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| Unter '''Masturbation''' (auch "Onanie" oder "Selbstbefriedigung", vulgär: "Wichsen" bzw. "Wixen") versteht man einen Sexualakt an sich selbst, meist beim Mann. Die Stimulation der eigenen Geschlechtsorgane ist zentral bei diesem Handeln. Viele Kulturen lehnen diese Praktik als entweder sündig oder gesundheitsschädlich ab, im Westen wird sie derzeit als weitgehend unproblematisch gesehen. Diese Sichtweise ist allerdings relativ neu und wissenschaftlich nicht endgültig belegt.<ref>[http://www.higherperspectives.com/masturbation-1495327273.html?c=ss Artikel über neuere Aspekte]</ref>
| | #REDIRECT[[Onanie]] |
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| == Normale Sexualfunktion ==
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| Der männliche Organismus besitzt in Form von nächtlichen Samenabgängen im Schlaf (''Pollutionen'', im Volksmund auch "feuchte Träume") einen natürlichen Mechanismus zur "Reinigung" von Prostata, Hoden und Samenblase in Phasen sexueller Abstinenz. Übt ein männliches Individuum manuelle Selbstbefriedigung aus, wird dieser Mechanismus gestört und kann gänzlich versagen.<ref>Braun: The main cause of his insanity, ... self-pollution. Attributions to illness and the treatment of insanity in the Siegburg Asylum (1825-1878). Wurzbg Medizinhist Mitt. 2006</ref>
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| == Masturbation und ihre Bewertung ==
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| [[Datei:Keuschheitsgürtel_modern.jpeg|thumb|Individuell angepasste Keuschheitunterhose aus Fiberglas für den festen Dauerverschluss. Der Patient führt damit ein völlig normales Leben.]]
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| In "modernen" Kulturen wird Selbstbefriedigung, wenn sie freiwillig, ohne Zwang und alleine ausgeführt wird, seit ca. dreißig Jahren allgemein als normal bewertet, sofern sie maßvoll und die Ausnahme bleibt. Gesundes Ziel ist stets die verantwortliche körperliche Vereinigung mit einem adäquaten Gegenüber und nicht die Manipulation der eigenen Geschlechtsteile nach Belieben.<ref>Harper, Hodgins: Examining Correlates of Problematic Internet Pornography Use Among University Students. J Behav Addict. 2016</ref> Trotz ihrer relativen Akzeptanz als "normal" ist diese Handlung nach wie vor aus natürlichen Gründen schambehaftet und viele Männer, vor allem im jungen Erwachsenenalter, fragen sich, ob Selbstbefriedigung (bzw. "Onanie" oder "Masturbation") ungesund oder schädlich ist. Früher, und heute in traditionellen Kulturen, wird Selbstbefriedigung in der Tat als krankhaft, schädigend oder sittlich bedenklich eingestuft, insbesondere wenn sie zwanghaft oder zur Sucht wird.<ref>[http://www.vpul.upenn.edu/ohe/library/Sexhealth/articles/masturbating.htm Artikel Beitrag]</ref><ref>M. C. Quadland: ''Compulsive sexual behavior: Definition of a problem and an approach to treatment.'' In: J of Sex and Marital Therapy, 1985</ref><ref>E. Coleman: ''The obsessive–compulsive model for describing compulsive sexual behavior.'' In: ''American Journal of Preventive Psychiatry & Neurology.'' 1990</ref><ref>Daniel E. Jacome, Marlyn S. Risko: ''Absence Status Manifested by Compulsive Masturbation.'' In: ''JAMA Neurology.'' (Archives of Neurology),1983</ref> Allerdings wurde Selbstbefriedigung zu allen Zeiten, auch als sie generell als unsittlich verboten war, nur in schweren Fällen medizinisch behandelt. Leichtere Fälle wurden durch soziale Überwachung kuriert, welche aufgrund enger Wohnverhältnisse einfach war und der Masturbation somit leicht Einhalt gebot. Zur Epidemie wurde Onanie erst durch den Zuwachs an Privatsphäre und zunehmender Freizeit.
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| == Selbstbefriedigung und Gesundheit ==
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| Vereinzelte Studien an männlichen Patienten haben Hinweise beschrieben, die besagen, dass regelmäßige Ejakulationen Prostatabeschwerden vorbeugen können. Der Akt der Selbstbefriedigung selbst ist dabei jedoch unnötig, es geht einzig um den Auslass von Prostataflüssigkeit.<ref>G. G. Giles u. a.: ''Sexual Factors and Prostate Cancer.'' In: 'BJU Int.'' Band 92, Nr. 3</ref><ref>M. D. Leitzmann: ''Ejaculation Frequency and Subsequent Risk of Prostate Cancer.'' In: J of the American Medical Association.' (JAMA) Band 291, Nr. 13, 2004</ref> Dieser Zusammenhang wird in anderen Studien jedoch nicht bestätigt.<ref>S. J. Jacobsen u. a.: ''Frequency of Sexual Activity and Prostatic Health: Fact or Fairy Tale?'' In: ''Urology.'' Band 61, Nr. 2, 2003, S. 348–353, PMID 12597946.</ref>
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| Viele Männer leiden an Nebenwirkungen der Masturbation, insbesondere nach dem Samenerguss.<ref>Marcel D. Waldinger, Marcus M. H. M. Meinardi, Aeilko H. Zwinderman, Dave H. Schweitzer: ''Postorgasmic Illness Syndrome in 45 Dutch Caucasian Males: Clinical Characteristics and Evidence for an Immunogenic Pathogenesis (Part 1).'' In: The Journal of Sexual Medicine.' 2011</ref> Ebenso kann Selbstbefreidigung zur sozialen Isolation, Erhöhung der sexuellen Reizschwelle und seltenerem ehelichem Geschlechtsverkehr führen.<ref>[http://www.zeit.de/2008/17/Interview-Laqueur Interview in der Zeit mit einem Experten]</ref> Generell kann man feststellen, dass sowohl über die Zeit hinweg als auch in der Anzahl der Kulturen, Masturbation beim Mann als Problem gesehen wird. Die Einschätzung als Normalität scheint jeweils nur kurze Zeitepochen zu umfassen und sich auch nur auf bestimmte Lebensalter zu beziehen.<ref>Villar: Staff attitudes and reactions towards residents' masturbation in Spanish long-term care facilities. J Clin Nurs., 2016</ref> Auch psychische Konsequenzen können erheblich sein.<ref>Okada: Masturbation, excessive venery and psychoses: the history of a theory in psychiatry. Nihon Ishigaku Zasshi. 1989</ref> In seltenen Fällen kann es zu schweren Nebenwirkungen oder Verletzungen am Genitale kommen.<ref>Heiner: Fournier's Gangrene due to Masturbation in an Otherwise Healthy Male. Case Rep Emerg Med., 2012</ref>
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| == Behandlung historisch ==
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| [[Datei:Keuschheitsbandage.png|thumb|Mann mit Keuschheitsbandage um 1900]]
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| Durch eine stärkere soziale Kontrolle gegeneinander aufgrund beengter Wohnverhältnisse waren medizinische Behandlungen der Masturbation meist wohlhabenderen Gesellschaftsgruppen, vor allem im sittenstrengen viktorianischen England, vorbehalten. Zu den sehr alten, chirurgischen Maßnahmen gehört traditionell die Infibulation, also das Verschließen der Vorhaut mittels medizinischer Einbringung eines Metallringes oder ähnliche kleine chirurgische Maßnahmen. Anders als bei Frauen, ist dieser Eingriff bei Mann mit erhaltener Vorhaut ein sehr minimaler Eingriff mit guter Schutzwirkung. Ende des 19. Jahrhunderts kamen abschließbare orthopädischer Bandagen ("Keuschheitsgürtel", verschließbare "Keuschheitsschutzhosen") als langfristige Lösungen hinzu, von denen es zahlreiche Modelle gab. Insbesondere zum Beginn des 20. Jahrhunderts gab es diesbezüglich zahlreiche Patentanmeldungen und, vor allem in wohlhabenderen Gesellschaftsschichten, war das Tragen dieser Schutzwäsche nicht ungewöhnlicher als das Tragen eines Gipsverbandes bei einem Bruch oder dem Nutzen einer Zahnspange bei Fehlstellungen.
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| == Behandlunge heute ==
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| Während sich die Sexualmedizin vor rund einhundert Jahren noch einig war, dass Masturbation ein erhebliches medizinisches Problem darstellt,<ref>Joseph W. Howe:Excessive Venery, Masturbation and Continence. The Etiology, Pathology and Treatment of the Diseases Resulting from Venereal Excesses, Masturbation and Continence, 1889</ref><ref>Hermann Rohleder: Die Masturbation. Eine Monographie für Ärzte und Pädagogen, 1899</ref> wird dieses abnorme Verhalten heute von vielen Multiplikatoren als harmlos propagiert, obwohl es keine diese Meinung sicher stützenden Studien gibt. Gegenwärtig gibt es in Europa kein Gesetz gegen dieses Verhalten, welches auch als "geheimes Laster" bezeichnet wird. Weil Selbstbefriedigung heutzutage meist als mehr oder weniger normal gewertet wird, findet eine Behandlung - meist psychologisch - nur bei suchtartiger Selbstbefriedigung statt. Jedoch stehen auch weiterhin die traditionellen Behandlungsmethosen zur Verfügung. Zahlen zu ihrem Einsatz liegen nicht vor. Dazu gehört weiterhin die Infibulation des Mannes, ebenso wie das Tragen der modernen Nachfolger abschließbarer orthopädischer Bandagen (fest installierte "Keuschheitsschutzhosen") als langfristige Lösungen oder das Legen von Blasenkathetern als vorübergehende Intervention. Auch eine Behandlung mit triebhemmenden Medikamenten (chemische Kastration) kann in schweren Fällen zum Einsatz kommen und stellt eine moderne, aber nebenwirkungsreiche Methode dar. Auch wenn die chemische Triebhemmung dem Laien als sanfte Methode erscheint, ist im Alltag und auf Dauer das Tragen einer orthopädisch angefertigten und versiegelten Schutzunterhose das nebenwirkungsärmste und humanste Mittel zur Behandlung eines abnormen Masturbationsverhaltens, das keine psychischen Ursachen hat.<ref>Houts u.a.: Androgen deprivation treatment of sexual behavior. Adv Psychosom Med., 2011</ref>
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| == Einzelnachweise ==
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| <references />
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| [[Kategorie:Medizin]]
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| [[Kategorie:Krankheit]]
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