiner Frau meine Widerstandskraft und meinen Durchhaltewillen trainieren konnte, kam der Gründungsaufruf des Neuen Forums "Aufbruch 89" für mich zur richtigen Zeit. Es sammelten sich die Vorläuferkreise und Gruppen: die innerhalb der evangelichen Kirche, die der Wirtschafts und Systemkritiker, die schon lange versuchten ihre Kritik öffentlich zu machen und Kreise innerhalb der katholischen Kirche. Die erst genannten Gruppen waren erheblich von der Stasi unterwandert und ausgespäht. In der katholischen Kirche wurde es der Stasi sehr erschwert, in die letzten Winkel des Widerstandes hinein zu sehen. Auch heute erfährt man nur zögerlich von dem Widerstand in dieser Kirche und ihrem stillen aber wirksamen Kampf gegen das DDR- System. Hinzu kam noch eine wichtige Widerstandsgruppe, die der Ausreiseantragsteller, denen man das Menschenrecht auf Freizügigkeit und berufliche Entwicklung verwehrte und die in der DDR weitgehend ausgegrenzt wurden. Diese Gruppe der auch ich mich zugehörig fühlte wollte aus der DDR heraus, während andere Kritikergruppen des DDR-Systems da bleiben wollten und die auch dachten es könne noch eine Reparatur dieses Systems geben. Diese Gruppen alle zusammen zu führen und ihre gemeinsame Kraft zu bündeln war eine sehr schwere Aufgabe. Die Stasi tat ihrerseits alles ihr mögliche, um diese Bewegung zu spalten und zu unterminieren. Nachdem es schon vor Gründung des Neuen Forums Montagsdemos gegeben hette, wurde jetzt der Funken entzündet, der zur wirklichen Veränderung führte. Wir hatten großes Glück, dass zu dieser Zeit Georg Busch, Helmut Kohl und M.. Gorbatschow, die flankierenden Regierungschefs waren. Die unblutige Revolution ist nicht nur das Verdienst der Widerstandsgruppen und ihrer Organisationen in der DDR, sondern auch ein Verdienst der offenen und geheimen Diplomatie der großen, betroffenen Mächte. Ohne eine dieser beiden Gruppen wäre zu diesem Zeitpunkt die Deutsche Einheit noch nicht zu Stande gekommen

In diesem Neuen Forum fühlte ich mich am Anfang recht gut aufgehoben. Bot sich hier doch endlich die Möglichkeit aus dem kirchlichen Widerstandskreis heraus zu treten und den Massen mit zu teilen was ich von den uns beherrschenden, in Kreis, Bezirk und Republik hielt. Ich lernte gleich gesinnte Freunde kennen. Haupsächlich in Magdeburg und Halberstadt konnte ich meine Aktivität entfalten. Ein Herr Tschieche aus Magdeburg hat durch seine ehrliche Konsequenz im Wunsch nach Ablösung des DDR-Systems bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Das höchste Organ des neuen Forums tagte und ich als ein Vertreter der Region mit dabei. Es gab eine wilde Diskussion darüber, ob man die DDR reformieren könne und wolle, oder ob man die Einheit Deutschlands fordern solle. Es war abzusehen, dass hier die Meinungen faßt unversöhnlich aufeinander prallen würden. Das DDR-System ist am Ende und unreparabel. Jeder Tag des Hinauszögerns des Zusammenbruches ist vertane Zeit, meinten die einen. Lasst uns unser Land erhalten und reformieren meinten die anderen, die in der DDR ihre Nische gefunden hatten, die sich aber ebenfalls nach tiefgehenden Veränderungen sehnten. Sie lehnten es zu dieser Zeit aber ab so weit zu gehen wie die erste Gruppe. Leider hat sich Jens Reich bisher noch nicht grundlegend an die Analyse der Fehler heran getraut, die in dieser Fase des Forums gemacht worden sind, Man muss sich nur an die Fakten halten. Es war auch zu dieser Zeit ein Nord Süd Gefälle deutlich sichtbar. Die Einheits-forderer kamen überwiegend aus dem Süden der DDR und die DDR Reformer kamen überwiegend aus dem Norden. Die Diskussion war so unversöhnlich, dass es zum Auseinanderfallen des Neuen Forums kam. Sehr viele Delegierte aus Sachsen und so auch ich, verließen dieses Gremium und traten an Ort und Stelle aus dem "Neuen Forum" aus. Zurück in Halberstadt besprach ich das erst einmal mit Franziskanerpater Konrad Kretschmer. Jetzt planten wir die weiteren Schritte.


             		             17  Anbiederung


Nachdem Pater Konrad Verständnis für meinen Wunsch geäußert hatte, möglichst nicht mit der DDR-Block-CDU zusammenzuarbeiten, die jetzt immer mehr versuchte, das Heft in der DDR in die Hand zu bekommen. Die CDU-Mitglieder, welche vor kurzem noch die DDR-Errungenschaften lobten, biederten sich nun bei Reisen in den Westen, bei ihren neuen Parteifreunden an. Wie wir heute wissen, ging diese Rechnung ja auch auf.

So blieb mir nur eine neue Partei, in denen sich die Menschen sammeln konnten, die unbelastet, konsequent und endgültig mit der DDR Vergangenheit abgeschlossen hatten. In den zu gründenden Parteien vermuteten wir auch die wenigsten informellen Mitarbeiter des DDR Staatssicherheitsdienstes.

Franziskanerpater Konrad stellte über das katholische bischöfliche Amt in Magdeburg erste Kontakte nach München zur CSU her. Nach gemeinsamen Sitzungen in München gründete ich mit einigen Gleichgesinnten und der personellen und finanziellen Unterstützung durch die CSU den Landesverband der DSU in Sachsen-Anhalt und wurde als deren Vorsitzender gewählt. Als Mitglied im Präsidium dieser neuen Partei bereiteten wir die ersten freien Volkskammerwahlen mit vor.

In Berlin hatte sich mittlerweile die DDR-CDU an die Spitze dieser Bewegung gestellt und mit Hilfe von Bundeskanzler Kohl und dessen Vision von den blühenden Landschaften im Osten eine breite Zustimmung erreicht. Es brannte mir im Herzen, dass diese Leute jetzt das Heft in die Hand nahmen. Zu DDR-Zeiten hatte die CDU unter anderem die Aufgabe, der Arm des DDR Staates in den Kirchen zu sein.

Während meines gesellschaftswissenschaftlichen Studiums in Berlin im Fachbereich Staatsorganisation hatten wir von unserem Professor gehört, welch wichtiges Instrument des sozialistischen Staates die Blockparteien sind. Die in den Bereichen wirken, welche die SED nur schwer erreichen kann. Er sagte: „Die sind so staatstreu, dass wir mit denen oft weniger Schwierigkeiten haben, als mit den Genossen unserer Partei, der SED, die mit dem Glauben, die Avantgarde der Arbeiterbewegung zu sein, denkt, alles diskutieren zu müssen und zu können, was wir an Beschlüssen und Vorhaben auf den Weg bringen. Mit der CDU haben wir da weit weniger Schwierigkeiten.“


18 Die Volkskammer


In Vorbereitung der ersten freien Volkskammerwahlen fand erst einmal ein Klärungsprozess vor allem innerhalb der neuen Parteien statt. Es gab mehrere Sitzungen in unserer Partei der DSU. Die wichtigsten in Magdeburg. Hier hatte ich es plötzlich mit neuen DSU Mitgliedern zu tun, die unbedingt und mit aller Macht die Spitzenkandidatur für unsere neue Partei anstrebten. Die Vorgehensweise einiger dieser Parteifreunde erinnerten mich an mein Verhör im VPKA Halberstadt. Es ist vor allem den Beratern aus Bayern, zu verdanken, die bei diesen Gesprächen anwesend waren und die ebenfalls so misstrauisch und vorsichtig waren wie ich, dass diese Leute ihr Ziel in die Volkskammer zu kommen nicht erreicht haben. Später tauchten diese Parteifreunde wieder ab, so schnell wie sie gekommen waren. Bereits hier konnte man davon ausgehen, dass in der frei gewählten Volkskammer auch solche Mandatsträger anzutreffen seien. Die Volkskammerwahl fand nun am 18. März 1990 statt mit mir als Sachsen-Anhaltischem Spitzenkandidat der DSU. Mit einem Parteifreund aus Halle wurden wir von den Wählern mit einem Mandat nach Berlin entsandt. In Berlin setzten wir uns als Fraktion erst einmal zusammen. Wir mussten uns erst einmal kennen lernen. Als Koalition der Allianz für Deutschland, welche die Volkskammermehrheit hatte, hatten wir das Recht fachlich geeignete Personen für die Regierung zu stellen. Ohne die CDU, die größte Fraktion und ohne Lothar De Maiziere ging nichts. Ich bewarb mich auf Grund meiner Ausbildung und meines Mandats für den Posten des DDR-Bauministers. Es gab einiges Gerangel und L. Demaiziere setzte den Herrn Viehweger, der kein Volkskammermandat hatte, als Bauminister ein. In der Ausbildung hatte er mir nichts voraus. Aber wie unser aller Stasiüberprüfung ergab, die wir doch mit Mehrheit beschlossen hatten, war ich als unbelasteter Bewerber ihm gegenüber im Nachteil. Da ich unruhig wurde und da ich das auch in der Fraktion kund tat, sollte ich mit der Berufung als parlamentarischer Staatssekretär in das Verkehrsministerium ruhig gestellt werden. In unserer Fraktion gab es dann zwei Minister und 3 Staatssekretäre. Ich wundere mich heute noch wie unkompliziert die Berufung unserer Minister: Diestel und Ebeling über die Bühne zu gehen schien. Bald darauf verließen beide unsere Fraktion und ich war als Parlamentarischer Staatssekretär für einige Zeit das einzige Bindeglied der DSU im Kabinett De Maiziere. Es war ein schmerzhafter Kompromiss zu dem uns unsere Freunde aus München und auch mich persönlich drängten in einer Allianz für Deutschland mit der DDR-CDU zusammen eine so große Volkskammermehrheit zu schaffen, die garantierte, dass alle Gesetze, Verordnungen und Anpassungen an bundesdeutsches Recht, so schnell als möglich durch die Volkskammer beschlossen wurden, damit der Einigungsvertrag schon vorbereitet werden konnte. Davon hatte ich auf meinem Gebiet, dem Verkehrswesen, einiges zu erledigen. Zuerst lernte ich den Riesenapparat des Verkehrsministeriums in der Französischen Straße in Berlin zu handhaben und sein Fachpotential zu nutzen. Einigen älteren Mitarbeitern dort fiel es schwer, gegen ihre Überzeugung bei der Anpassung an die bundesdeutschen Bestimmungen und Regelungen mitzuhelfen. Irgendwie kann ich das auch verstehen. In der Staatsregierung der DDR tätig zu sein war ein Privileg, das nur besonders parteitreuen SED und Block Mitarbeitern vorbehalten war. Und nun kommen wir frei vom DDR Volk gewählten Abgeordnete und einige frei gewählte Minister daher und setzen uns an die Spitze ihrer Ministerien. Das war schwere Kost. Aber es ging doch. Obwohl sie immer wieder auf Tempo eingestellt werden mussten. Wer zögerte oder die kurzfristige Anpassung sehr vieler Gesetze und Verordnungen hintertrieb musste zurückgesetzt werden. Einmal in der Woche war Arbeitsberatung mit den Leitern der Reichsbahn, der Interflug und der Seeschifffahrt in meinem Beratungszimmer. Schließlich war ich deren oberstes Leitungsorgan, abgesehen vom Minister, der repräsentierte. Ganz deutlich konnte ich hier die Abneigung gegenüber der neuen DDR Führung spüren. Ausnahmslos alle dort Beteiligte waren jedoch so intelligent und diplomatisch geschult, dass es keinen Grund zur Klage gab. Alle machten mit, sicher mit der Faust in der Tasche. So schafften wir es in kurzer Zeit, wie Prof. Dr. Norbert Lammert bei einer späteren Würdigung der letzten Volkskammer sagte: „Über Nacht kam auf uns eine der Hauptrollen auf der Bühne der Weltpolitik zu. Die allermeisten traten über Nacht in eine Aufgabe ein, von der sie nur begrenzte Vorstellungen hatten.“ Das gilt auch für mich. Wenn es auch weniger Rhetorik-Talente in der freien Volkskammer gab, so machten wir doch vieles richtig und mit Tempo. Diskussionen, wie wir sie heute aus der Tagespolitik kennen taktische Verschleppungen von Entscheidungen hatten in der 10. Volkskammer keinen Platz. Noch einmal möchte ich Dr. Norbert Lammert zitieren: „Die 10. Volkskammer ist nicht nur eines der fleißigsten, sondern auch eines der wirkungsmächtigen Parlamente der deutschen Demokratie und Parlamentarismusgeschichte gewesen.“ (Rede am 18. 03. 2010, Bundestag) Als die Volkskammertätigkeit am Tag der Einheit beendet war und wir uns damit selbst überflüssig gemacht hatten, wurde ich vom damaligen Bundesverkehrsminister Zimmermann mit salbigen Worten und einem Nelkenstrauß entlassen und habe ihn nie wieder gesehen und nichts mehr von ihm gehört. Ich war jetzt also arbeitslos. Kein Dank, keine Frage wie es denn weitergehen kann. Nun sagte ich das zwei Freunden aus der Volkskammer, die schon länger in Sachsen-Anhalt hohe Ämter bekleideten. Gerd Gies und Herrn Braun, dem späteren Innenminister in Sachsen-Anhalt. Beide fanden diese Entlassung ohne Perspektive in Berlin nicht gut und ich bekam eine Stelle im Innenministerium im Fachbereich Bauaufsicht in der Sacharbeit Prüfingenieure für Standsicherheit.


                                19  Nach dem Tag der Einheit

Zu dieser Zeit warf ich all meine Blockparteibedenken über Bord und wollte in die CDU eintreten. Der damalige CDU-Kreisvorsitzende in Halberstadt (noch 1990) sagte mir, er würde dafür sorgen, dass ich nie in die CDU aufgenommen würde, da ich zu DDR-Zeiten die Mitgliedschaft in der Block-CDU bereits einmal abgelehnt hätte. Da der Einfluss dieses Kreisvorsitzenden nicht bis nach Berlin reichte, wurde ich dort nach Fürsprache meines ehemaligen Chefs Minister Gibtner in die CDU aufgenommen und dann später dem CDU-Kreisverband Wernigerode (Nachbarkreis von Halberstadt) als Mitglied überstellt. Ein eisiges Klima empfing mich dort. Das war noch nicht die politische Umgebung, die ich mir so vorstellte. Weitgehende Isolierung, auch unter einigen christlichen Altmitgliedern, die ihren Parteieinfluss ungeschmälert mit in die neue CDU hinüberretten konnten und teilweise große Parteikarrieren machten. Nachdem ich mich in meiner kleinen Gemeinde und im Harz kommunalpolitisch einbringen wollte, wurde ich von so genannten "CDU Parteifreunden" ausgebremst. Mein Fehler war, dass ich danach aus der CDU ausgetreten bin. Das bereute ich bald darauf. Kann man doch Veränderungen eher von innen als von außen bewirken. Also stellte ich 2007 erneut den Antrag im Harzkreis in die CDU aufgenommen zu werden bzw. meine Mitgliedschaft wieder aufleben zu lassen. Nach der kürzlichen Ablehnung meines Antrages durch den Kreisvorstand stelle ich fest, die Reihen der CDU in Halberstadt, Harzkreis sind weiterhin fest geschlossen. Nach meiner Bitte an die CDU in ihrem Internetportal, mir bei der CDU-Aufnahme behilflich zu sein, bekam ich durch den jetzigen CDU-Kreisvorsitzenden im Harzkreis, Herrn Thomas, eine Einladung zur Anhörung in einer Kreisvorstandssitzung in Wernigerode bei Halberstadt. Dort sollte ich meine Gründe für mein Wiederaufnahmebegehren darlegen. Nach einer Redezeit von knapp 10 Minuten wurde ich ohne Nachfrage wieder weggeschickt. Nach meiner Meinung stand das Ergebnis bereits vorher fest. Es musste aber noch die Anhörung abgehakt werden.

Ich muss zugeben: In der DDR Antikommunist gewesen zu sein, Ausreiseanträge gestellt zu haben, die CDU Mitgliedschaft zu DDR-Zeiten abgelehnt zu haben, im „Neuen Forum“ mit bei den Mahnwachen vor der Staatssicherheit gestanden zu haben, während noch viele andere sich erstmal abwartend geduckt verhielten, in der Volkskammer für die, mit Bayerischer Unterstützung gegründete DSU gewesen zu sein, das alles sind in Halberstadt nach meiner Meinung scheinbar die denkbar schlechtesten Voraussetzungen, um in die CDU im Harzkreis bwz. Sachsen-Anhalt aufgenommen zu werden.

20 Es ist erreicht

Sei es wie es sei, dass DDR-System ist Geschichte und dabei habe ich mit einem entscheidenden Anteil erst in der Systemopposition und dann in Berlin in hoher Verantwortung beigetragen. Schmerzlich war mein Weg mitunter bis zu diesem Ziel. Die Lehre aus meinem Werdegang ist, man sollte nicht nur aus Erfahrung lernen.

Die Freiheit, grundsätzlich alles zu tun oder zu lassen, was man will, wobei die materiellen Möglichkeiten und verantwortungsvolles, selbstbestimmtes Handeln die natürlichen Grenzen sind. Aus eigenem Willen Entscheidungen zu fällen und in Demokratie eine echte Wahl seiner politischen Führung zu haben. Wie das im Grundgesetz vorgesehen ist und wie es durch den Schutz eines Staates in Demokratie gewährleistet werden soll, ist die denkbar bessere Lebensalternative. Das ist das Gegenteil der DDR Definition der Freiheit, als "Einsicht in die Notwendigkeit" mit welcher unter anderem der ganze Unterdrückungsapparat der DDR-Diktatur gerechtfertigt wurde.


Manfred Dott


Werd' noch einmal mit den Admins und anderen Benutzern Rücksprache nehmen, wie deine detailliertere Biografie am besten veröffentlicht werden kann.--Gerhard kemme 18:42, 4. Nov. 2010 (CET)

M. Dott an G. kemme, Danke. Schreibe mit Works, ohne vernünftiges Rechtschreibprogramm. Beim lesen, ohne zu formulieren, fällt mir auf, dass dringend ein Rechtschreib abgleich erforderlich ist. Bis dann